Studie Hinweise auf schnellere Hirnalterung bei Jugendlichen durch Corona Lockdowns
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10. September 2024, 06:44 Uhr
Laut einer neuen US-Studie könnten die Corona-Lockdowns die Hirnentwicklung von Jugendlichen beeinflusst haben. Unabhängige Forscher kritisieren aber: Die psychische Gesundheit der wenigen Kinder wurde nicht untersucht.
Die Lockdowns während der Corona-Pandemie waren fraglos eine extrem schwierige Zeit, vor allem für Kinder und Jugendliche. Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass die verpasste Zeit in der Schule nicht nur große Lücken in der Bildung gerissen hat. Viele Kinder haben während der Zeit der Isolation auch psychische Probleme, teilweise mit Symptomen einer Depression. Eine neue Studie von Forschern der Universität Seattle gibt nun Hinweise darauf, dass sich die Folgen des Lockdowns auch an der Hirnentwicklung der Jugendlichen ablesen lassen.
Unabhängige Wissenschaftler: Ergebnisse zwar plausibel – Beweiskraft fehlt aber
Grundlage der Analyse sind MRT-Aufnahmen von insgesamt 160 Kindern und Jugendlichen im Alter von 9 bis 17 Jahren, die die Forscher bereits im Jahr 2018 gemacht hatten. Daraus errechneten die Wissenschaftler dann ein Modell, wie sich Gehirne standardmäßig entwickeln sollten. Damit verglichen sie dann die Daten von 130 Jugendlichen drei, beziehungsweise vier Jahre später. Ergebnis: Die Hirnrinde, also der sogenannte Cortex, sei während Corona dünner geworden, als es für Zeiten ohne Lockdown zu erwarten gewesen wäre. Eine Abnahme der Hirnrinde sei zwar normal, wenn Menschen altern. Bei den von den Lockdowns betroffenen Jugendlichen sei das aber besonders schnell passiert: bei Jungen im Schnitt um 1,4 Jahre, bei Mädchen sogar um 4,5 Jahre.
Während die Studienautoren warnen, dass eine solche beschleunigte Hirnentwicklung ein Hinweis auf neuropsychologische Probleme sein könne, kritisieren unabhängige Forscher allerdings die Beweiskraft der Studie. So sei der beobachtete Effekt zwar durchaus nicht unerwartet, schreibt etwa Sofie Valk, Leiterin einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Evidenz liefere die Studie aber nicht wirklich. "Die Studie lässt viele Fragen offen und kann ihre Aussagen nicht gut belegen."
Jugendliche wurden nicht psychologisch untersucht
Ein Problem sei die geringe Größe der Stichprobe. "Die Zahl der Probandinnen und Probanden ist sehr klein, vielleicht sogar zu klein." Hinzu kommt, dass die Gruppe zusätzlich in eine Untersuchungs- und eine Kontrollgruppe geteilt wurde. "Die Daten lassen keine Rückschlüsse zu, ob die Änderungen in der Kortexdicke wirklich anders sind als erwartet und ob die Kontrolldaten auf einer ‚normalen‘ Gehirnentwicklung basieren."
Die Unterteilung führt auch dazu, dass im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nur die Daten von 29 Jungen und 25 Mädchen in der Zeit nach den Lockdowns analysiert wurden. Darüber hinaus wurden die Jugendlichen auch nicht psychologisch untersucht. Symptome psychischer Erkrankungen oder Ähnliches seien nicht gemessen worden. "Ich verstehe nicht, warum sie das nicht getan haben", sagt Valk.
Kein direkter Vergleich der MRT-Daten
Forscher aus Großbritannien melden zudem Zweifel an der gewählten Methode an. So seien die Teilnehmer in Untersuchungs- und Kontrollpersonen eingeteilt worden. Eine wirklich unabhängige Kontrollgruppe fehle. Eine weitere wichtige Limitation sei, dass keine direkten Vergleiche der MRT-Aufnahmen vor und nach den Lockdowns vorgenommen wurden. Sondern die Daten seien zu Modellen verarbeitet und die Beobachtungen anhand der Modelle analysiert worden. Das lasse aber kaum eine Einschätzung zu möglichen Unsicherheiten in den Daten zu, kritisiert Derek Hill, der am University College in London forscht.
Links/Studien
Corrigan, Rokem and Kuhl (2024): COVID-19 lockdown effects on adolescent brain structure suggest accelerated maturation that is more pronounced in females than in males, PNAS
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. Juli 2024 | 11:47 Uhr
MDR-Team vor 3 Wochen
Hallo Kritische,
eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie erfordert Zeit, eine umfassende Datensammlung und den Willen zur Selbstkritik.
Die Aussage, dass "alle Eltern" diese Ohnmacht erlebt haben, ist eine Generalisierung. Es ist wahr, dass viele Eltern erhebliche Belastungen erlebt haben. Die Erfahrungen waren jedoch unterschiedlich, und nicht alle Eltern haben die Maßnahmen als "aus dem Leben reißen" wahrgenommen. Viele sahen darin notwendige Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.
Es gibt Hinweise darauf, dass eine Unzufriedenheit mit dem Pandemiemanagement in Deutschland in einigen Bevölkerungsschichten das Vertrauen in traditionelle Parteien erschüttert hat. Dies ist jedoch nur ein Teilaspekt des Erfolgs der AfD. Da spielen viele andere Faktoren mit hinein.
Wir respektieren Ihre Meinung und Ansicht, allerdings sollten Sie nicht von sich auf "alle anderen" schließen. Solche Erfahrungen und Gefühle sind sehr individuell.
- Das MDR WISSEN Team
Kritische vor 3 Wochen
Leider gibt es zu diesem Thema bis heute keine ehrliche Aufarbeitung. Alle Eltern haben diese Ohnmacht erlebt, dass die Kinder für 2,5 Jahre aus ihrem Leben gerissen wurden. Jeder, der das auch nur ansatzweise hinterfragt hat, wurde als Corona-Leugner hingestellt. Auch hier liegt eine Wurzel des heute großen Erfolges der AfD. Ähnlich wie bei anderen Themen wurden sämtliche Diskussionen im Keim erstickt und niemand durfte diese Maßnahmen in Frage stellen. Dazu das Bashing gegen Kinder generell, welches in sozialen Netzwerken gerade boomt, auch das sollte mal zum Thema gemacht werden.
MDR-Team vor 3 Wochen
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„An“ Corona sterben heißt in dem Fall: Die Corona-Infektion und die Folgen der Covid-Erkrankung haben zum Tod geführt. Wenn von Verstorbenen „mit“ Corona" gesprochen wird, waren Menschen mit Corona infiziert, sind aber aus einem anderen Grund gestorben.
Das Institut für Pathologie der Uniklinik Aachen hat bereits im April 2020 angefangen, ein Autopsie-Register aufzubauen. Autopsien sind schlussendlich die einzige Möglichkeit, um festzustellen, was bei einem Menschen zum Tod geführt hat. Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen ein eindeutiges Ergebnis.
Herausgekommen ist, dass bei 86 Prozent der Fälle die Coronainfektion die direkte Todesursache war. Diese Menschen sind also „an“ Corona gestorben. Bei lediglich 14 Prozent war Covid-19 nur eine Begleiterkrankung. Dabei handelt es sich um Daten der ersten drei Corona-Wellen.
https://www.swr.de/wissen/sterben-die-menschen-in-deutschland-an-oder-mit-corona-100.html
Freundliche Grüße vom MDR-WISSEN-Team