Apotheker Fritz Klink an der fast leeren Medikamentenschublade für Kinder
Bildrechte: IMAGO/Marc Schüler

Fehlende Medikamente Lieferengpässe belasten Patienten und Apotheken

25. September 2024, 11:58 Uhr

Erkältung, Grippe und dann das: Lieferengpässe bei zahlreichen Medikamenten. Ein Problem für Patienten und Apotheken, medizinisch und sogar ethisch, wie eine neue Studie der Unis Leipzig und Halle zeigt.

Die Grippesaison steht an. Das bedeutet für die Apotheken zumeist Hochbetrieb. Doch es gibt nach wie vor Lieferengpässe bei zahlreichen Medikamenten. "Aktuell bestehen Engpässe bei Antibiotika, Blutdrucksenkern, Schmerzmitteln oder auch Krebsmedikamenten und Insulinen", sagte Reinhard Groß, stellvertretender Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes. Bislang könne jedoch in den meisten Fällen ein Ersatzpräparat angeboten werden.


Ethische Probleme bisher kaum untersucht

Vielfach sei eine ganze Reihe von Medikamenten zwar lieferbar, jedoch nicht in der benötigten Anzahl, erläuterte Groß. Die Liste der betroffenen Arzneimittel und Medizinprodukte variiere zwischen 400 und 1.000 Präparaten innerhalb der Apothekenlandschaft. Für die Apotheken ist das auch ein ethisches Problem. Das ergab eine Studie der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die jetzt im "International Journal of Clinical Pharmacy" veröffentlicht wurde. Solche ethischen Fragen seien "in der Forschung bisher kaum untersucht worden", sagt Professor Thilo Bertsche, Leiter der Klinischen Pharmazie und Studiendekan Pharmazie an der Universität Leipzig.

535 Apothekerinnen und Apotheker aus ganz Deutschland wurden online befragt. "Wir haben 15 Entscheidungssituationen unter Berücksichtigung von kollidierenden ethischen Prinzipien definiert", sagt der Hallenser Pflegewissenschaftler und Medizinethiker Dr. Stephan Nadolny. Dazu gehörten Fragen wie: Welcher Arzneimittelwunsch einer Schwangeren ist in der Selbstmedikation erfüllbar – ohne das ungeborene Kind zu gefährden? Welche Informationen zur richtigen Anwendung einer ärztlich verordneten Asthmatherapie müssen gegeben werden – ohne Patienten zu verunsichern? Was tun, wenn das Medikament nicht lieferbar ist? Oder Verdacht auf Missbrauch besteht?

Als häufigste Konflikte benannten die Teilnehmenden in der Studie:

  1. Das von der Krankenkasse erstattete Rabattarzneimittel war aus pharmazeutischer Sicht nicht am besten zur Therapie geeignet.
  2. Aufgrund von Lieferengpässen musste Apotheker auf weniger geeignete Alternativen ausweichen.
  3. Eine dringende Verschreibung enthielt einen formalen Fehler, der eine Rücksprache mit dem Arzt erforderte, welcher jedoch nicht erreichbar war.

Das Autorenteam fordert daher, dass solche ethischen Konflikte bereits in der Ausbildung beachtet und weiter wissenschaftlich untersucht werden sollten.

gp/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 20. September 2024 | 22:12 Uhr

2 Kommentare

MDR-Team vor 2 Wochen

Hallo CFNM,
erst einmal zur Eingrenzung: Es geht hier nicht um Lebensmittel oder Waren für Ferienobjekte oder Kantinen, es geht um Medikamente. Die Produktion und die Lieferketten können sich hier enorm unterscheiden. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. hat dazu ein Faktenblatt erstellt, in dem die diversen Ursachen für die Lieferengpässe dargestellt werden: https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Faktenblaetter/Faktenblatt_Lieferengpaesse.pdf
Wie genau die Außenministerin Lieferanten verprellen soll, wird in diesem Zusammenhang nicht klar.
Liebe Grüße aus der MDR-Wissens-Redaktion

Anni22 vor 2 Wochen

Oh juhu eine Studie! Wie wär es die Behebung der Engpässe anzugehen, was nützt denn bitte so eine Studie?!

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