Radfahrer machen eine Pause auf einem Spielplatz
Spielplatz in Spanien: Oft ohne Schattenspendende Bäume. Abends, wenn die Sonne weg ist, sind die Spielplätze bevölkert. Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Sommer Sonnencremes: Warum die vom Vorjahr schaden kann

18. Juni 2021, 13:48 Uhr

Sonnenschutz? Klar, ist noch da von 2020, riecht gut, auf die Plätze, losgeschmiert. Falsch, sagt der Deutsche Dermatologenverband, die Sonnencreme kann schädliches Benzophenon enthalten.

Kinder, die im Sommer nachts um 22:00 Uhr auf Klettergerüsten turnen, Bälle auf dem Dorfplatz kicken. Eltern, die sich mit anderen und deren "Brut" gegen 21:00 Uhr auf Spielplätzen verabreden: In Spanien zum Beispiel ist das in den Schulferienmonaten Alltag. Eine ausgesprochen effektive Methode, die Sonnenstrahlung zu meiden. Was erklärt, warum mitten am Tag in südlichen Ländern die Spielplätze menschenleer sind und höchstens Touristenkinder sich einen Ast über all die freien Spielgeräte freuen.

Wer den eigenen Alltag trotz Sonne und Hitze derzeit nicht auf "Nachtmodus" umstellen kann, muss auf herkömmliche Mittel zurückgreifen, um die eigene Haut vor Hautkrebs zu schützen. Aber Achtung, die Flasche vom letzten Jahr sollte man nur mit Vorsicht genießen, warnt der Deutsche Dermatologenverband. Das heißt konkret: Haltbarkeitsdatum prüfen und nachlesen, ob 'Octocrylen' in der INCI-Inhaltsliste aufgeführt ist. Octocrylen kann sich bei längerer Lagerung nämlich zu Benzophenon zersetzen und dann sollte die Sonnencreme nicht mehr verwendet werden.

Was sind Benzophenon und Octocrylen?

Benzophenon ist ein farbloser kristalliner Feststoff, der nach Rosen oder Geranien riecht. Er wird in verschiedensten Bereichen der Industrie und Pharmazie aber auch in Kosmetik und Verpackungsmaterialen insbesondere wegen seiner UV-Filter-Eigenschaften eingesetzt. Es kann im Labor hergestellt werden, aber sich auch beim Zersetzungsprozess von Octocrylen bilden. In der EU darf Benzophenon nur bis zu einem Schwellenwert verwendet werden, da der Stoff mutmaßlich krebserregende Eigenschaften hat und solche, die das Hormonsystem beeinflussen. Octocrylen ist ein synthetisch hergestellter UV-Filter, der UVB Strahlen absorbiert. Er kann in Make-Up, Badeschaum, Gesichtscreme, Lippenpflegestiften oder Körperpflegeartikeln stecken.

Studie: 17 Sonnenschutzmittel analysiert, 16 mit erhöhter Benzophenon-Konzentration

Dass das tatsächlich der Fall sein kann, zeigt eine Studie aus den USA. Dafür waren 17 Sonnenschutzmittel analysiert worden: Man schaute, ob sie Benzophenone enthalten, ob die Benzophenon-Konzentration in der Flüssigkeit mit der Zeit zunimmt und ob eine Octocrylen-Zersetzung die Quelle von Benzophenonen in Lotionen ist. Bei 16 der in der Studie getesteten Produkte wurden tatsächlich deutlich erhöhte Benzophenon-Konzentrationen nachgewiesen. Die Studie, die im Fachmagazin Chemical Research Toxicololy veröffentlich wurde, können Sie hier lesen.

Deutsche Dermatologie fordert: Hersteller müssen Produkte prüfen

Kind bekommt Sonnencreme aufs Gesicht aufgetragen
Bevor wir cremen - Haltbarkeitsdatum prüfen, und Blick auf die Inhaltsstoffe werfen Bildrechte: imago images/Cavan Images

Professor Dr. med. Peter Elsner, Direktor der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena, und Sprecher des Deutschen Dermatologenverbandes (DGG) sagt: "Bislang galt der Einsatz von Octocrylen als unbedenklich, sofern bei Patienten keine Photoallergie gegen Ketotifen (ein Antiallergikum) bestand. Diese Forschungen zeigen jedoch, dass der Einsatz zu überdenken ist, da das Vorhandensein von Benzophenon nicht ausgeschlossen werden kann." Er fordert eine Prüfung, ob in Deutschland verkaufte Octocrylen-haltige Sonnenschutzmittel bedenkliche Konzentrationen von Benzophenon enthalten. Sein Kollege Professor Dr. Michael Hertl, Chef der Klinik für Dermatologie und Allergologie in Marburg und Präsident der DGG fügt hinzu: "Als dermatologische Fachgesellschaft sind wir an die Hersteller dieser Produkte mit der Bitte herangetreten, die möglicherweise von Octocrylen ausgehende gesundheitliche Gefährdung zu untersuchen und Alternativen zu prüfen."

Sonnenschutz: Ja, wie denn nun?

Also wie denn nun, geht es hier etwa um die Wahl zwischen eventuell krebserregenden Inhaltsstoffen von Schutzmitteln oder krebserregenden Sonnenstrahlen? Keinesfalls. Professorin Dr. Julia Welzel, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie an der Uniklinik Augsburg stellt klar: "Schlagzeilen zu 'krebserregenden Stoffen in Sonnencremes' dürfen nicht dazu führen, dass das Eincremen reduziert oder gar darauf verzichtet wird." Wenn, dann eincremen mit frischer Sonnencreme, nach jedem Baden oder spätestens alle zwei Stunden auffrischen, langärmlige Kleidung, Kopfbedeckung, aber eben auch Beschattung durch Sonnenschirme oder Sonnensegel. Aber Vorsicht, sogar im Schatten kommt durch Streustrahlung noch 60 bis 80 Prozent der Strahlung an, wenn Sand oder Wasser das Sonnenlicht reflektieren.

Kinder spielen bei Sonnenuntergang auf einem Spielplatz am Strand
Oder dann spielen, wenn die Sonne weg ist. Bildrechte: IMAGO / Design Pics

(lfw)/ DGG

Möhrensaft 3 min
Bildrechte: imago/Panthermedia

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