Professor Samer Ezziddin, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin, Universität des Saarlandes
Samer Ezziddin hat die neuen Strahlentherapie bei 20 Patienten angewendet. Bildrechte: Universität des Saarlandes/ Thorsten Mohr

Weniger Nebenwirkungen, mehr Lebenszeit Neue Strahlentherapie bei Prostatakrebs

25. November 2019, 15:18 Uhr

Was tun, wenn alle Mittel eingesetzt wurden und der Prostatakrebs trotzdem nicht zurückgeht? Mediziner aus Saarbrücken machen austherapierten Patienten Hoffnung mit einer neuen Strahlentherapie.

Es ist die Hoffnung auf eine Verlängerung des Lebens um Monate, vielleicht sogar Jahre und auf mehr Lebensqualität trotz Prostatakrebs. Größere Erwartungen möchte Samer Ezziddin, Professor für Nuklearmedizin und Direktor der gleichnamigen Klinik am Universitätsklinikum des Saarlandes, nicht wecken. Denn "heilen können wir die betroffenen Patienten, die an unserem Therapieprogramm teilgenommen haben, meist nicht", so der Mediziner. Aber die Krankheit eindämmen, Tumore angreifen und das bei deutlich geringeren Nebenwirkungen.

Was haben die Forscher gemacht?

Ezziddin und sein Team haben die in Heidelberg entwickelte Radionuklidtherapie-Methode angewandt. Dabei werden Tumore gezielt von innen bestrahlt und damit zerstört, indem eine radioaktiv strahlende Substanz, über die Vene verabreicht, kontinuierlich in die Zellen eingespeist wird. Allerdings haben die Mediziner nicht eine, sondern zwei Substanzen miteinander kombiniert.

Zum einen kam Lutetium-177 zum Einsatz. Die radioaktive Substanz hat einen Wirkradius von 0,5 bis 10 Millimetern, in dem es das umliegende Gewebe zerstört. Lutetium-177 wirkt nach Angaben der Mediziner sehr zielgenau, da es fast ausschließlich an Prostatatumoren andockt. Allerdings lassen sich damit kleine Tumore nur schwer bekämpfen. Dafür wird ein weiteres radioaktives Nuklid für die Therapie verwendet: Actinium-225. "Dieser Strahler zeigt sehr gute Ergebnisse, seine Reichweite liegt weit im Sub-Millimeter-Bereich", erläutert Samer Ezziddin den Vorteil in einer Mitteilung der Uni.

Was bedeutet: Weniger Nebenwirkungen?

Durch diese Kombination konnte insgesamt deutlich weniger Actinium-225 eingesetzt werden. Denn das hat einen entscheidenden Nachteil: Die Speicheldrüsen der Patienten nehmen es auf, eine extreme Mundtrockenheit kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen.

Elf Monate mehr Lebenszeit

Die Mediziner haben die Erfahrungen mit 20 Patienten in einer Studie veröffentlicht. Die Männer im Alter von 57 bis 88 Jahren waren bereits sehr stark vortherapiert, so Ezziddin. "Bei vielen hätte man bisher gesagt, dass man nichts mehr machen kann." Das Team der Uniklinik Saarbrücken konnte bei 14 von 20 Patienten während der Behandlung mit dem Tandem-Präparat einen starken Rückgang des Tumormarkers beobachten. Das ist der Wert, der anzeigt, wie viel Tumormasse sich noch im Körper befindet. Die Überlebensdauer lag nach Beginn der Tandemtherapie im Median bei elf Monaten – und zwar ohne gravierende Einschränkungen der Lebensqualität, so die Mediziner.

Link zur Studie

Die Studie "225Ac-PSMA-617/177Lu-PSMA-617 tandem therapy of metastatic castration-resistant prostate cancer: pilot experience" ist im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging erschienen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | BRISANT | 19. November 2019 | 17:15 Uhr

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