Langzeitbeobachtung Medizinisches Cannabis verbessert Symptome und Lebensqualität von Patienten

Cannabis-Arzneimittel haben in 70 Prozent der Fälle zu einer verbesserten Lebensqualität für die Patienten geführt. Noch etwas häufiger besserten sich Symptome. Besonders "beliebt" sind die Blüten mit hohem THC-Gehalt.

Seit fünf Jahren ist die Anwendung von medizinischem Cannabis nun möglich. Anonymisierte Daten zu rund 21.000 Behandlungen mit Cannabisblüten und -extrakten sowie Fertigarzneimitteln wurden in einem Bericht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ausgewertet. Und die Erfolge der Cannabis-Produkte sind statistisch deutlich nachweisbar.

Mit Abstand häufigster Grund, Cannabis-Arzneimittel zu bekommen, sind Schmerzen. Danach folgen mit gehörigem Abstand Spastik und andere Gründe. Bei etwas mehr als 70 Prozent der Patientinnen und Patienten verbesserte sich nach der Cannabis-Therapie die Lebensqualität – entweder moderat oder sogar deutlich. Das beste statistische Ergebnis in dieser Hinsicht erzielten Cannabisblüten, nach deren Anwendung sogar 90 Prozent der Betroffenen eine verbesserte Lebensqualität angaben.

Sogar noch etwas bessere Werte lieferte die Frage nach der Veränderung des Krankheitszustandes bzw. der Symptome. Hier waren in 74,2 Prozent der Fälle eine Verbesserung zu verzeichnen. Und auch hier waren Cannabisblüten am erfolgreichsten.

Eine Sonderrolle in der Datenerhebung nehmen also die Cannabisblüten ein, die deutlich mehr Wirkstoff enthalten. Im Bericht heißt es dazu: "Die mittlere Tagesdosis an THC, dem Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, liegt bei Verwendung von Dronabinol, Cannabisextrakten und Sativex bei etwa 15mg. Bei den Cannabisblüten liegt die mittlere Tagesdosis jedoch bei 249mg und damit weit über jeglicher Dosierungsempfehlung zu therapeutischen Zwecken, die bisher wissenschaftlich untersucht und publiziert wurde."

Der viel höhere Wirkstoffanteil könnte auch ein Grund sein, warum Cannabisblüten bei einer Therapie über mindestens zwölf Monate viel häufiger für deutlich verbesserte Symptome sorgen als die Gesamtheit der Produktpalette.

Statistisch auffällig in der Datenerhebung war noch etwas. Das Durchschnittsalter aller etwa 21.000 erfasster Patientinnen und Patienten lag bei 57 Jahren, 54 Prozent waren weiblich. Bei der Cannabisblüten-Gruppe sah das allerdings anders aus. Dort waren mehr als zwei Drittel Männer, und das Durchschnittsalter lag bei nur 45,5 Jahren. Im Bericht wird davon ausgegangen, dass in dieser Gruppe vermehrt Männer mit Cannabis-Vorerfahrung waren: "Vermutlich verfügen mehr Patientinnen und Patienten, die mit Cannabisblüten behandelt werden über Vorerfahrungen aus dem illegalen Erwerb von Cannabisblüten (der bei Männern deutlich häufiger vorliegt als bei Frauen), wie es sich schon vor 2017 bei den Inhabern einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Cannabis zum Zweck der Selbsttherapie zeigte."

Auch bei den Nebenwirkungen, die laut Bericht zwar vergleichweise häufig auftreten, aber "überwiegend nicht schwerwiegend" zu sein scheinen, schnitten die Cannabisblüten vergleichsweise gut ab. Auffällig, allerdings auf niedrigem Niveau, war hier vor allem, dass häufiger als bei den Produkten mit weniger THC-Gehalt "euphorische Stimmung" als Nebenwirkung angegeben wurde.

Abschließend heißt es im Bericht zu Cannabisblüten: "Nicht ohne Sorge sehen wir die Ergebnisse zu den Cannabisblüten. Das vergleichsweise geringe Alter, der hohe Männeranteil, die auf THC bezogen hohe Dosis, bei gleichzeitig fehlenden Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Publikationen zu Wirksamkeit und Sicherheit bei solchen Dosierungen, wirft die Frage nach Abgrenzung zwischen tatsächlich therapeutischen Effekten und erlebter Steigerung des Wohlbefindens bei hoher Abhängigkeitsgefahr auf. Dies gilt es von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten stets im Blick zu halten, um Fehlentwicklungen vorzubeugen."

(rr)

Cannabis Keks
Ausversehen vergiftet: Cannabis-Produkte wie Cookies haben eine hohe Anziehungskraft auf Kinder. Ein unachtsamer Umgang der Eltern kann schwere Folgen für die Kinder haben. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

0 Kommentare