Proteomik Weltkongress in DresdenWie die Proteinforschung die Medizin verändert
Proteine beeinflussen als Bestandteil von Zellen alle Körperfunktionen. Ihre Funktionsweisen zu verstehen, bedeutet Leben zu verstehen. Auf dem Proteomik Weltkongress in Dresden tauschen sich internationale Forschende darüber aus, wie die Erkenntnisse dieses Forschungsgebietes Anwendung in Diagnostik und Therapie finden können. Vor allem in der Krebsforschung finden sich hier vielversprechende Ansätze.
Proteine sind nicht nur bei Fitness-Influencern und im Supermarktregal der große Hype, sondern auch in der Wissenschaft. Zuletzt deutlich geworden ist das, als der Nobelpreis für Chemie Anfang Oktober an drei Proteinforscher verliehen wurde. Aber Moment, so neu ist das Thema Proteine nun auch wieder nicht, denn das Grundanliegen der Proteomik, also der Proteinforschung, ist es schon seit fast 30 Jahren, die Funktionsweise von Proteinen zu verstehen. Aber warum?
Proteine gelten als die Werkzeuge des Lebens. Alle chemischen Reaktionen des Körpers werden durch sie gesteuert und kontrolliert. Sie sind die Bausteine unserer Zellen, fungieren als Hormone und Antikörper, beeinflussen unseren Stoffwechsel. Sie zu verstehen, bedeutet das Leben zu verstehen.
Ohne Handwerker keine Umsetzung des Bauplans
Zwar hat es die Genomsequenzierung der Medizin ermöglicht, den Bauplan des Menschen zu entschlüsseln und damit auch die biologische und medizinischen Forschung in großer Geschwindigkeit verändert, aber "Es ist wie beim Haus, es hängt von den Umständen, den Handwerkern ab, wie dieser Plan umgesetzt wird", erklärt Prof. Dr. Uwe Völker, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Proteomforschung e.V. (DGPF) im Gespräch mit MDR AKTUELL.
Er macht es am Beispiel von Krebserkrankungen deutlich. Die Behandlung wird bestenfalls individuell auf den Patienten abgestimmt. In vielen Fällen wird hier das Genom sequenziert, um herauszufinden, welche genetischen Veränderungen für den Krebs verantwortlich sind. "Wenn wir wissen, welches Genom die Krankheit verändert, ist die Frage, welche Proteine denn dann verändert sind", erläutert Völker.
Proteine als Zielmoleküle für individuelle Therapien
Proteomforscher können dann die Proteine von gesundem und von krankem Gewebe des Krebspatienten analysieren. Das heißt, sie können untersuchen, welche Proteine da sind, welche modifiziert sind und welche Aktivitäten sie aufweisen. Daran ausgerichtet kann in einem Tumorboard entschieden werden, welche Behandlung erfolgen soll.
Das ist insofern wichtig, weil es eine unglaubliche Bandbreite an Medikamenten gibt, die eingesetzt werden könnten. Kennt man laut Völker das molekulare Muster, kann entschieden werden, welche Medikamente bei welchem molekularen Muster die größte Aussicht auf Erfolg bieten. Der Grund dafür liegt darin, dass die Wirkstoffe von Medikamenten ihre Wirkung an spezifischen Zielen ausüben sollen. Wirkstoffe, die zum Beispiel Enzyme als Ziel haben, besitzen eine Molekülstruktur, die es ihnen ermöglicht mit Enzymen zu interagieren.
Wirkungsmechanismen von Medikamenten besser verstehen
Aber laut Völker ist es nicht nur wichtig diese Zielmoleküle zu betrachten. Man könne viele Proteine analysieren und so vielleicht auch Nebenwirkungen besser verstehen. Die Wirkmechanismen von Medikamenten wirklich zu verstehen, kann helfen, den Patienten die bestmögliche Behandlung zu bieten. Dafür braucht es Datenbanken, in denen all dieses Informationen vergleichbar gemacht werden können. "Wenn wir diese Datenbanken haben, können wir vielleicht auch Medikamente, die schon da sind, für andere Erkrankungen zur Behandlung nutzen. Das ist viel einfacher als ein völlig neues Medikament zu entwickeln", erklärt Völker.
Darüber, wie die Funktionsweise unserer Zellen, die Wirkmechanismen von Medikamenten besser verstanden werden und wie diese Erkenntnisse in den klinischen Alltag gebracht werden können, tauschen sich Völker und 1.600 andere internationale Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus der Proteomforschung aktuell auf dem Proteomik-Weltkongress in Dresden aus.
Links/Studien
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 21. Oktober 2024 | 11:48 Uhr
Kommentare
{{text}}