HIV-Forschung Neuer Durchbruch gegen Aids? Lenacapavir-Spritze schützt effektiv vor HIV
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29. November 2024, 10:57 Uhr
Sehr wirksam und unkompliziert: Der Wirkstoff Lenacapavir könnte einen Durchbruch auf dem Gebiet der präventiven HIV-Behandlung bedeuten. Noch fehlt aber eine Zulassung in der EU – und auch die Kostenfrage ist noch nicht geklärt.
Zweimal im Jahr eine Spritze: Das könnte in Zukunft ausreichen, um präventiv vor HIV zu schützen. Der Wirkstoff Lenacapavir schützt effektiv vor einer Infektion mit dem HI-Virus, wie die Studie "Purpose 2" bestätigt, die im "New England Journal of Medicine" erschien. Erstmals vorgestellt wurden Lenacapavir-Injektionen im Rahmen der Phase-III-Forschung "Purpose 1" bereits im Juli auf der Welt-Aids-Konferenz im München.
Das Mittel soll prophylaktisch Menschen mit hohem HIV-Infektionsrisiko angeboten werden und hemmt den Lebenszyklus des Virus in mehreren Stadien der Infektion. Auf dem Gebiet der HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gibt es zwar bereits den Wirkstoff Truvada, der ähnlich effektiv ist wie Lenacapavir. Allerdings muss dieses Mittel täglich in Tablettenform eingenommen werden, um wirksam zu sein. Eine Depotspritze hingegen sei unkomplizierter und könnte auch zu weniger Diskriminierung führen. Truvada-Nutzenden werde beispielsweise oft vorgeworfen, schon an Aids erkrankt zu sein, obwohl die Einnahme prophylaktisch ist.
Noch nicht geklärt ist aber, wer sich die Behandlung überhaupt leisten kann. Bisher ist kein Produkt zur PrEP auf dem Markt, Lenacapavir wurde aber bereits zur Behandlung von einer bestehenden HIV-Infektion zugelassen. In den USA kostet eine solche Therapie etwa 42.000 Dollar pro Jahr. Sollte Hersteller Gilead solche Summen auch für den neuen Impfstoff verlangen, wäre eine Behandlung vor allem in ärmeren Ländern der Subsahara, Asiens und Lateinamerikas unrealistisch. UNAIDS-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima sprach bereits im Juli auf der Münchener Welt-Aids-Konferenz von einem "Wundermittel" und verlangte, das Mittel kostengünstig zur Verfügung zu stellen.
Links/Studien
Die Studie "Purpose 2" können Sie hier lesen.
Anmerkung: In einer vorherigen Version des Artikels war mehrfach von einer Impfung die Rede. Die Behandlung mit Lenacapavir schützt zwar vor einer Infektion, es handelt sich allerdings nicht um einen Impfstoff. Das ist hier nicht der Fall, wir haben die Formulierung daher korrigiert. Danke für den Hinweis.
sh
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 28. November 2024 | 06:00 Uhr
MDR-Team vor 3 Tagen
Hallo Johannes37,
vielen Dank für den Hinweis. Du hast vollkommen recht, dass Lenacapavir keine Impfung ist, sondern eine Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP), die vorbeugend wirkt und als Depot-Injektion verabreicht werden kann. Eine Impfung hingegen zielt darauf ab, eine Immunantwort auszulösen, die zu einer langfristigen Immunität gegen einen Erreger führt. Das sind zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze.
Der Begriff Depot-Impfung ist tatsächlich nicht korrekt, da er suggeriert, dass es sich um einen Impfstoff handelt, der eine ähnliche Wirkung wie klassische Impfstoffe hat – das trifft auf Lenacapavir nicht zu. Es ist daher wichtig, hier präzise zu formulieren, um keine Missverständnisse zu erzeugen. Danke für die Richtigstellung. Wir haben den Artikel dahingehend angepasst. Viele Grüße vom MDR WISSEN-Team
Johannes37 vor 3 Tagen
Guten Tag,
ich möchte darauf hinweisen, dass die Überschrift des Artikels sowie Teile des Artikels falsch sind. Bei Lenacapavir handelt es sich um eine PrEP, die mittels subkutaner Injektion auch als Depot-Injektion verabreicht wird.
Das ist keine Impfung, die eine Immunantwort und dadurch eine anhaltende Immunität zur Folge hat. Das ist auch keine Interpretationssache oder eine medizinische Spitzfindigkeit es ist schlicht und ergreifend falsch und irreführend. Das Wort Depot-Impfung gibt es nicht einmal.
MDR-Team vor 4 Tagen
Hallo Chris80,
die jährlichen Kosten für HIV-Medikamente reflektieren den hohen Preis für Forschung, Entwicklung, Herstellung und Vermarktung. Diese Kosten umfassen auch die regelmäßige Anpassung der Behandlungen an resistente Virenstämme und die langjährige Therapie für chronisch Erkrankte. Die USA haben im Vergleich zu anderen Ländern oft höhere Medikamentenpreise.
Eine hypothetische Krebsheilung wäre wahrscheinlich ähnlich teuer, da die Entwicklung von Therapien gegen komplexe Krankheiten Jahrzehnte dauert und enorme Investitionen erfordert.
Es ist schwierig verschiedene schwerwiegende Krankheiten und deren Forschung miteinander zu vergleichen.
- Das MDR WISSEN Team