
Geruchsforschung Liebe geht durch die Nase
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12. März 2019, 13:27 Uhr
Eine zarte Lavendelnote, ein bisschen beruhigende Vanille oder anregende Zitrone: Marketing-Experten nutzen schon seit längerem Düfte, um uns ganz unbewusst länger in Geschäften zu halten oder uns eine Marke sympathisch zu machen. Einige Mode-Hersteller riecht man schon am anderen Ende der Einkaufsstraße. Aber klappt das auch mit Düften, die wir nicht bewusst wahrnehmen? Das haben jetzt Konsumforscher der Universität Magdeburg untersucht.
Wenn wir jemanden "gut riechen können", können wir ihn gut leiden, obwohl wir selten konkret beschreiben können, was tatsächlich so gut an dieser Person duftet. Manche Gerüche bleiben uns so sehr im Geruchsgedächtnis hängen, dass uns ein bestimmter Geruch noch Jahre später an unsere erste Liebe erinnert oder uns zurück ins Klassenzimmer katapultiert. Auf solche unbewusst wahrgenommenen Gerüche setzt die Marketing-Industrie, damit wir uns in einem Geschäft wohler fühlen, vielleicht länger bleiben und etwas kaufen.
Ob das wirklich funktioniert, hat der Konsumforscher Marcel Lichters von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg untersucht. Ergebnis: Mit unbewusst wahrgenommenen Düften lassen sich Konsumenten beeinflussen und zwar mit Langzeiteffekt. Lichters nennt das "nachhallende" Effekte:
Über psychologische Lernprozesse wird den Konsumenten durch die Langzeitbeduftung zum Beispiel antrainiert, dass sie den Service immer positiv wahrnehmen.
Die positive Erinnerung bleibt noch bis zu zwei Wochen, sagt der Junior-Professor für Konsumentenverhalten. In ihrer Untersuchung haben die Magdeburger eine ganze Reihe von Feldstudien mit rund 700 Zug-Pendlern gemacht.
Züge sind dem Forscher zufolge ein ideales Testfeld: Dort riecht es besonders häufig unangenehm. Also wurden die Züge so umgebaut, dass über die Klimaanlage Düfte in den Waggons verbreitet wurden. Der Feldversuch dauerte vier Monate. Wöchentlich wurden "beduftete" Pendler befragt, parallel dazu auf einer Strecke in "unbedufteten" Zügen. So ließ sich also die Wirkung des Duftes herausrechnen.
Veilchenduft macht Service runder
Das Ergebnis der Konsumforscher ist deutlich: Die Pendler in den Zügen, die mit einer Mischung aus Jasminblüten, Melone und Veilchen beduftet wurden, bewerteten zum einen den Service des Personals und die Zugfahrt an sich besser. Zum anderen empfanden sie die Dienstleistung als hochwertiger.
Kritik am Versuch
Im Anschluss an die Studie wurden die Probanden auch über die Beduftung aufgeklärt. Etwa 20 Prozent mahnten an, sie hätten über den Versuch vorab informiert werden müssen. Lichters sagt, das sei in dem Fall nicht möglich gewesen, da es die Studienergebnisse beeinflusst hätte. Die Forscher hoffen aber, dass ihre Ergebnisse zu einer gesellschaftlichen Debatte über die verdeckte Beeinflussung von Konsumenten beitragen können. Gegebenenfalls müsse hier auch der Gesetzgeber regulierend eingreifen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Radio | 11. März 2019 | 17:50 Uhr