Depressions-ForschungKann die psychoaktive Droge Psilobycin gegen Depressionen helfen?
"Magic mushrooms" enthalten den Stoff Psilobycin, eine bewusstseinsverändernde Substanz. Eine Forschungsgruppe in London hat untersucht, wie der Stoff bei Depressionskranken wirkt. Ergebnis: Manche Gehirnregionen kommunizieren dank Psilobycin wieder leichter miteinander. Aber wie aussagekräftig ist diese Studienarbeit?
Psilobycin wirkt bei Depressionen, nur weiß man noch nicht genau, wie: So könnte man das Ergebnis zweier Studien aus Großbritannien zusammenfassen, bei denen Menschen mit Depressionserkrankungen Psilobycin erhielten. Einmal in einer offenen Studie zu behandlungsresistenten Depressionen, bei der alle Teilnehmer Psilocybin erhielten. Und in einer Kontrollstudie zu allgemeineren Depressionen; hier wurde verglichen, wie Psilocybin oder Escitalopram wirkten. Alle Erkrankten machten außerdem Gesprächstherapien mit registrierten psychiatrischen Fachkräften. Und es wurden Gehirnscans vor und einen Tag bzw. drei Wochen nach der Psilocybin-Therapie durchgeführt.
Die Auswertung zeigte zweierlei. Zum einen beschrieben die mit Psilobycin-Behandelten in Fragebögen, dass sie sich besser fühlten, und zwar vereinzelt auch noch drei Wochen nach der Einnahme. Zum anderen zeigten die Gehirnscans, dass zwei Gehirnregionen, die bei Depressionspatienten nur schwer miteinander kommunizieren, nach der Einnahme von Psilobycin besser miteinander vernetzt waren. Studienautor Professor Robin Carhardt: "Psilobycin macht das Gehirn flexibler und flüssiger und weniger festgefahren in den negativen Denkmustern, die mit Depressionen einhergehen." Das unterstütze frühere Annahmen und bestätige, dass Psilocybin tatsächlich ein alternativer Ansatz für die Behandlung von Depressionen sein könnte.
Psilobycin auch gut gegen Suchterkrankungen?
Aus Forschersicht ist besonders bemerkenswert, dass die Psilocybin-Therapie offenbar länger wirkt als herkömmliche Depressionsmedikamente. Die müssen in der Regel über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, bis sie depressive Symptome lindern. Allerdings müssten weitere Forschungen zeigen, wie lange die verbesserte Kommunikationsfähigkeit zwischen verschiedenen Gehirnregionen anhielte. Dann sei aber denkbar, dass Psilobycin auch bei anderen psychischen Krankheitsbildern einsetzbar sei, zum Beispiel bei Magersucht oder anderen Sucht-Erkrankungen.
Was sagt die Fachwelt zur Droge als Hilfmittel?
Wie werten andere Fachleute die Erkenntnisse aus Großbritannien? Prof. Dr. Matthias Liechti, Professor für klinische Pharmakologie am Universitätsspital in Basel, ist skeptisch: "Neu ist nur die Beschreibung der Bildgebungsdaten und ihre Verbindung mit dem therapeutischen Effekt." Ihm zufolge fehlt eine Analyse des Zusammenhang zwischen akuter Wirkung und anhaltender Wirkung von Psilocybin, ebenso wie eine Analyse der Korrelation zwischen akuter subjektiver Wirkung und der Bildgebung. Liechti sagt aber auch: "Wichtig ist die Erkenntnis, dass Psilocybin möglicherweise spezielle Aspekte einer Depression – zum Beispiel kognitive Probleme – besser behandelt als ein Antidepressivum." Die klinische Wirkung von Psilobycin müsse mit Kontrollgruppen und auch bei verschiedenen Störungsbildern weiter bestätigt werden.
PD Dr. Katrin Preller vom Institut für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Universität Zürich sieht es etwas anders. Für sie schließt die Forschungsarbeit eine Wissenslücke in der Forschung zu Psychedelika. Sie zeige nämlich, dass die Behandlung mit Psilocybin Veränderungen in der Informationsverarbeitung im Gehirn herbeiführe, die mit einer Reduktion der Symptome einhergehe. Allerdings ließe die Studie viele Fragen offen: "Erstens lassen sich die Veränderungen, die in diesem Paper gezeigt wurden, nicht vor der Behandlung vorhersagen. Es wäre jedoch wichtig, einen Biomarker zu entwickeln, der schon vor der Behandlung darauf schließen lässt, ob ein Patient von der Therapie profitieren kann oder nicht," erläutert die Spezialistin: "Um Psychedelika optimal nutzen zu können, müssen auch noch weitere Studien durchgeführt werden, die Einblick in den Wirkmechanismus bieten."
Links/Studien
Die Studie "Increased global integration in the brain after psilocybin therapy for depression" wurde im Fachmagazin "Nature Medicine" veröffentlicht. Das Original finden Sie hier.
(lfw/smc)
Kommentare
{{text}}