Estatuas Höhle Nordspanien
Historische Zeichnung der Fundstätte Galería de las Estatuas in Nordspanien. Bildrechte: Isidro Gil, 1868

Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipziger Forschende finden Neandertaler-DNA in Höhlenstaub

20. April 2021, 12:45 Uhr

Vor ein paar Jahren gab es eine Sensationsmeldung vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie: Den Wissenschaftlern war es gelungen DNA-Sequenzen von Neandertalern nicht aus ihren Knochen, sondern aus Höhlenstaub zu gewinnen. Aber die Forscher waren noch nicht ganz zufrieden, denn ein ganz entscheidendes Puzzleteil war ihnen verborgen geblieben. Jetzt haben sie es gefunden.

Nicht aus Knochen, sondern aus Dreck wollen die Forscher unsere Herkunft herauslesen. Benjamin Vernot vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI EVA) erklärt, was die Leipziger in ihrer Studie genau gemacht haben.

Es gibt so vieles von unserer Geschichte, das wir nicht erforschen können, weil wir keine Knochen von den Menschen haben, die zu der Zeit gelebt haben. Aber ja, wenn man Kinder hat, dann machen die mal auf den Boden oder wenn man sich schneidet, dann tropft das Blut auf den Boden - aber wenn man einen Erdboden hat, dann kann man das nicht einfach wegwischen.

Benjamin Vernot, MPI EVA

Die Idee war also geboren: warum nicht einfach im Höhlenboden nach DNA-Spuren suchen? Und die Forschenden wurden fündig. Allerdings konnten sie nur Fragmente der sogenannten mitochondrialen DNA ausfindig machen - also der DNA-Sequenz, die wir von unserer Mutter mitgegeben bekommen. In jeder Zelle gibt es mehrere Mitochondrien, aber eben nur einen Zellkern.

Die Mitochondrien-DNA ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus dem Erbgut. Und wenn man die Populationsgeschichte von Menschen zurückverfolgen möchte, dann muss man wirklich das gesamte Bild angucken - also die Zellkern-DNA und die Mitochondrien-DNA. Wenn es uns gelingen sollte, auch ein bisschen Zellkern-DNA zu untersuchen, dann werden sich die Verwandtschaftsverhältnisse sicherlich recht gut auflösen lassen.

Dr. Matthias Meyer, MPI EVA

Estatuas Höhle Nordspanien
Die Fundstätte Galería de las Estatuas in Nordspanien. Bildrechte: Javier Trueba - Madrid Scientific Films

Menschheitsgeschichte wird künftig besser über DNA erforscht werden

Dieser Tag ist nun gekommen. Die Forscher konnten erstmals aus dem hinterlassenen Staub und Dreck der Neandertaler das gesamte Erbgut, also auch die Zellkern-DNA, extrahieren. So wird für die Forscher jetzt auch die väterliche Seite im Erbgut sichtbar und damit auch die der Großeltern und Ur-Großeltern. Die komplette Herkunftslinie der Höhlenbewohner liegt damit offen, und das nicht nur von einem einzigen Individuum, das zu einer bestimmten Zeit an diesem bestimmten Ort gelebt hat.

Die Ablagerungen können Aufschluss über ganze Populationen geben und damit über Wanderungen, Verwandtschaftsverhältnisse und auch über die Frage, wie Homo Sapiens und Neandertaler letztlich zueinander standen. Die Wissenschaftler wollen nun auch in weiteren Höhlen Bodenproben nehmen. Das Wissensnetz über unsere Verwandten und Vorfahren wird sich dadurch sicherlich stark verändern.

Ich glaube das wird eine riesige Veränderung mit sich bringen, wie wir die Menschheitsgeschichte über uralte DNA erforschen können.

Benjamin Vernot
Profil-Porträts eines männlichen Neandertalers (Modell) und einer modernen Frau: Neandertaler mit breitem Kopf, Stirnwulst, großer Nase und hervorstehendem Mund; Frau mit zarteren Gesichtszpgen und dunkelblonde Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Neandertaler stützt Kopf auf Faust, Frau blickt leicht nach vorn-unten. 2 min
Bildrechte: IMAGO (Steffen Schellhorn/Westend61; M), Montage: MDR
2 min

MDR AKTUELL Do 28.05.2020 14:48Uhr 02:27 min

https://www.mdr.de/wissen/audio-1417164.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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