Wissenschaft zur Fußball-WM Fußball: Der perfekte Rasen ist eine Wissenschaft

04. Juli 2019, 11:54 Uhr

Frisch grün, glatt, die Halme nicht zu kurz und nicht zu lang - und nach dem Spiel möglichst schnell wieder so schön & perfekt wie vorher: So soll der Fußballrasen sein. Geht das überhaupt? Und wenn ja, wie? MDR Wissen Redakteur Albrecht Wagner hat nachgeforscht.

Rund 200 Millionen Grashalme hat ein durchschnittlicher Fußballrasen. Trittfest und belastbar soll er sein, sich nach den Spielen schnell regenerieren und dazu noch schön grün, fast wie ein Teppich aussehen. Aber was steckt alles in, hinter und unter dem perfekten Fußballrasen? Bezogen auf das Saatgut funktioniert das am besten mit einem Mix aus zwei speziellen Gräsern, sagt Dr. Harald Nonn, der Vorsitzende der Deutschen Rasengesellschaft:

Das ist einmal das Deutsche Weidelgras Lolium perenne, und die Wiesenrispe Poa pratensis, aus diesen beiden Arten werden in aller Regel die Fußballrasen zusammengestellt.

Dr. Harald Nonn

Zwei kräftige, strapazierfähige, schnell- und dichtwachsende Arten. Das richtige Gras ist aber nur einer von vielen Aspekten, wenn es um das perfekte Grün unter den Fußballschuhen geht. Hinter dem glatten grünen Rasen steckt intensive Pflege von speziell ausgebildeten Greenkeepern, denn die Rasenpflege in großen Stadien ist komplex. Das Gras braucht die richtige Menge Feuchtigkeit und ausreichend Nährstoffe. Außerdem werfen die hohen, teils überdachten Ränge der Stadien viel Schatten. Das Gras muss zusätzlich belichtet werden. Auch die häufiger werdenden Extremwetter belasten den Rasen und es gibt natürliche Feinde.

Die natürlichen Feinde sind insbesondere Krankheiten, Pilzkrankheiten, die die Gräser attakieren können, es sind Larven bestimmter Käfer, die im Boden Wurzeln anknabbern können oder auch oberirdisches Pflanzenmaterial.

Dr. Harald Nonn

Denn bei aller Technisierung - ganz zähmen oder ausschließen lässt sich die Natur am Ende nicht, auch nicht im Fußballstadion. Fußballrasen bleibt ein Stück Natur - mit Pflanzen und Tieren.

Keine Wirbeltiere in aller Regel, also Maulwürfe oder Mäuse, die wollen wir weniger haben, aber es gibt Bakterien, Pilze, Käfer, Regenwürmer - all das ist noch da, aber natürlich gegenüber der freien ungenutzten Landschaft schon reduziert.

Dr. Harald Nonn

Was den Rasen künstlich macht, sieht man das?

Als Spieluntergrund bleibt der Naturrasen für Harald Nonn mit Abstand erste Wahl. Auch in den Stadien der Zukunft geht der Weg statt zu Kunstrasen eher zu perfektioniertem Naturrasen, so genanntem Hybridrasen. Das Künstliche bleibt hier aber im Untergrund, zum Beispiel gibt es Plastiknetze, die den Boden verstärken. 

Das, was man sieht, worauf der Spieler spielt, sind alles die natürlichen Gräser. Wenn Kunststofffasern in die Grasnarbe reinragen, dann sind die etwa1,2 Zentimeter über der Erdoberfläche und oben drüber wächst immer noch das Gras.

Dr. Harald Nonn

Perfekter Fußballrasen ist übrigens keine deutsche Eigenheit - es wird in vielen Ländern am optimalen "Fußballgrün" geforscht. Die Rasenwissenschaft ist ein Mix aus den verschiedensten Fachrichtungen, erklärt der Vorsitzende der Deutschen Rasengesellschaft Harald Nonn:

Im Prinzip sind es alle Wissenschaften, die mit Landwirtschaft, mit Landschaftspflege zu tun haben: Von der Bodenkunde über die Biologie, die Botanik, Genetik, Gräserzüchtung. Das zählt alles mit dazu .

Dr. Harald Nonn

In Deutschland gibt es seit 2017 an der Hochschule Osnabrück die erste Stiftungsprofessur Rasenwissenschaft. Das Modul gehört dort zum Bereich Angewandte Nutztier- und Pflanzenwissenschaften. Wer das Fach belegt, lernt alles über "Rasen als Kultur" oder "Rasenanlage und Pflegemanagement" und bekommt im Anschluss ein Zeugnis über "Angewandte Rasenwissenschaft - Applied Turfgrass Science". Ausgehändigt von Wolfgang Prämassing - Deutschlands erstem Rasenprofessor.

Dieses Thema im Programm: MDR Fernsehen | 15. April 2018 | 08:30 Uhr