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Energiewende und StrukurwandelKohle adé: Region Leipzig-Bitterfeld soll neue Energie bekommen

02. September 2020, 15:34 Uhr

Weg von der Kohle, hin zu Erneuerbaren Energien. Ein Modellprojekt und ein Innovationscluster sollen den Strukturwandel zwischen Borna, Leipzig und Bitterfeld unterstützen. Das Ziel: Klimaneutrale Wärme für Mitteldeutschland.

Leipzig, Borna und Bitterfeld werden noch immer von Kohleenergie versorgt. Das soll sich jetzt ändern. Forscher arbeiten in einem Modellprojekt an der Wärmewende. Bildrechte: MDR/Duy Tran

Leipzig, Borna, Bitterfeld - diese Städte gelangten in der DDR durch Kohle, Kohlekraft und Tagebaue zu trauriger Berühmtheit. Einst schrieb die Schriftstellerin Monika Maron in ihrem Roman "Flugasche" über ihr Bitterfeld als den "dreckigsten Ort Europas". Schulkinder aus der Region reisten jedes Jahr zum Kuraufenthalt an der Ostsee, um die Atemwege mal wieder frei zu kriegen. Saale und Elster trugen Schaumschichten, glichen eher einem Abwaschbecken als einem Fluss.

Heute plätschert Wasser in den Seen der alten Tagebaue, die Luft ist sauber, die Flüsse ohne Schaum. Kohle wird trotzdem noch abgebaut, das Kraftwerk Leipzig-Lippendorf versorgt die Region mit Energie und Wärme aus Braunkohle. Doch auch das soll sich ändern. Um von Kohleenergie unabhängig zu werden und den Strukturwandel voranzutreiben, haben die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig), das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Netzwerk Energie und Umwelt Leipzig (NEU) am Dienstag das Modellprojekt "RegioZukunft:Wärme" gestartet. Ein Innovationscluster zwischen Borna, Leipzig und Bitterfeld soll den Strukturwandel unterstützen. Das Ziel ist: Klimaneutrale Wärme für Mitteldeutschland.

Leipzig von Kohleausstieg unmittelbar betroffen

"Die mitteldeutsche Region ist durch eine jahrzehntelange wirtschaftliche Orientierung auf die Gewinnung, Verarbeitung und Verstromung von Braunkohle geprägt", sagte Markus Krabbes, Professor für Informationssysteme an der HTWK Leipzig. "Mit dem Kohleausstieg bis 2038 steht sie daher vor enormen Herausforderungen. Durch die bisherige Fernwärmeversorgung Leipzigs aus dem Kraftwerk Lippendorf ist auch die Stadt von dem angestrebten Kohleausstieg unmittelbar betroffen.“

Modellprojekt zur Wärmegewinnung

Ziel sei, eine gemeinsame Vision für die Wärmeversorgung der Zukunft auf der Basis erneuerbarer Energien zu entwickeln. "Langfristig wollen wir mit neuen Wärmegewinnungs- und Wärmespeichertechnologien sowie Ausbau und Verknüpfung der Kapazitäten Perspektiven für Wertschöpfung und Beschäftigung in einer Region im Strukturwandel schaffen“, sagte Kai-Uwe Blechschmidt, Vorsitzender des Energienetzwerk "NEU". Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gefördert.

Vision: Überschüssige Wärme für den Winter speichern

Konkret sollen die Forscher für die Region Borna-Leipzig-Bitterfeld ein Zukunftskonzept für Wärmewende und Sektorkopplung erarbeiten. Ein Innovationscluster soll den Strukturwandel unterstützen. "Eine Vision ist, das gesamte Jahr hindurch überschüssige Wärme so zu speichern, so dass sie im Winter fürs Heizen wiederverwendet werden kann", hieß es.

Eine Vision ist es, überschüssige Wärme/Kälte zu speichern und im Winter zum Heizen sowie im Sommer zum Kühlen zu nutzen. Die dafür nötigen Erdwärmesonden planen die Forschenden mithilfe von Virtual Reality. Bildrechte: Lars Bilke/UFZ-Vislab

Neue Technologie für klimaneutrale Transformation der Stadt

Der Fokus des Strukturwandels liegt auf einer klimaneutralen Transformation der Region Leipzig und Bitterfeld. "Wir wollen ökonomisch effiziente, ökologisch nachhaltige, sozial verträgliche und versorgungssichere Konzepte zur Wärme- und Kälteversorgung von Städten und Stadtregionen entwickeln“, sagte Dieter Rink, Stadtsoziologe am UFZ. "Ich freue mich auf die gefundene Konstellation aus Leipzig, Borna und Bitterfeld. Städte werden ihre Strom- und Wärmeversorgung nur im Verbund klimaneutral umsetzen können."

Energie für Räume beträgt ein Drittel des deutschen Energieverbrauchs

Nicht die großen Industrieanlagen, sondern die Wärme- und Kälte-Klimatisierung in Gebäuden verursacht ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland, erklären die Forscher. Dem Heizen oder Kühlen von Räumen komme daher in der Energiewende "eine entscheidende Rolle zu".  Zwar seien auch regenerativen Energieträgern in Gang gekommen, deren Anteil stagniere jedoch seit bald zehn Jahren bei gerade einmal 14 Prozent. In Großstädten mit Systemen zur Fernwärmeversorgung sei der Anteil regenerativer Energie häufig noch deutlich geringer. "Gerade hier braucht es deshalb dringend Lösungen für eine klimaneutrale Umstellung des Wärmesektors", hieß es.

Grundlage: Forschung zu dezentraler Wärmeversorgung

Basis des Modelprojekts sind den Wissenschaftler zufolge bisherige Forschungsprojekte zur Gestaltung des Wärmeenergiesektors, unter anderem Forschungen zur dezentralen Wärmeversorgung für Stadtquartiere durch oberflächennahe Geothermie sowie Kooperationen mit im Rahmen der Leipziger Digital-Hub-Initiative "Smart Infrastructure".

Förderprogramm: "WIR! – Wandel durch Innovation in der Region"Mit dem Programm "WIR! – Wandel durch Innovation in der Region" gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Anstoß für neue regionale Bündnisse und einen nachhaltigen innovationsbasierten Strukturwandel in allen strukturschwachen Regionen Deutschlands. Eins der bewilligten 44 WIR!-Bündnisse der 2. Förderrunde ist das Projekt "RegioZukunft:Wärme".

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