Eine Gruppe junger Leute posiert für ein Selfie. 3 min
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Selbstwahrnehmung Krank dank Instagram & Co.?

22. November 2019, 14:33 Uhr

Die einen zeigen auf ihren Social-Media-Kanälen ihren Lifestyle, die anderen schauen ihnen dabei zu und eifern ihnen nach. Kann das krank machen? "Ja!" sagt eine Krankenkasse, "Nein" sagt eine Wissenschaftlerin.

Auf Youtube, Instagram & Co. zeigen Influencer, wie gesund sie leben, was sie essen und wie viel Sport sie machen. Ein Großteil der erfolgreichen Vlogger und Influencer produzieren unglaublich viele Inhalte - thematisch sind sie aber eher einseitig unterwegs: Im Großen und Ganzen geht es nämlich ums Aussehen.

Anderen beim Cool sein zugucken: Was macht das mit uns?

Wie wirkt sich das auf ihre teils sehr jungen Fans aus? Aus Sicht der Kaufmännischen Krankenkasse fatal. Eine von ihr in Auftrag gegebene Umfrage ergab beispielsweise, dass sich jeder sechste 13- bis 18-jährige Schüler sehr häufig bis häufig von Medien, Idolen und Influencern unter Stress gesetzt fühlt. Für Psychologin Franziska Klemm alarmierende Anzeichen, denn die Zahl der ärztlich diagnostizierten Essstörungen - Magersucht, Bulimie, Anorexie, Ess- und Brechsucht und Binge-Eating - steigt. Bei den Elf- bis 17-Jährigen gab es in den vergangenen zehn Jahren einen Anstieg um 22 Prozent, bei den 18- bis 24-jährigen um gut elf Prozent. Nach Angaben der kaufmännischen Krankenkasse liegt die Dunkelziffer aber weit höher.

Was die Zahlen wirklich zeigen

Doch nicht alle Experten arbeiten mit diesen Zahlen. Professor Dr. Silja Vocks ist Fachgebietsleiterin für klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Osnabrück. Sie weist darauf hin, dass sich soziale Medien und Essstörungen nicht auf die gleiche Weise entwickelt haben: Die Nutzung sozialer Medien hat extrem stark zugenommen und es sind auch neue Medien dazu gekommen. Gleichzeitig gab es aber - nach bisherigem Wissensstand - keine Zunahme von Essstörungen.

Sehr dünner Frauenkörper
Die Zahl der Esstörungen ist nicht gestiegen Bildrechte: Westend61

Die Daten für Essstörungen belegen nach ihrer Aussage, dass die Erkrankungsraten für die Essstörungen Annorexia und Bulimie nervosa in den vergangenen Jahren konstant geblieben sind. Die meisten Studien über Selbstwahrnehmung und neue Medien decken aber auch auf: Die Konfrontation mit den schlanken und sportlichen Körpern führt bei Kindern und Jugendlichen zu einer Beschäftigung und Bewertung des eigenen Körpers.

Wer wirklich schuld ist

Für Silja Vocks ist das ist die Frage nach Henne und Ei. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Beschäftigung mit den Posts vermehrt zu körperbezogenen Sorgen führt, zur Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper.

Es könnte aber auch sein, dass die Personen, die in dem Punkt schon verletzlich sind und Probleme mit dem Körperbild haben, verstärkt in sozialen Medien nach Posts suchen, die sich auf Schlankheit und Maskulinität beziehen. Führen also die Schönheitsideale der sozialen Medien zu Essstörungen oder müssen dafür die User schon vorab einen Hang zu Gewichts-Sorgen haben? Antworten werden wohl erst die Untersuchungen in den nächsten Jahren bringen. Noch ist das Phänomen der Influencer nämlich viel zu jung, als dass es darüber klare Aussagen gibt.

Eine Frau macht im Fitnessstudio ein Selfie mit ihrem Smartphone.
Wo ist die Grenze zwischen sinnvoller und gefährlicher Selbstkontrolle? Bildrechte: imago images / Panthermedia

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 22. November 2019 | 10:20 Uhr

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