Impfen lassen oder nicht?
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Cochrane-Review Analyse: Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken wirken

20. April 2020, 17:23 Uhr

Wie wirksam sind Impfungen gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken? Seit Jahrzehnten gibt es erbitterte Debatten um angebliche Nebenwirkungen wie Autismus. Eine neue Metastudie sorgt jetzt für Klarheit.

Wie wirksam, sicher und lang- oder kurzlebig sind Impfstoffe gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken? Alles hochansteckende, von Viren verursachte Infektionskrankheiten, gegen die in der Medizin seit Jahrzehnten mit Impfstoffen vorgebeugt wird. So ansteckend die Viren sind, so hartnäckig ist auch die Skepsis gegen die medizinischen Wirkstoffe. Eine neue Überblicksstudie hat jetzt Daten aus 138 randomisierten und nicht-randomisierten Studien neu bewertet - zuletzt hatte es 2012 zu Fragen über Wirksamkeit, Langlebigkeit und Risiken einen Studien-Überblick gegeben. Für die Überblicksstudie wurden zum einen 51 Studien herangezogen, die die Wirksamkeit der Impfstoffe anhand von 10 Millionen Kindern bewerteten. Zum anderen untersuchten 87 Studien die Schäden, und zwar auf Basis der Daten von 13 Millionen Kindern.

Randomisierte / nicht-randomisierte Studie

Für randomisierte Studien wird eine Versuchsgruppe in zwei oder mehrere Gruppen aufgeteilt: Die eine Gruppe bekommt zum Beispiel das tatsächliche Testmedikament, die Kontrollgruppe erhält ein herkömmliches Mittel, ein Placebo oder gar nichts. Wissen weder Patienten noch Forschende, wer Medikament oder Placebo erhielt, ist es eine Doppelblind-Studie, wissen es nur die Forschenden nennt man die Studie "einfach-blind". Bei nicht-randomisierten Studien werden die Teilnehmenden verschiedenen Behandlungsmethoden zugewiesen.

Wirksamkeit bei Mumps & Masern

Der neue Cochrane-Review-Studienautor Dr. Carlo Di Pietrantonj vom italienischen Regionalen Referenzdienst für Epidemiologie zufolge bei Masern: Wer einmal geimpft ist, ist zu 95 Prozent sicher vor der Krankheit. Eine zweite Impfdosis erhöht diesen Wert unwesentlich auf 96 Prozent. Etwas anders bei Mumps. Hier sind nach einer Dosis 72 Prozent sicher. Nach zwei Dosen wirkt der Impfstoff bei 86 Prozent.

Wirksamkeit bei Röteln und Windpocken

Kind mit Windpocken
Kind mit Windpocken Bildrechte: Colourbox.de

Für Röteln und Windpocken zeigen die Daten-Analysen dem Forscher zufolge ebenfalls, dass die Impfstoffe wirken. Nach einer Impfdosis war der Impfstoff zu 89 Prozent wirksam, um einer Rötel-Erkrankung vorzubeugen. Der kombinierte MMRV-Impfstoff (Mumps, Masern, Röteln, Varizellen) schützte nach zehn Jahren zu 95 Prozent vor Windpocken - bei Kontakt mit Windpocken-Viren würden sich also fünf von 100 geimpften Kindern anstecken.

Impfung - Autismus-Risiko?

Der Studienautor und Medizinstatisikter Di Pietrantonj sagt: "Die Risiken, die von diesen Krankheiten ausgehen, überwiegen bei weitem die Risiken der zur Vorbeugung verabreichten Impfstoffe." Er belegt das mit der Analyse zweier Studien mit knapp 1,2 Millionen Kindern am Beispiel des Vorwurfs: Impfungen könnten Autismus verbreiten. Die Studien zeigten: Die Menge der diagnostizierten Fälle von Autismus ähnelte sich bei geimpften und nicht geimpften Kindern - 451 Fälle bei nicht geimpften Kinder und 419 Fälle bei geimpften.

Das widerlege den Verdacht eines Zusammenhangs zwischen dem MMR-Impfstoff und Autismus, erklärt Epidemiologie-Forscher Di Pietrantonj. Auch zwei weitere Studien mit knapp 1,1 Millionen Kindern hätten keinen Beweis für einen Zusammenhang zwischen Impfstoffen und anderen Erkrankungen gebracht. Dazu zählen sie: Enzephalitis, entzündliche Darmerkrankungen, Morbus Crohn, kognitive Verzögerung, Typ-1-Diabetes, Asthma, Dermatitis/Ekzem, Heuschnupfen, Leukämie, Multiple Sklerose, Gangstörungen und bakterielle oder virale Infektionen.

Was sind Cochrane-Reviews?

Cochrane ist ein weltweites Netzwerk von Menschen mit Spezialkentnissen in der Wissenschaft, der klinischen Forschung, der Medizin und von Gesundheitssystemen. Systematische Analysen von wissenschaftlichen Untersuchungen ermöglichen verlässliche und zugängliche Gesundheitsinformationen. Namensgeber für das Netzwerk ist Archibald Leman Cochrane, ein britischer Mediziner und Epidemiologe, der als Gründer der evidenzbasierten Medizin gilt.

Die Untersuchung "Cochrane Database of Systematic Reviews: Di Pietrantonj C, Rivetti A, Marchione P, Debalini MG, Demicheli V. Vaccines for measles, mumps, rubella, and varicella in children" ist in Cochrane Database of Systematic Reviews erschienen.

(lfw)

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