Chemie statt "Magie" Mit Pilzen gegen Alkoholismus-Rückfälle
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23. November 2021, 13:37 Uhr
Psilocybin kommt in Pilzen vor, ein Stoff, der für Halluzinationen sorgt. Ausgerechnet der könnte aber auch eine ganz andere Wirkung haben: nämlich als Helfer gegen Alkoholismus-Rückfälle.
Wer Martin Suters "Die dunkle Seite des Mondes" gelesen hat, horcht beim Stichwort Psilocybin auf. Das ist doch das Halluzinogen aus einem Pilztrip, das den Protagonisten des Romans komplett aus der Bahn wirft, bis er sich selbst nicht wiedererkennt? Und der sich fortan auf die Suche macht nach just dem Pilz, der eben dieses Halluzinogen enthält, um seinen grauenvollen Zustand zu neutralisieren.
Aber nicht nur die Literatur, auch die Forschung hat Psilocybin im Blick und jetzt ein ganz neues Wirkungsfeld entdeckt: Als "Schutzschild" gegen Rückfälle in Alkoholismus zum Beispiel. Wie funktioniert das theoretisch? Dazu muss man sich erst mal anschauen, was bei Suchterkrankungen wie Alkoholismus im Gehirn passiert. Der Glutamatrezeptor mGluR2 spielt dabei eine wichtige Rolle. Er ist eine biochemische Empfangsantenne für den Signalstoff Glutamat und reguliert, wie viel davon in einzelnen Hirnregionen ausgeschüttet wird.
Selbstregulierung im Gehirn wird gestärkt
Wenn diese "Antenne" zu schwach sendet, schwächeln auch die Selbstregulierungsmechanismen und das Verlangen nach Alkohol im Gehirn wird schwächer kontrolliert. Und hier käme dann die Psilocybin-Forschung ins Spiel, mit dem eine Forschungsgruppe aus Mannheim gearbeitet hat. In Versuchen mit Mäusen zeigte sich nämlich, dass das Psilocybin dafür sorgt, dass sich der mGluR2-Spiegel erhöht, also die Empfangsantenne für Glutamat stärker wird. Dadurch wird offenbar dann die Selbstregulierung gestärkt.
Ob das Halluzinogen tatsächlich einmal ein Baustein sein wird, um Rückfälle in die Abhängigkeit zu verhindern, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Dazu braucht es noch weit mehr Forschung.
lfw