Psychologie Helm wirkt - aber anders, als wir denken

16. August 2019, 11:55 Uhr

Was machen Sie, wenn sie sich sicher fühlen wollen? Wie wäre es damit: Setzen Sie sich einfach einen Helm auf. Eine Wissenschaftlerin aus Jena hat nämlich herausgefunden: Der Helm vermittelt uns ein Gefühl von Sicherheit, sogar wenn er gar nicht gebraucht wird, etwa vor dem Rechner oder beim Kartenspielen.

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Selbst dann, wenn sie gar nicht gebraucht werden, etwa beim Kartenspiel am Computer.

MDR AKTUELL Do 15.08.2019 14:51Uhr 02:40 min

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Sie sitzen vor einem Computer und spielen ein Kartenglücksspiel. Entscheiden Sie sich für die riskante Variante und gehen ein Risiko ein, oder setzen Sie erstmal wenig? Wie Sie sich entscheiden, kann maßgeblich beeinflusst werden und zwar von einem Helm. Zu diesem Ergebnis kam 2016 eine britische Studie aus Bath. Demnach waren Menschen mit Helm eher bereit, ein Risiko einzugehen. Diese Aussage hat Psychologin Barbara Schmidt der Uni Jena getestet und die Studie nachgestellt. Waren die Helmträger auch bei ihr risikobereiter? Barbara Schmidt sagt, es ändere das Risikoverhalten:

Ich würde jetzt nicht sagen, sie verhalten sich generell riskanter, aber es ist auf jeden Fall verändert und sie wägen weniger ab.

Dr. Barbara Schmidt, Uni Jena
Nahaufnahme des aufgesetzten Helms mit Kamera
Die Jenaer Psychologin Dr. Barbara Schmidt mit Fahrradhelm, auf dem ein Eyetracker montiert ist, der die Augenbewegungen messen kann. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU

Anders als bei der Vorgängerstudie haben Barbara Schmidt und ihr Team allerdings die Hirnaktivität gemessen, während die Probanden Karten spielten. Dabei stellten sie zwei Dinge fest: Im Spiel selbst war es egal, ob ein Teilnehmer einen Helm trug. Er spielte dadurch nicht riskanter. Im Hirn aber zeigte sich ein anderes Bild: Das Tragen eines Helmes wirkte sich auf die Wahrnehmung aus. Helmträger wägten weniger ab. Sie fühlten sich sicherer. Und das, obwohl der Helm in der Situation völlig unnötig war. Den Spielern wurde gesagt, über eine Kamera im Helm würden ihre Augenbewegungen gemessen, und während des Aufsetzens und Anpassen wurde angeblich die Kamera justiert und eingestellt.

Das wirkt schon. Das ist eine subtile Manipulation und hat nichts mit diesem Computerspiel zu tun, die waren in keinem Fall sicherer oder irgendwas durch diesen Helm.

Dr. Barbara Schmidt

Die Macht der Worte

Allein weil wir dem Helm zuschreiben, dass er uns schützt, ist er mit dieser Bedeutung aufgeladen, völlig unabhängig von der Situation, ob vor dem PC oder im Straßenverkehr. Messen konnte die Forscherin das in der sogenannten "Frontal Midline Theta Power" – das ist die Hirnaktivität, die das Abwägen während Entscheidungsprozessen kennzeichnet. Ähnlich funktionieren Talismane oder Glücksbringer. Weil wir daran glauben, dass sie uns gegen Unheil schützen, fühlen wir uns sicherer. Für die Psychologin Barbara Schmidt ist das spannend, weil sie sich, abgesehen von Helmen, mit Hypnose-Therapie beschäftigt.

Probandin sitz mit aufgesetzten Helm vor Monitor und löst Aufgaben.
Psychologin Dr. Barbara Schmidt demonstriert den Versuchsaufbau. Das Ergebnis der Studie: Der Fahrradhelm suggeriert Sicherheit, sogar wenn die Trägerin gar nicht auf einem Rad sitzt. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU

Unter Hypno-Therapeuten ist das eine Standardmethode, die Grundlage jeder Therapie: Dass der Patient sich sicher fühlt, weil man erst dann therapeutisch arbeiten kann. Ich sage tatsächlich, 'du fühlst dich jetzt sicher und du bist an einem sicheren Ort, wo du geborgen bist und nichts passiert dir'. Das ist sehr offensichtlich und wirkt auch sehr gut.

Dr. Barbara Schmidt

Denkbar wäre es, die Therapie zu kombinieren mit Gegenständen, die Patienten helfen, sich sicher zu fühlen. So lustig es klingt: Da kommt nun auch ein Fahrradhelm in Frage. Wenn man das Ganze übrigens auf den Straßenverkehr überträgt, gibt Barbara Schmidt Entwarnung: Es gibt keine Studie, die belegt, dass sich Fahrradfahrer riskanter verhalten, wenn sie einen Helm tragen. Nur weil man sich sicher fühlt, heißt das nicht, dass man sich riskanter verhält.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 15. August 2019 | 17:50 Uhr