Gentechnisch veränderte Mitochondrien Forscher können Leben mit Lichtenergie verlängern
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03. Januar 2023, 11:40 Uhr
Neueste Forschungen zeigen, dass gentechnisch veränderte Mitochondrien Lichtenergie in chemische Energie für Körperzellen umwandeln können. Das Leben von Fadenwürmern konnte bereits verlängert werden. Auch für die Behandlung altersbedingter Krankheiten beim Menschen gibt es Hoffnung.
Es ist eine zentrale Frage der Menschheit: Was lässt uns länger und gesünder leben? Eine Antwort liegt in unseren Zellen. Dort sorgen winzige Organellen, die sogenannten Mitochondrien, dafür, dass unser Organismus immer mit ausreichend Energie versorgt wird. Mitochondrien werden deshalb auch als die "Kraftwerke der Zellen" bezeichnet. Je nach Art enthält jede Zelle hunderte oder tausende Mitochondrien. Besonders hoch ist ihr Anteil in Zellen mit hohem Energieverbrauch, so in Nerven-, Sinnes- und Muskelzellen. So bestehen etwa Herzmuskelzellen zu mehr als einem Drittel aus "zellulären Kraftwerken".
Mitochondrien und ATP-Produktion
Die chemisch gebundene Energie, die die Mitochondrien aus Glukose produzieren, heißt Adenosintriphosphat, kurz ATP. Ohne diesen Nukleotid ist Leben unmöglich. ATP liefert die Energie für wichtige Zellfunktionen, welche Muskelkontraktionen oder die elektrischen Impulse der Nervenzellen ermöglichen.
Die Produktion von ATP wiederum ist das Ergebnis einer Reihe von elektrochemischen Reaktionen (Stoffwechselprozessen) in den Mitochondrien. Dabei werden Protonen aus dem Innern der Mitochondrien durch die innere Membran in den Zwischenraum vor der äußeren Membran der Mitochondrien transportiert. Auf beiden Seiten der Innenmembran entsteht dabei ein Ladungsunterschied. Diese elektrische Spannung wird als Membranpotential bezeichnet. Mit Hilfe dieser Energie wird schließlich ATP produziert, das als Energiespeicher und -quelle alle Körperzellen am Laufen hält.
Membranpotential nimmt im Alter ab
Unglücklicherweise nimmt jedoch das Membranpotential mit zunehmenden Alter und auch abhängig vom Lebenswandel ab. Forscher gehen davon aus, dass dieser Faktor auch bei einer Reihe von altersbedingten Krankheiten eine Rolle spielen könnte. "Wir wissen, dass eine mitochondriale Dysfunktion eine Folge des Alterns ist", erklärte Prof. Dr. Andrew Wojtovich vom Medical Center der University of Rochester in den USA. Er ist der Hauptautor einer Studie, die sich mit der Frage beschäftigte, wie die Leistung der zellulären Mitochondrien-Kraftwerke möglichst lange erhalten und auch verbessert werden könnte.
Protonenpumpe erzeugt zelluläre Energie
Wojtovich und sein Team aus Forschern aus den USA und Deutschland veränderten die Mitochondrien des mikroskopisch kleinen Rundwurms C. elegans gentechnisch in der Weise, dass sie eine aus einem Pilz gewonnene Protonenpumpe enthielten. Diese Protonenpumpe wiederum nutzte die Energie des Lichts, um die Mitochondrien aufzuladen. Dieser von den Forschern als Mitochondrien-ON (mtON) bezeichnete Prozess steigerte das Membranpotenzial und die ATP-Produktion und führte zu einer um 30 bis 40 Prozent verlängerten Lebensspanne der Rundwürmer, erklärte Wojtovich: "Diese Studie ergab, dass die einfache Ankurbelung des Stoffwechsels mit Hilfe von lichtbetriebenen Mitochondrien den Laborwürmern ein längeres und gesünderes Leben bescherte."
Umwandlung von Licht- in chemische Energie
Die in der Zeitschrift Nature Aging veröffentlichten Forschungsergebnisse des Forscherteams zeigen grundsätzlich, dass gentechnisch veränderte Mitochondrien Lichtenergie in chemische Energie umwandeln können. Diese Energie kann von den Zellen des Fadenwurms C. elegans genutzt werden, wodurch dessen Leben verlängert wird.
Auch wenn die Aussicht auf mit Sonnenlicht aufgeladene Zellen beim Menschen vorerst wohl eher noch Science-Fiction bleiben dürfte, werfen die Ergebnisse nach Ansicht von Hauptautor Wojtovich ein Licht auf wichtige Mechanismen im Alterungsprozess. "Diese Erkenntnisse und neuen Forschungsinstrumente werden es uns ermöglichen, Mitochondrien weiter zu untersuchen und neue Wege zur Behandlung altersbedingter Krankheiten und zum gesünderen Altern zu finden", ist sich der US-Forscher sicher.
(dn)