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Fußballer wird nach Schädelhirntrauma vom Platz getragen. Bildrechte: IMAGO / ActionPictures

MedizinSchädelhirntrauma kann Alzheimer begünstigen

27. Februar 2024, 14:45 Uhr

Beim Autounfall aufgeknallt, mit dem Fahrrad gestürzt, die Treppe heruntergefallen - das Schädelhirntrauma gehört zu den häufigsten Todesursachen. Doch auch wer überlebt oder nur eine leichte Form des Traumas hat, könnte mit gravierenden langfristigen Folgen kämpfen. Forscher fanden jetzt heraus: Das Trauma kann das Gehirn langfristig schädigen und zu Alzheimer führen.

Die Karte zeigt die Konzentration von Tau-Proteinen (BP-ND z-Score - blau) im Gehirn von Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma. Mutationen des Tau-Proteins können zu neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer führen. Bildrechte: N. Gorgoraptis et al., Science Translational Medicine (2019)

Schädelhirntraumata können offenbar zu einer lang anhaltenden Neurodegeneration führen. Das haben jetzt Forscher des "Imperial College London" herausgefunden. "Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Schädel-Hirn-Trauma eine fortschreitende Anreicherung von Tau auslösen kann, einem Protein, das das Gehirn degeneriert und eine wichtige Rolle bei der Alzheimer-Krankheit spielt", schreiben die Wissenschaftler in einer Zusammenfassung. Bislang sei nur wenig über die chronischen Auswirkungen von Schädelhirntraumata bekannt. Die Studie könnte nun die Diagnose und Überwachung von Hirnschäden bei verletzten Patienten verbessern.

Trauma-Patienten mit mehr Tau-Proteinen

Die Forscher untersuchten in einer Studie 21 Teilnehmer, die vor mindestens 18 Jahren aufgrund von Verkehrsunfällen oder Körperverletzungen ein Schädelhirntrauma erlitten. Diese Ergebnisse stellten sie den Messdaten von elf gesunden Probanden gegenüber. Fazit: Die Menschen mit einem erlebten Schädel-Hirn-Trauma wiesen mehr Ablagerungen des Tau-Proteins auf. Dieses Protein schädigte zudem die weiße Substanz des Gehirns, also das Gewebe, das Neuronen isoliert und nährt. Gleichzeitig erzielten die Probanden mit einem Trauma schlechtere Ergebnisse bei Tests des Gedächtnisses und der kognitiven Leistung.

Wie können die Forscher in das Gehirn blicken?

Die Forscher nutzten für die Studie das PET-Bildgebungsverfahren. Die sogenannte Positronen-Emissions-Tomographie (PET) erzeugt Schnittbilder von lebenden Organismen, indem sie die Verteilung einer schwach radioaktiv markierten Substanz (Radiopharmakon) im Organismus sichtbar macht. In diesem Fall nutzten die Mediziner die Substanz Flortaucipir, welche sich an das Protein Tau bindet. Der Arzt Nikos Gorgoraptis und seine Kollegen scannten alle Probanden und konnten somit sehen, wie sich das Tau-Protein abgelagert hatte, dessen Mutation zu Alzheimer führen kann. Bislang wurden Studien dieser Art vor allem bei Sportlern durchgeführt, die überdurchschnittlich oft ein Schädel-Hirn-Trauma erleiden. Für die neue Studie untersuchten die Londoner Wissenschaftler jedoch Patienten, die erst einmal ein Schädel-Hirn-Trauma hatten. Die Ergebnisse sind in Science Translational Medicine erschienen.

Tau-ProteineDas Tau-Protein ist ein Protein, dessen Mutationen das Gehirn zerstören und zu neurodegenerativen Erkrankungen - unter anderem Alzheimer führen können. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird das Tau-Protein chemisch verändert. Das veränderte Protein sammelt sich an der Nervenzelle. Dadurch stört es die Kommunikation in und zwischen den Nervenzellen. Diese verlieren ihre Form und ihre Funktionen und zerfallen. Betroffen sind die Regionen im Gehirn, die für das Gedächtnis, das Denken, die Sprache und die Orientierung zuständig sind: die Großhirnrinde und der Hippocampus.

(tomi)

Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 21. September 2018 | 17:15 Uhr