Experiment auf Hawaii Wie das Leben auf dem Mars funktioniert

Werden wir eines Tages auf fremden Planeten leben? Die Raumfahrt arbeitet fleißig daran. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, in gut zehn Jahren auf dem Mond zu siedeln. Und danach soll es auch bald Menschen auf dem Mars geben. An diesem Traum arbeitet auch die Geophysikerin Christiane Heinicke aus Bitterfeld. Sie hat schon in einer simulierten Mars-Basis auf Hawaii gelebt - und erklärt, worauf es dort wirklich ankommt.

Mars-Basis am Mauna Loa Hawaii 3 min
Bildrechte: University of Hawaii, Ross Lockwood

Eines Tages wird es den Menschen gelingen, auf dem Mars zu leben. Dabei wird es aber nicht allein auf das optimale Versorgungssystem, die perfekte Thermalkontrolle oder den richtigen Strahlenschutz ankommen. Ob der längerfristige Aufenthalt auf dem Mars ein Erfolg wird, hängt vom Team ab. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die Christiane Heinicke gewonnen hat. Die Geophysikerin aus Bitterfeld hat ein Jahr in einer simulierten Mars-Basis auf Hawaii gelebt: "Für den Mars: Ich muss die physischen Gegebenheiten schaffen. Aber ich muss die Menschen eben auch so auswählen, dass sie anpassungsfähig sind und Teamplayer sind. Das klingt nach diesen Stellenanzeigen 08/15. Nein, sie müssen wirklich [Teamplayer sein]. Das Team muss an erster Stelle stehen."

Sechs Menschen auf kleinem Raum

Drohnenbild der Mars-Basis auf dem Mauna Loa
Das Drohnenbild zeigt die Mars-Basis und ihr Umfeld am Mauna Loa-Vulkan auf Hawaii. Bildrechte: Hawai’i Space Exploration Analog and Simulation (HI-SEAS), Andrzej Stewart

Das Team in der simulierten Marsbasis bestand aus sechs Mitgliedern. Zusammen lebten sie in einer weißen, zweigeschossigen Kuppel mit einem Durchmesser von elf Metern. Verlassen durften sie die Basis nur im fingierten Raumanzug. Kontakt nach Außen gab es nur sporadisch, meistens per E-Mail. Darüber hinaus wurden verschiedene Experimente vorgenommen, etwa Wasser aus Lavastein zu gewinnen. Doch das war nur ein Teil des Lebens auf dem simulierten Mars, erklärt Heinicke: "Viele unsere Arbeiten waren ganz einfach Haushaltsarbeiten. Wirklich wie in der WG: Geschirr abwaschen, Putzen, Leuten hinterherräumen oder sagen: Ey, räum mal deinen Kram weg. Ich meine, es ist zwar eine Arbeitsumgebung, aber es ist eben gleichzeitig das Zuhause und das muss man eben kombinieren."

Herausforderung zwischenmenschliches Zusammenspiel

Ja, auch das Leben auf dem Mars ist nicht nur abenteuerlich. Oder eben: Anders, als man allgemein erwarten würde. Denn das zwischenmenschliche Zusammenspiel sei die größte Herausforderung des ganzen Experiments gewesen, sagt die Geophysikerin: "Dieses gegenseitige Geben und Nehmen, dieses gegenseitige Rücksicht nehmen und eben immer zu wissen: Wenn ich mich nicht kümmere und nichts für die Crew tue, dann wird auch die Crew für mich nichts tun. Das würde eben dazu führen, dass das Team auseinanderfällt und sich zerstreitet, bevor das Ende der Mission erreicht ist."

Konflikte durch "Eingesperrtsein"

HI-SEAS-Missionsteilnehmer in Raumanzügen am Mauna Loa Hawaii
Zwei Wissenschaftler in "Raumanzügen" im Lavafeld des Mauna Loa. Bildrechte: University of Hawaii, Ross Lockwood

Zumal schon kleinere Konflikte durch die Isolation und das "Eingesperrtsein" viel belastender sind als normalerweise. Für Heinicke ist der Faktor Gruppe so entscheidend, dass sie sogar auf eine Reise zum Mars verzichten würde, wenn nur eine einzige Person kein richtiger Teamplayer wäre: "Stichwort Meuterei auf Schiffsreisen. Stichwort Polarexpeditionen. Nicht jeder Polarreisende, der nicht zurückgekommen ist, ist aufgrund der Umweltbedingungen verstorben. Oder auch in jüngerer Zeit so Überwinterer in der Antarktis. Da dringen auch immer wieder Geschichten an die Öffentlichkeit, wo es zu tätlichen Übergriffen gekommen ist, weil - von außen betrachtet sind das total banale Anlässe, aber wenn man in dieser Situation ist, über Monate hinweg und mit den Leuten und immer die gleichen Nadelstiche gesetzt werden - irgendwann explodiert man eben da."

Eine Situation, die niemand auf dem Mars - 50 bis 70 Millionen Kilometer entfernt von der Erde - erleben möchte. Um von da nach einem Streit auf die Erde zurückzukehren, dauert es mindestens ein halbes Jahr, aber nur wenn die Planeten günstig zueinander stehen. Sonst dauert es noch länger. Dann doch lieber: Abwaschen.

1 Kommentar

kleinerfrontkaempfer am 20.10.2020

Ganz dunkle Zukunft:
Die geschundene Erde ist ausgebeutet, zerstört und unbewohnbar. Da zieht man doch gleich in eine hochtechnisierte und vergleichsweise komfortable Kolonie in der "Nachbarschaft".

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