Frühlingssonne küsst Plagegeister wachAlle Mücken sind schon da – auch die exotischen
Man mag seinen Augen nicht trauen, aber es sind tatsächlich schon Mücken unterwegs. Darunter sind immer mehr Exoten, als ob tausende heimische Arten nicht reichen würden. Namen wie "asiatische Tigermücke" wecken durchaus Ängste vor ebenso exotischen Krankheiten. Doch Mückenexperten geben Entwarnung.
Doreen Walter ist Mückenexpertin am Leibnitz-Institut Müncheberg. Normalerweise geht es jetzt im Februar in ihrem Labor noch ruhig zu, schließlich halten die Mücken zu dieser Zeit eigentlich noch Winterschlaf. Doch in diesem Jahr steht das Telefon kaum still. Viele trauen ihren Augen nicht, können erst recht nicht glauben, dass sie schon jetzt von einer "normalen", also heimischen Mücke gestochen werden. Doch bei diesen Temperaturen ist das für Doreen Walter kein Wunder.
Es ist schon so warm, dass die ersten Mücken aus ihren Eiern schlüpfen. Einheimische ebenso wie asiatische Arten.
Dr. Doreen Walter
So erklärt sie es dann den besorgten Bürgern am Telefon. Manche Mücken haben in Eiern, im Schlamm eines kleinen Tümpels überwintert, andere als erwachsene Tiere im feuchten Keller. Nun steigen die Temperaturen und sie kommen heraus. Die jungen um zu wachsen und sich zu paaren, die erwachsenen Mücken, um ihre Eier abzulegen und danach zu sterben. Viele rufen auch an, weil sie Angst davor haben, dass asiatische Mücken schon jetzt tropische Krankheiten, wie Gelbfieber oder Malaria, übertragen. Doreen Walter kann sie weitgehend beruhigen.
Eine Mücke ist erstmal nur eine Mücke und kein Virentransportsystem, das unbegrenzt funktioniert.
Dr. Doreen Walter
Das sei schon durch ihren Lebenszyklus nicht möglich. Mücken leben ein bis zwei Monate. Danach ist die nächste Generation dran und die schlüpfen gänzlich virenfrei aus ihren Eiern. Erst wenn sie dann, hier in Deutschland, einen mit Gelbfieber oder Malaria infizierten Menschen stechen, können sie das Virus weiter geben. Von asiatischen Mückenarten ist bekannt, dass sie dazu in der Lage sind.
Wie gefährlich sind heimische Mückenarten?
Ob auch die heimischen Mückenarten Tropenkrankheiten übertragen können, ist bislang ungewiss. Es wurde noch nicht erforscht. Umfassend dokumentiert ist jedoch, welche Arten es gibt. Es sind tausende, aber nur 50 können stechen und von denen sind es auch nur die Weibchen. Sie brauchen das Blut, um ihre Eier auszubilden - genauso wie die eingewanderten, asiatischen Mücken auch. Im Mückenatlas Deutschland sind sie alle aufgelistet
Mücken reisen in Autoreifen...
Mücken sind nicht, wie andere Insekten, im Koffer oder im Flugzeugt gemeinsam mit den Touristen unterwegs. Sie brauchen Feuchträume und die finden sie in Autoreifen. In Asien werden die Reifen gesammelt und dann nach Deutschland gebracht, Mückeneier inklusive. Auch der Glücksbambus ist ideal als Brutstätte. Es gibt ihn in jedem Baumarkt, er wird in Wasserbehältern verkauft. Das ist eine Einladung für die Weibchen, dort ihre Eier abzulegen.
.... und bequem im Auto
Die asiatische Tigermücke reist auf vier Rädern nach Deutschland. Sie fliegt den Menschen wie ein kleiner blutrünstiger Hund hinterher und steigt so ins Auto mit ein, sagt Doreen Walter. Dort macht es sich die Mücke bequem und wartet bis die Tür das nächste Mal aufgeht - meist in Deutschland, weil das Essen in Frankreich und der Schweiz zu teuer ist, um Rast zu machen. Essen gibt’s also erst in Baden Württemberg, haben Forscher beobachtet. Bei dieser Gelegenheit steigt bzw. fliegt die Mücke dann wieder raus.
So steigt die Zahl der Mückenarten in Deutschland. Wer wissen will, welche Mücken bei ihm herum schwirren, kann sich am Mückenmonitoring beteiligen. Mücke lebend fangen, einfrieren und am nächsten Tag ins Mückenlabor am Leibnitz Institut schicken. So erfahren sie, ob das eine heimische oder eine asiatische Mücke war und bekommen vielleicht auch eine neue Sicht auf diese Tierchen.
Der frühe Vogel freut sich über die frühe Mücke
Haben diese Plagegeister eigentlich auch irgendeinen Nutzen? Das hat sich wohl jeder schon gefragt, der mit ihnen Bekanntschaft gemacht hat. Die Antwort ist ganz klar: Ja. Und zwar mindestens zwei! Zum einen trainieren sie unser Immunsystem, wie Zecken zum Beispiel auch. Mit jedem Stich - oder eben Biss - gelangen Keime in unseren Körper, auch wenn es eben nicht die Viren gefährlicher Tropenkrankheiten sind. Unser Immunsystem wird aktiviert und bleibt "in Form".
Das ist der Nutzen, den wir direkt von der Mücke haben. Indirekt profitieren wir, weil diese Insekten wichtiges Vogelfutter sind. Schwalben zum Beispiel sind auf fliegende Insekten spezialisiert, mit einer Schale Fertigfutter können sie nichts anfangen. Aufgrund der Klimaveränderungen brüten die Schalben immer früher, doch die Jungen verhungern, wenn eben nix fliegt.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 27. Februar 2019 | 17:50 Uhr