Katze mit Spielzeug
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Virusmutation Katzen-Corona: Neues Virus tötet tausende Haustiere auf Zypern

20. November 2023, 04:59 Uhr

In Zypern sterben tausende Katzen. Ein britisches-zyprisches Forscherteam hat jetzt die Kombination eines Katzen- und Hunde-Coronavirus gefunden. Diese hochansteckende und sich schnell ausbreitende Virusmutation könnte Ursache des massenhaften Sterbens der beliebten Haustiere sein. Laut der Forscher habe das Katzen-Coronavirus FCoV Erbinformationen des Hunde-Coronavirus pCCoV, welche viele Gewebe gleichzeitig infiziert.

Fieber, geschwollene Bäuche und Lethargie: Tierärzte auf Zypern vermuteten schon, dass diese Symptome auf die infektiöse Bauchfellentzündung bei Katzen (Katzenperitonitis) hinweisen, die durch eine Art Katzen-Coronavirus verursacht wird. Allein die Explosion der Fälle – tausende Katzen verenden derzeit auf Zypern – schien große Rätsel aufzugeben.

Jetzt haben Wissenschaftler eine Erklärung gefunden. Wie ein Forscherteam herausfand, könnte ein neuer Stamm des Katzen-Coronavirus verantwortlich sein. Dieser soll wichtige RNA-Sequenzen von einem hochvirulenten Hunde-Coronavirus (pCCoV) übernommen haben. Die Forschenden haben ihre noch nicht unabhängig begutachteten Ergebnisse als Preprint auf der Plattform "bioRxiv" veröffentlicht.

 Eine Katze spielt am 26.05.2014 in Hannover (Niedersachsen) mit einer kurz zuvor gefangenen Maus.
Zypern wird auch als Insel der Katzen bezeichnet - hier gibt es mit 1,17 Millionen Tieren mehr Katzen als Einwohner. Viele Katzen darben ihr Dasein als Straßenkatzen, einst wurden sie zur Bekämpfung von Schlangen auf der Insel angesiedelt. Bildrechte: picture alliance / dpa | Julian Stratenschulte

Proben aus Bäuchen und Wirbelsäulen kranker Katzen

Um herauszufinden, was die neuen Infektionen verursacht, entnahmen die Forschenden der Universität Edinburgh und der Veterinärmedizin des Landwirtschaftsministeriums Zypern Flüssigkeitsproben aus den Bäuchen und Wirbelsäulen kranker Katzen, die in Kliniken auf Zypern eingeliefert wurden. Mithilfe der RNA-Sequenzierung suchten sie nach viralen Erbinformation. Dabei fanden sie ein bisher unbeschriebenes Katzen-Coronavirus, das sie FCoV-23 nannten und das einen großen Teil der RNA des pantropischen Hundevirus (pCCoV) enthält. Das "pantropisch" in seinem Namen bedeutet, dass es im Gegensatz zu den normalen Coronaviren des Hundes viele verschiedene Gewebe infiziert.

Zwei Katzen, die sich lieb haben
In Deutschland leben viele Katzen in Wohnungen. In Zypern hingegen schlagen sich viele streunende Katzen allein durch - und sind durch eine schlechte Versorgung auch anfälliger für Krankheiten. Bildrechte: Christin Willkommen

Mix aus Hund-Katze-Coronavirus ist hochansteckend

Laut den Forschenden ist die neue Kombination Hund-Katze-Corona-Kombination FCoV-23 hoch ansteckend, breitet sich schnell aus und infiziert Katzen jeden Alters. Zudem verlaufe die Erkrankung sehr zügig. FCoV-23 werde über Fäkalien der Tiere und über orale Wege übertragen. "Die hohe Sequenzidentität von Isolaten aus Katzen in verschiedenen Bezirken der Insel spricht für eine direkte Übertragung", erklären die Wissenschaftler. Im Vergleich zu anderen Katzen-Coronaviren weise diese aktuelle Mutation Veränderungen in der Rezeptorbindung und "wahrscheinlich im Zelltropismus" hin. Diese Eigenschaften könnten der Grund sein, warum sich die schwere Katzen-Krankheit auf der Insel so gravierend verbreitet hat.

