Science vs. Fiction Tödliche Fallen: Warum "Kevin – Allein zu Haus" der brutalste Weihnachtsfilm ist

25. Dezember 2021, 13:00 Uhr

Alle Jahre wieder läuft "Kevin – Allein zu Haus" im Weihnachtsprogramm. Und alle Jahre wieder will Kevin zwei Einbrecher abschrecken und baut im ganzen Haus ziemlich brutale Fallen auf. Fliegende Farbeimer, flambierte Köpfe und ein fetter Stromschlag. Könnten die beiden auch nur eine Falle davon überstehen? Wie erginge es Harry und Marv wirklich, nachdem sie Kevins Haus betreten haben?

Macaulay Culkin als Kevin, 2003
Kevin – Allein zu Haus. Erstaunlich, dass die Einbrecher diese Wurfgeschosse ohne große Verletzungen im Gesicht überleben. Bildrechte: IMAGO / United Archives

DER Kevin-Klassiker sind die pendelnden Farbeimer. Die hat Kevin mit Seilen oben am Treppengeländer befestigt. Als die Einbrecher Harry und Marv die Treppe hochkommen, wirft Kevin die Farbeimer runter und die Pendelgeschosse treffen die beiden mitten ins Gesicht. Und als ob das nicht schon genug wäre werden sie noch in hohem Bogen von der Treppe geschleudert. Also ein Treffer ins Gesicht und dann ein Sturz auf den Hinterkopf.

So ein Farbeimer wie im Film gezeigt wiegt fünf bis sechs Kilogramm. Wenn Harry und Marv das mit voller Wucht ins Gesicht bekommen, hätten sie eigentlich ein echtes Problem. Denn gerade im Gesicht sind die Knochen besonders dünn.

Dr. Mark Benecke ist Kriminalbiologe. Er hat schon die SAW-Fallen für uns analysiert und weiß, was für unseren Körper gefährlich werden kann. Kevins pendelnde Farbeimer gehören auf jeden Fall dazu.

Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke beim Dreh von Science vs. Fiction
Dr. Mark Benecke klärt auf: 1.000 Grad heiße Lötlampe, das geht nicht ohne schwerste Verbrennungen. Bildrechte: MDR

Die Knochen um Augen und Nase sind empfindlich. Und das führt dann natürlich dazu, dass du da Knochenrisse oder Knochenbrüche haben kannst.

Dr. Mark Benecke

Aber selbst, wenn das nicht passieren würde, erklärt Mark, kann es zu Wirbelbrüchen kommen, weil der Kopf nach hinten geschleudert wird. Dabei kann das Rückenmark beschädigt werden.

Die Palette an Konsequenzen ist groß: von Kopfschmerzen über Schwindel bis hin zu Sprachstörungen oder Lähmungen. Harry und Marv würden nach der Falle also nicht so schnell wieder aufstehen.

Flambierte Köpfe

Joe Pesci, 2003
Einbrecher Harry bekommt es mit der Lötlampe zu tun. Und bleibt verdutzt sieben Sekunden lang stehen - ein Film eben. Bildrechte: IMAGO / United Archives

Einbrecher Harry erwischt nicht nur ein Farbeimer am Kopf. Als er eine Zimmertür aufmacht aktiviert er eine Lötlampe, die Kevin dort installiert hat. Der Flammenwerfer verbrennt ihm die Mütze samt Kopfhaut. Aus unerfindlichen Gründen schreckt er nicht sofort zurück, sondern bleibt sieben Sekunden lang in den Flammen stehen.

Im Film kommt er mit leicht geröteter Haut davon. Laut Mark Benecke hätte das viel gravierendere Folgen. So eine Lötlampe hat eine Temperatur um die 1.000 Grad Celsius. Da kann er Verbrennungen dritten Grades erleiden, die verbrannte Haut wird stellenweise schwarz und weiß, weil die Zellen absterben. Bei so einer Verbrennung sterben auch die Nervenzellen. Das heißt, man spürt auch kaum Schmerzen.

Wenn die Haut tief wegbrennt und dann abstirbt, dann müsste er schnell wie möglich in eine Brandklinik gehen.

In einer Brandklinik kann die Wunde dann versorgt werden. Weil die Kopfhaut so großflächig beschädigt ist, wird entweder künstliche Haut eingepflanzt. Quasi wie ein riesiges Pflaster unter dem dann die Haut heilen und nachwachsen kann. Oder man entnimmt von woanders Haut- oder Gewebeteile, die dann auf den Kopf transplantiert werden – zum Beispiel vom Bauch oder Oberschenkel.

Aber es gibt noch zwei große Probleme, die auf Harry zukommen. Er wäre stark dehydriert. Bei so einer großflächigen Verbrennung verliert er viel Flüssigkeit. Und die Wunde ist groß und offen, kann sich also leicht entzünden.

