Gender und Theologie Frau. Mann. Sex. Was wirklich in der Bibel steht
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19. Januar 2020, 05:00 Uhr
Was ist normal und was nicht? Schon diese Frage bringt einige auf die Palme. Sie impliziert, etwas sei nicht normal oder unnormal. Speziell in der Debatte um die Geschlechterrollen von Mann und Frau oder Sexualität unterscheidet sich die moderne Sicht gewaltig von der, die Generationen vor uns hatten. Jahrhunderte prägte die Kirche unter Berufung auf die Bibel das Rollenverständnis von Mann, Frau, von Sex mit dem anderen oder dem gleichen Geschlecht.
Um es vorweg zu sagen: In Fragen, die Sexualität betreffen, ist die Bibel nicht eindeutig. Obwohl man das gar nicht glauben mag: Wenn es um Homosexualität, Treue, andere Lebensformen als die traditionelle Ehe oder sexuelle Ausprägungen als Mann und Frau geht, berufen sich schließlich viele auf die Bibel. Genau deshalb steht das Thema Sexualität auch im Mittelpunkt der Theologischen Tage von Halle, sagt Prof. Stefan Schorch von der Theologischen Fakultät der Uni Halle:
Oft wird mit der Autorität der Heiligen Schrift und der Autorität Gottes argumentiert, dass Gott nur zwei Geschlechter vorgesehen habe - nämlich Mann und Frau. Dazwischen gäbe es nichts, so eine gängige Interpretation:
Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.
Diese scheinbar eindeutige Aussage ist für Prof. Schorch gar nicht eindeutig. Er verweist auf das hebräische Original des Textes. Da ist nämlich nicht von Mann und Frau die Rede, sondern, dass Gott zwei Menschen schuf in Körpern mit unterschiedlichen Merkmalen.
Weiblich heißt auf hebräisch "gelocht". Also müssten wir eigentlich übersetzen: 'Als mit Penis versehen und gelocht erschuf er sie.' Das heißt, es kommen nicht Geschlechterollen in den Blick, sondern ausschließlich primäre Geschlechtsorgane.
Für Bibelforscher Prof. Schorch schließt damit die Bibel innerhalb dieser körperlichen Ausprägungen unterschiedlichste Formen von Sexualität nicht aus. Erst in der griechischen Bibelübersetzung sei dann von Mann und Frau die Rede.
Homosexualität – was sagt die Bibel?
Ähnlich offen sei es mit Homosexualität, sagt Professorin Annette Weissenrieder. Allein Paulus erwähne diese Form der Liebe in unterschiedlichsten Zusammenhängen, mit unterschiedlichsten Bewertungen. Auch hier geht es wieder um Begrifflichkeiten:
Was sagt also die Bibel zu Homosexualität, wie kann sie Gläubigen bei Themen wie Inter- oder Transsexualität helfen? Welche Weltsicht liefert die Bibel? Prof. Weissenrieder und Prof. Schorch schauen sich bei dieser Frage verdutzt an.
Also DAS Weltbild DER Bibel finde ich jetzt sehr schwierig zu beschreiben.
Gegenfrage, sagen Schorch und Weissenrieder: Wie soll das gehen? Aus einer Textsammlung, einer ganzen Bibliothek, die über 1.000 Jahre entstanden ist, mit Quellen aus unterschiedlichsten Kulturen und Sprachen, ein Weltbild beispielsweise zum Thema Sexualität zu finden?
Nein, sagen beide, das geht nicht. Die Sicht der Bibel auf dieses Thema ist vielfältig und spiegelt verschiedenste Moralvorstellungen aus Epochen und von Völkern wider.
Uns geht es darum, dass man nicht nur ein Zitat heranzieht und aus dem Zusammenhang herauslöst.
Und ihr Kollege setzt nach:
Dazu gehört auch, dass man innerhalb der biblischen Schriften vorhandene, sehr verschiedene Positionierungen auch wahrnimmt.
Genau das versuchten Religions- und Bibelwissenschaftler auf den theologischen Tagen in Halle unter dem Titel: "Fluides Geschlecht: Bibelwissenschaftliche Perspektiven auf Homosexualität, Transsexualität und Jungfrauenschaft".
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 19. Januar 2020 | 10:20 Uhr
Felix am 23.01.2020
Lieber MDR,
nach Ihrem Artikel geht es aber um die Bibel und Sie schreiben gleich in der Überschrift "Frau. Mann. Sex. Was wirklich in der Bibel steht" . Dann wäre ea auch gut, mal wirklich in die Bibel zu schauen, denn es geht hier nicht um meine Meinung oder die Website der katholischen kirche oder ihre Sicht der Dinge. Ich sage auch nicht, dass alles falsch auf der katholischen Website ist - garantiert nicht - da steht auch viel Richtiges und Gutes - nur heißt es eben nicht, dass auf einer offiziellen Seite automatisch nur alles Richtig ist - und wenn es um die Bibel geht, sollte man eben dort reinschauen. Und meine Erfahrung ist leider, dass auf den offiziellen Seiten der Kirche auch sehr viel Zeitgeist steht.
Es liegt mir fern, Menschen aus welchem Grund auch immer, zu diffamieren - wie Sie darauf jetzt kommen, leuchtet mir nicht ein. Wollen Sie damit von der eigentlichen Diskussion ablenken? Ich schließe mich voll dem "der_Silvio" an: "... lehne ich nicht den Menschen []ab.(s.o.)
MDR-Team am 23.01.2020
Lieber Felix,
Ihre Meinung zum Thema mag eine völlig andere sein. Und das ist auch in Ordnung, macht das offizielle Statement der katholischen Kirche aber nicht automatisch "falsch". Was nicht richtig sein kann, ist Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in irgendeiner Form zu diffamieren oder zu benachteiligen.
Felix am 22.01.2020
Nur weil etwas auf einer offiziellen Website steht, heißt es nicht, dass es richtig ist. Ob nun auf der Website der katholischen Kirche oder auf der Website der EKD - man findet genügend Dinge, die dem heutigen Zeitgeist entsprechen, aber mit der Bibel wenig zu tun haben.
Und auch ein offiziell schwuler Priester macht Ihre Aussage nicht richtiger, sondern bestätigt nur, dass leider auch Christen die Bibel nicht immer ernst nehmen.
Wenn Sie jetzt den Begriff "Homosexualität" nehmen, dann könnte man fast sagen: ja, sie haben Recht, denn diesen Begriff findet man in der Bibel nicht. Homosexualität wird anders umschrieben und diesbzgl. sind alle Stellen in der Bibel ablehnend dazu.