Bislang mindestens 8.000 Katze auf Zypern gestorben

Medienberichten zufolge sind seit dem Ausbruch der Hund-Katze-Corona-Mutation mindestens 8.000 Katzen bislang gestorben sein. Tierschützer meldeten sogar 300.000 Fälle. Anfang der Woche ist die erste Erkrankung in Großbritannien registriert worden.

Die zwei Monate alte Katze Delayla
Der erste Fall der Katzenperitonitis durch die neue Kombination FCoV-23 wurde jetzt auch in Großbritannien gemeldet. Bildrechte: dpa

Das Risiko der artenübergreifenden Übertragungen

Laut der Forschenden gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass das Virus Menschen, Hunde oder andere Haustiere infizieren kann. Trotzdem warnen die Wissenschaftler grundsätzlich vor der artenübergreifenden Übertragung von Viren. "Die artenübergreifende Übertragung von Coronaviren (CoV) stellt eine ernste Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar", erklären sie in der Studie. "Haustiere werden im Übertragungszyklus von Viruskrankheiten oft übersehen. Das große RNA-Genom der Corona-Viren weist zwar relativ niedrige Mutationsraten auf, aber Rekombinationen innerhalb der Gattungen werden häufig beobachtet und nachgewiesen."

Die enge Verwandtschaft von Katzen- (FCoV) und Hunde-Coronaviren (CCoV) mit den menschliche Erkältungscoronaviren (hCoV-229E) sowie auch die Anfälligkeit der Haustiere für das menschliche Pandemievirus SARS-CoV-2 verdeutlichten, wie wichtig Haustiere in potenziellen Übertragungszyklen sind.

Die artenübergreifende Übertragung von Coronaviren (CoV) stellt eine ernste Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Haustiere werden im Übertragungszyklus von Viruskrankheiten oft übersehen.

Autoren der Studie "Emergence and spread of feline infection peritonitis due to a highly pathogenic canine/feline recombinant coronavirus"

Applaus auch von anderen Forschern

Die Ergebnisse des britisch-zyprischen Forschungsteams sind mit Spannung aufgenommen worden. "Sie haben hervorragende Arbeit bei der Identifizierung eines sehr interessanten und besorgniserregenden Virus geleistet", erklärte Gary Whittaker, ein Virologe am Cornell University College of Veterinary Medicine. Obwohl schon früher über Kreuzungen zwischen Coronaviren von Hunden und Katzen berichtet wurde, sei dies der erste dokumentierte Fall, in dem ein Katzen-Coronavirus mit pCCoV kombiniert wurde, was offenbar zu einem "perfekten Sturm von Krankheit und Übertragbarkeit" führte.

Die Nase einer Katze
Die für Katzen hochansteckende Coronavirus-Mutation FCoV-23 wird über Mund und Nase sowie über Fäkalien der Tiere übertragen. Bildrechte: dpa

Folgen für Englands Hauskatzen unklar

Ob sich die Katzen-Corona-Erkrankungen in England so schnell und weit ausbreiten werden, ist noch unklar und kann nur geschätzt werden. Amanda Warr, eine an der Studie beteiligte Forscherin, schrieb beim Twitter-Nachfolger X: "Ich muss klarstellen, dass es sehr schwierig ist, vorherzusagen, ob sich das Virus hier oder in anderen Ländern stark ausbreiten wird." Auf Zypern gebe es sehr viele Katzen, das fördert eine Ausbreitung. Aber die Tiere dort haben wohl eine gewisse Immunität gegen Vorläuferviren, was bei Katzen in Großbritannien möglicherweise nicht der Fall ist.

Links/Studien

Bei ihrer Studie, die bisher als sogenanntes Preprint veröffentlicht wurde und noch nicht von unabhängigen Fachkolleginnen und -kollegen begutachtet wurde, ging das Team der Frage nach, was hinter dem Katzencorona-Ausbruchs auf Zypern steckt.
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2023.11.08.566182v1.full

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