WISSENS-NEWS Erhöhtes Risiko von Herzfehlern nach künstlicher Befruchtung
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30. September 2024, 11:47 Uhr
Forschende haben das Risiko von Herzfehlern nach natürlicher und künstlicher Befruchtung bei Neugeborenen untersucht. Die Ergebnisse reihen sich in die von anderen Studien ein, zeigen aber auch Handlungsbedarf in Hinblick auf Mehrlingsschwangerschaften.
Über sieben Millionen Befunde von Neugeborenen haben die Forschenden aus Skandinavien untersucht. Alle waren zwischen 1984 und 2015 lebend geboren. Keine Selbstverständlichkeit, denn die Kinder aus Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen haben sich teils durch künstliche Befruchtung entwickelt, genauer gesagt: durch Methoden, bei denen Eizellen und Spermien außerhalb des Körpers manipuliert wurden (Assistierte Reproduktionsverfahren, kurz ART).
Genau das führt der Studie zufolge zu einem erhöhten Risiko für angeborene Herzfehler: In der ART-Gruppe kamen diese mit 1,85 Prozent häufiger vor als bei natürlich gezeugten Neugeborenen, bei denen ein angeborener Herzfehler nur in 1,15 Prozent der Fälle vorlag. Bei Einlingen lag der Unterschied zumindest noch bei 1,62 zu 1,11 Prozent. Für Georg Grisinger, Ärztlicher Leiter der universitären Kinderwunschzentren Lübeck und Manhagen, ist das die entscheidende Zahl.
Ein Appell für Einlingsschwangerschaften bei künstlicher Befruchtung
Denn auch das zeigt die Studie: Das Risiko eines Herzfehlers bei Mehrlingsgeburten ist generell erhöht – unabhängig von der Befruchtungsart. Die Unterschiede bei den Einlingen zeichnen also ein viel stärkeres Bild des erhöhten Risikos. Laut Georg Grisinger müsse man deshalb „den Single-Embryo-Transfer [anstreben], um somit die Entstehung von Einlingsschwangerschaften durch ART“ weiter zu fördern. Etwas, was Reproduktionsmediziner seit Jahren anstreben würden.
Ähnlich äußert sich Babara Sonntag, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in Hamburg. Das erhöhte Risiko sei seit vielen Jahren bekannt, „das absolute Risiko aber gering.“ Für sie sind die ausführlichen Daten der Studie dennoch „für die Reproduktionsmedizin und die in Deutschland bestehenden regulatorischen Strukturen […] ein starker zusätzlicher Appell zur Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften durch eine überwiegende Strategie des Single-Embryo-Transfers.“
Michael von Wolff, Leiter der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Universitätsspital in Bern, plädiert zudem dafür, immer erst konservative Therapien auszuschöpfen. Dazu zählt etwa die Stimulation der Eierstöcke mit niedrigdosierten Hormonpräparaten. „Die Risiken sind gering“ – speziell da es innerhalb des Auswertungszeitraums auch viel Fortschritt gegeben habe. Sie seien „aber gegeben“ und damit etwas, was auch in der Therapie beachtet werden müsse.
Links/Studien
Sargisian N et al. (2024): Congenital heart defects in children born after assisted reproductive technology: a CoNARTaS study. European Heart Journal. DOI: 10.1093/eurheartj/ehae572.