Weltmenstruationstag Menstruation wirkt sich auf Arbeit aus – und andersrum!

28. Mai 2021, 15:48 Uhr

Dafür, dass die Hälfte der Menschen direkt vom Thema Menstruation betroffen ist – und die andere Hälfte mindestens indirekt – ist das Thema in der Gesellschaft nach wie vor wenig präsent. Auch im Arbeitskontext. Aktuelle Forschung zeigt nicht nur, wie sich die Periode auf das Berufsleben auswirkt. Sondern auch, wie sich Nachtarbeit durch Regelschmerzen bemerkbar machen kann. Und die können nicht nur Frauen, sondern auch Männer bekommen.

Sagen wir es mal so: Tage des Bieres werden in Deutschland gleich zwei gefeiert. Wenn man sich also überlegt, wie gering der Anteil biertrinkender Menschen im Vergleich zum Anteil menstruierender Menschen ist – und (von Alltagsalkoholismus mal abgesehen) wie wenig Aufklärungsarbeit es beim Thema Bier im Vergleich zum Thema Menstruation bedarf, müsste man die Frage stellen: Wieso feiern wir eigentlich zwei Bier-Aktionstage, aber nur einen Weltmenstruationstag – bzw. Menstrual Hygiene Day, wie er eigentlich heißt. Und wieso hat dieser Tag zumindest in Deutschland noch keinen Wikipedia-Artikel, wo er doch mindestens die Hälfte der Menschheit betrifft?

Tausende Euros für Hygieneprodukte

Und eigentlich nicht nur die Hälfte. Denn zur Enttabuisierung kann und sollte die ganze Menschheit beitragen. Dazu gehört auch das Benennen von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Missständen. 3.000 Tage – also mehr als acht Jahre – verbringt eine Frau menstruierend. Das hat das Aufklärungsportal Erdbeerwoche ausgerechnet. Und auch, was das kostet: Mehr als 2.500 Euro gibt eine Frau im Laufe des Periodenlebens für Tampons, Binden und Slipeinlagen aus.

Warum ist der 28. Mai Weltmenstruationstag? Der Zyklus einer Frau dauert im Durchschnitt 28 Tage, davon fallen durchschnittlich fünf auf die Periode. Der 28.5. ist demnach prädestiniert für diesen Tag.

Um menstruierende Menschen bei den Kosten für Periodenprodukte zu entlasten, wurde die angesetzte Mehrwertsteuer 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Eine Befreiung von der Umsatzsteuer blieb allerdings aus. Großbritannien, Irland, aber auch eine Reihe von Ländern in Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika sind da weiter und kommen der Tatsache entgegen, dass sich Menschen nicht aussuchen können, ob sie menstruieren oder nicht. In Europa haben vor allem der Osten, Südosten und der sonst eher progressive Norden Nachholbedarf beim Thema "Tamponsteuer".

Tampons und Binden sind aber nicht der einzige Kostenpunkt: Hinzu kommen 672 Euro pro Periodenleben für Schmerzmittel. Denn mehr als zehn Prozent aller Frauen haben während der Periode so starke Schmerzen, dass sie in der Zeit ihrer Beschäftigung nicht nachgehen können. Wie viele wohl trotzdem arbeiten gehen?

Ansicht von oben: Eine Frau mit Unterleibsschmerzen liegt auf einer Couch und hält sich den Bauch
Viele Frauen leider unter Menstruationsbeschwerden – und schleppen sich trotzdem zur Arbeit. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2019 wollte das herausfinden und hat fast 33.000 Mädchen und Frauen zwischen 15 und 45 zum Thema Produktivität und Periode befragt. Achtzig Prozent der Befragten gehen zwar zur Arbeit. Allerdings mit teilweise großen Verlusten in der Produktivität – dafür gibt es sogar ein Fachwort: Präsentismus. Auch hier zeigen sich die Folgen der Tabuisierung des Themas. Nur jede fünfte Frau sprach gegenüber Arbeitgebenden offen darüber, dass ihre Abwesenheit auf Menstruationsbeschwerden zurückzuführen ist. Mehr als zwei Drittel wünschen sich im Gegenzug während der Zeit der Periode mehr Flexibilität, was die Aufgaben auf Arbeit oder in der Schule betrifft.

Sagen wir's mal so: Wenn das Fernbleiben von Arbeit und Schule auf Grund von Menstruationsbeschwerden eine Selbstverständlichkeit für alle wäre, hätten auch Arbeitgebende etwas davon. Sie könnten sich von vornherein darauf einstellen und einem Produktvitätsverlust im Verborgenen entgegenwirken.