Elektroschock statt Weihnachtsidylle

Wie hinterlistig Kevin eigentlich ist, merkt man immer bei Fallen, die aufeinander aufbauen. Marv, der andere Einbrecher, wird von einem Regal voller Farbeimer umgehauen und ist danach über und über mit Farbe begossen. Danach hat er natürlich direkt den Reflex, dass er sich das Gesicht waschen will.

Aber da ist ihm Kevin einen Schritt voraus. Der hat nämlich das Waschbecken mit Hilfe eines Schweiß-Gerätes unter Strom gesetzt, und verpasst Marv so einen heftigen Stromschlag. Für 18 Sekunden hängt Marv mit beiden Händen zuckend an den Wasserhähnen.

Dazu benutzt Kevin ein Gerät zum Lichtbogenschweißen. Lichtbogenschweißen funktioniert üblicherweise mit Gleichstrom. Aus unserer Steckdose kommt Wechselstrom. Der muss dann zum Schweißen noch umgewandelt werden. Unter gleichen Bedingungen ist Wechselstrom für Menschen gefährlicher als Gleichstrom. Weil es dabei zu Herzrhythmusstörungen kommen kann.

Filmszene: Kevin - Allein zu Haus
Die beiden Einbrecher Marv und Harry schon etwas derangiert. Bildrechte: imago images/Mary Evans

Wie gefährlich ein Stromschlag ist, hängt vor allem von der Stromstärke ab, mit der der Strom durch den menschlichen Körper fließt. Bei etwa 10 Milliampere Wechselstrom ist die sogenannte Loslass-Schwelle. Da verkrampfen sich die Muskeln und wie bei Marv aus "Kevin – Allein zu Haus" kann man dann die Stromleitung nicht mehr loslassen. Und 10 Milliampere sind nicht so viel. Zum Vergleich: Durch einen Toaster laufen um die fünf Ampere. Das ist 500 Mal so viel.

Aber auch der Körperwiderstand spielt eine Rolle. Ist der Körper zum Beispiel nass, ist der Widerstand geringer. So wie bei Marv im Film. Er ist ja mit Farbe übergossen. Und dann fließt der Strom bei gleicher Spannung mit einer höheren Stromstärke durch den Körper.

Und nicht nur Muskelverkrampfungen sind ein Problem. Bei Stromschlägen kann es auch zu schweren Verbrennungen kommen. Ein extremes und leider viel zu häufiges Beispiel dafür sind Jugendliche, die auf Güterzüge klettern. Die müssen nicht mal direkt an die Stromleitung kommen, weil die Spannung so hoch ist, dass der Strom in einem Lichtbogen auf den Menschen überspringt. Die Folge sind lebensgefährliche Verletzungen.

Wenn man sich die Fallen so anguckt, dann wird klar: Eigentlich hätte eine davon gereicht, und die beiden Einbrecher lägen tagelang im Krankenhaus, wenn sie Glück haben … Denn das alles hätte für Harry und Marv auch tödlich ausgehen können, und macht "Kevin – Allein zu Haus" zum (vielleicht) brutalsten Weihnachtsfilm.

Info: Wenn Sie mehr dazu wissen möchten, we brutal Kevin Falls sind oder wie realistisch es ist, dass ein Riesen-Komet auf die Erde zusteuert und was wir dann tun würden – schauen Sie doch mal auf unserem YouTube-Kanal "Science vs. Fiction" vorbei.

2 Kommentare

MDR-Team am 26.12.2021

Hallo @part,
diese Frage wurde schon des Öfteren von Psycholog*innen analysiert und es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass solche Filme eine "Überhöhung des Weihnachtsfests" vorspielen. Alle Klassiker haben - egal wie der Geschichtsverlauf ist - eines gemein: Am Ende sitzen alle unterm Weihnachtsbaum und feiern. Dies schafft laut Expert*innen ein planbares Gefühlserlebnis.
Übrigens verzeichnen auch die kostenpflichtigen Streamingdienste einen hohen Abruf solcher Weihnachtsklassiker zur Weihnachtszeit - die Nachfrage ist definitiv da.
Liebe Grüße

part am 25.12.2021

Man fragt sich sowieso, weshalb an Heiligabend und Weihnachten stets die gleichen Wiederholungen an Spielfilmen, Kammerspielen oder Berghüttenmusi erfolgt, obwohl es viel nachdenklichere Filme zum Anlass gibt, die noch nie einen Auftritt im Fernsehen hatten. Was ist los mit den Programmdirektoren quer durch alle Sender, die sich nichts Neues einfallen lassen und jedes die Zuschauer mit langer Weile quälen?