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EnergiewendeForscher aus Jena verdoppeln Lebensdauer von E-Auto-Batterien

18. Juni 2021, 16:18 Uhr

von Katrin Tominski, MDR WISSEN

Lithium-Metall-Batterien mit durch Kohlenstoff-Nanomembranen modifizierten Separatoren sind "mindestens doppelt so lange" haltbar, wie herkömmliche Akkus, erklären die Forschenden aus Jena. Bildrechte: Sathish Rajendran/WSU

Sie sind die Energiequelle und pulsierendes Herz der E-Autos. Akkus bringen E-Fahrzeuge durch die Stadt, lassen sie über Autobahnen düsen oder auf Landstraßen flanieren. Sie sind der Ersatz für den Tank und bestimmen den Erfolg der E-Mobilität und damit der Energiewende. Die Liste der Kritiker ist jedoch lang: Zu wenig Reichweite, zu geringe Lebensdauer, zu viele Emissionen bei der Herstellung, starke Umweltbelastungen beim Lithium-Abbau, unmenschliche Bedingungen bei der Förderung des Rohstoffmetalls Kobalt. Batterien gelten als Schlüssel für die Elektromobilität. Weltweit arbeiten Experten daran, sie zu verbessern.

Zauberhafte Wirkung durch eine Membran

Ein großer Schritt ist jetzt Forschenden aus Jena mit Kolleginnen und Kollegen aus Detroit und Boston gelungen. Sie schafften es, die Lebensdauer einer Lithium-Metall-Batterie "mindestens zu verdoppeln". Über ihre Methode berichten die Forschenden in der renommierten Fachzeitschrift "Advanced Energy Materials".

Eine kleine Membran kann es richten: In normalen Batterien (li.) wird Lithium während der Ladezyklen ungleichmäßig transportiert und lässt damit sogenannte Dentriten nadelartig wachsen. Dies verursacht Kurzschlüsse und den vorzeitigen Ausfall der Batterien. Mit einer Kohlenstoff-Nanomembran (re.) kann das Wachstum von Lithium-Nadeln unterdrückt werden. Bildrechte: Turchanin et al./Wiley

Bildung von Dentriten konnte gestoppt werden

Den Forschenden gelang es, die Bildung von Dentriten zu stoppen. Lithium-Dendriten sind kleine, nadelartige Strukturen, die ähnlich Stalagmiten in einer Tropfsteinhöhle an der Lithium-Metall-Anode wachsen. Diese Dendriten breiten sich oft so weit aus, bis sie die Separator-Membran, welche die Elektroden voneinander trennt, durchstoßen. Das führt zu einem Kurzschluss und schließlich zur Zerstörung der Batterie. Seit Jahren suchen Experten weltweit eine Lösung für das Problem.

"Deshalb haben wir eine extrem dünne, zweidimensionale Membran aus Kohlenstoff auf den Separator aufgebracht, deren Poren einen Durchmesser von weniger als einem Nanometer haben", erklärte Professor Andrey Turchanin von der Universität Jena. "Diese winzigen Öffnungen sind kleiner als die kritische Keimgröße und verhindern so die Keimbildung, die das Wachsen der Dendriten auslöst. Anstatt dendritische Strukturen zu bilden, lagert sich das Lithium als glatter Film auf der Anode ab." Die Gefahr, dass die Separator-Membran dadurch beschädigt werde, bestehe nicht – die Funktionalität der Batterie werde nicht beeinträchtigt.

Lithium-Ionen bewegen sich zwischen Anode und Kathode

Werden Lithium-Batterien geladen, bewegen sich die Lithium-Ionen zwischen Anode und Kathode hin und her. Immer wenn sie ein Elektron aufnehmen, lagern sie ein Lithium-Atom ab. Diese Atome reichern sich an der Anode an, bilden eine kristalline Oberfläche und wachsen mit diversen Keimen dreidimensional zu Dendriten. Können sich aber nun durch die die dünne, extra installierte Kohlenstoffmembran keine Keime mehr an der Trennwand zwischen den Elektroden (der Separatormembran) festsetzen, wird der Ionentransport homogener und das Entstehen der Dendriten vermieden.

Auch nach hunderten Ladezyklen wuchsen keine Dentriten mehr

"Um unsere Methode zu überprüfen, haben wir Testbatterien, die mit unserer Hybrid-Separator-Membran ausgestattet waren, immer wieder aufgeladen", erklärte Dr. Antony George von der Universität Jena. "Selbst nach Hunderten von Lade- und Entladezyklen konnten wir kein dendritisches Wachstum feststellen."
Professor Leela Mohana Reddy Arava von der Wayne State University in Detroit sieht in einer Stabilisierung der Trennwand eine Verbesserung des gesamten elektrochemischen Systems. "Die Schlüsselinnovation hier ist die Stabilisierung der Elektroden-Elektrolyt-Grenzfläche mit einer ultradünnen Membran, die den aktuellen Batterieherstellungsprozess nicht verändert", erklärte er.

Zum Patent angemeldet

Das Forscherteam ist zuversichtlich, dass seine Erkenntnisse das Potenzial haben, eine neue Generation von Lithiumbatterien hervorzubringen. Deshalb haben die Entwickler ihr Verfahren zum Patent angemeldet. In einem nächsten Schritt soll nun geprüft werden, wie sich die Anwendung der zweidimensionalen Membran in den Herstellungsprozess integrieren lässt. Zudem wollen die Forschenden die Idee auch auf andere Batterietypen anwenden.

Hohe Energiedichte in Batterien vergrößert Reichweite von E-Autos

Batterien mit hoher Energiedichte vergrößern die Reichweite von Elektrofahrzeugen bei gleichem Gewicht und Volumen der Batterie und sorgen dafür, dass tragbare elektronische Geräte mit einer einzigen Ladung länger halten. "Der Separator bekam im Vergleich zu den anderen Komponenten der Batterie bislang am wenigsten Aufmerksamkeit", sagt Sathish Rajendran von der Wayne University. "Das Ausmaß, in dem eine nanometerdicke zweidimensionale Membran auf dem Separator einen Unterschied in der Lebensdauer einer Batterie machen könnte, ist faszinierend."

Originalpublikation:

S. Rajendran, Z. Tang, A. George, A. Cannon, C. Neumann, A. Sawas, E. Ryan, A. Turchanin & L. M. R. Arava: Inhibition of Lithium Dendrite Formation in Lithium Metal Batteries via Regulated Cation Transport through Ultrathin Sub-Nanometer Porous Carbon Nanomembranes, Advanced Energy Materials, 2021, DOI: 10.1002/aenm.202100666

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