Unterwasserarchäologie Versunkenes Dorf im Süßen See entdeckt

19. Juni 2019, 14:39 Uhr

Archäologie verbinden wir mit Schaufel und Pinsel, mit Graben und Sieben. In der Nähe von Halle ist jedoch ein Schatz verborgen, der nur per Boot und mit einer Tauchausrüstung zu finden ist. Im Süßen See hatten Forscher bereits 2018 ein Hügelgrab entdeckt und daraufhin in der Tiefe weiter nach Relikten unsere Ahnen gesucht. Dabei konnten sie eine Siedlung und zwei Grabanlagen ausfindig machen. Wir haben die Archäologen bei irer Arbeit begleitet.

Mann auf Schiff 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Derzeit gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei den aktuellen Funden um 3.000 Jahre alte Überreste aus der Bronze- oder Eisenzeit handelt. Die Lage in 5 bis 6 Metern Tiefe spricht dafür. Doch die Untersuchungen dazu laufen jedoch noch. Um die Funde nicht zu gefährden, verbleiben sie zunächst noch unter Wasser. Ein Tauchroboter und Unterwasserkameras zeichnen jetzt die Strukturen der Anlage auf - auf einer Fläche von rund 500 Quadratmetern.

Unterwasser-Scan lieferte 2018 erste Hinweise

Im vergangenen Jahr waren die Archäologen mit einem Boot auf dem See unterwegs, haben ihn Meter für Meter gescannt und so eine 3D-Karte des Untergrundes erstellt. Dafür nutzten sie ein 3D-Sonar, das Schallwellen in die Tiefe schickt. Diese werden dort reflektiert und wieder aufgenommen. Liegt eine Gegenstand am Boden oder sind Hohlräume vorhanden, verändern sich die Schallwellen. Das ist dann auf einem Monitor zu sehen, und so entdeckten sie auch die Grabanlage. Die Vermutung, dass auf dem Grund des Süßen Sees etwas zu finden ist, hatte der Leiter des Forschungsprojektes, Sven Thomas schon länger:

Das ist hier eines der fruchtbarsten Seen- und Hügelgebiete Deutschlands, das seit der Bronzezeit durchgehend besiedelt ist. Wir können davon ausgehen, das wir hier eine Menge finden können: Aus der Eisenzeit, aus der Bronzezeit, aus dem Mittelalter.

Dr. Sven Thomas, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachen-Anhalt

Forschen unter Wasser ist wie arbeiten im Weltall

Um mehr über die Anlage im Süßen See zu erfahren, müssen die Wissenschaftler nicht nur Experten auf dem Gebiet der Archäologie sein, sondern auch tauchen können. Ein einfacher Tauchschein reicht dafür jedoch nicht. Um unter den Bedingungen in der Tiefe, also unter erhöhtem Druck und einem Gefühl ähnlich der Schwerelosigkeit ausdauernd arbeiten zu können, bedarf es einer speziellen Ausbildung: dem Wissenschaftstauchen. Die TU Freiberg z.B. bietet als eine von nur zwei Hochschulen Deutschlands entsprechende Seminare an und ist im April 2020 sogar Gastgeber der 6. Europäischen Konferenz der Wissenschaftstaucher.

Neue Erkenntnisse durch Genproben

Bevor Unterwasser-Archäologe Sven Thomas und sein Team endlich die Grabanlagen untersuchen konnten, mussten sie zunächst die gesamte Anlage und ihr Umfeld genau dokumentieren. Damit ihnen kein wertvoller Hinweis, kein kostbarer Fund entgeht, kamen zusätzlich ein Tauchroboter und Unterwasserkameras zum Einsatz. Auf einer Fläche von rund 500 Quadratmetern wurden so alle Einzelheiten aufgezeichnet. Von der anschließenden Graböffnung erhofft sich Sven Thomas, die Geschichte der Menschen, die hier gelebt haben, genauer zu erzählen.

Durch die Lage unter Wasser könnten wir an gut erhaltene Genproben kommen und damit etwas über die Herkunft, das Leben und die Krankheiten der Menschen erfahren, die hier einmal zu Hause waren.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | Sachsen-Anhalt-Heute | 06. Juni 2019 | 19:00 Uhr