Nachtarbeit kann Menstruationsbeschwerden verstärken

Allerdings kann sich die Periode nicht nur auf die Arbeit auswirken, sondern auch andersrum wird ein Schuh daraus. So haben Forschende der Nationalen und Kapodistrias-Universität in Athen jetzt eine Studie veröffentlicht, die die Auswirkungen von Nachtarbeit auf die Menstruation beschreibt.

Im Ergebnis: Menschen, die nachts arbeiten, haben ein höheres Risiko, an Menstruationsunregelmäßigkeiten und der Entwicklung von Endometriose ausgesetzt zu sein. Endometriose bezeichnet eine Erkrankung, bei der Gewebe, das dem der Gebärmutter ähnelt, auch an Orten wie Eierstöcken oder Eileitern wächst. Das betrifft etwa zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter – die eine mehr, die andere weniger. Unter Umständen kann Endometriose sehr schmerzhaft sein und zu Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und Eileiterschwangerschaften führen.

Eine Frau zeigt einer Gruppe von Schülerinnen in einem Außenbereich Menstruationsartikel
Aufklärungsarbeit zum Thema Menstruation in Malawi, wo Mädchen oft Schulunterricht auf Grund des Menstruationstabus verpassen. Bildrechte: IMAGO / Xinhua

Dem Forschungsteam zufolge ist das auf Gene zurückzuführen, die mit der inneren Uhr in Verbindung stehen und verändert in Erscheinung treten. Die Studie ist allerdings erst ein Anfang, den Zusammenhang zwischen der Störung des Biorhythmus und den Auswirkungen auf Menstruationsunregelmäßigkeiten und -beschwerden zu untersuchen.

Auch Männer menstruieren

Aber immerhin ein Ansatz. So wie auch die Menstruation in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nur im Ansatz thematisiert wird.

Während das im weltweiten Kontext bedeutet, die Periode zu enttabuisieren, entmystifizieren und allen Frauen einen Zugang zu Menstruationsprodukten, Toiletten und warmen Wasser während der Periode zu ermöglichen, bedeutet das auch den Wandel im Kleinen: Hygieneprodukte auf öffentlichen Toiletten sollten selbstverständlich sein.

Auch auf Männertoiletten. Denn auch Männer können menstruieren, z.B. wenn sie mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen oder intersexuell geboren wurden. Der 28. Mai ist also ein Tag für alle. Menschen, für die die Periode ein direktes und Menschen, für die sie ein mindestens indirektes Thema ist.

Links zu den Studien

Die Studie Productivity loss due to menstruation-related symptoms: a nationwide cross-sectional survey among 32 748 women erschien im Juni 2019 im Journal BMJ Open.

DOI: 10.1136/bmjopen-2018-026186

Das Abstract Alterations in clock genes expression in eutopic and ectopic endometrial tissue wurde am Rahmen des European Congress of Endocrinology im Mai 2021 veröffentlicht.

DOI: 10.1530/endoabs.73.YI7

9 Kommentare

MDR-Team am 31.05.2021

@allesfeucht,
als "überbezahlte, regimetreue und linksgrün-versiffte Löschkinder" geben wir grundsätzlich jeden Tag alles. :) :) :)
Spaß beiseite: Alleine, dass es Menschen gibt, denen positiv auffällt, was wir hier tun, gibt uns eine Menge Energie, Hoffnung und Mut. Also vielen lieben Dank dafür. :)

allesfeucht am 31.05.2021

Props gehen raus an das gesamte Team von von mdr wissen! Wo nehmt ihr nur die Energie her, solchen Verwirrten wie @Atheist immer so schön sachlich und pointiert zu antworten? Bitte weiter so!

MDR-Team am 30.05.2021

@Atheist,
wir haben uns schon vor einiger Zeit dazu entschieden, in unseren Beiträgen eine Sprache zu wählen, die alle Menschen einschließt. In welcher Form das geschieht, entscheiden die Kolleg*innen individuell. Denn Diversität sichtbar zu machen, bedeutet für uns auch Diversität zuzulassen.
Zudem wurde im Artikel, den Sie hier kommentieren können, kein einziges Mal ein Gender-Gap, -Sternchen oder Binnen-I verwendet. Was genau Sie also stört, ist für uns nicht ersichtlich und an dieser Stelle eigentlich auch überhaupt kein Thema.