Klimawandel Starkregen schadet der Wirtschaft

14. Januar 2022, 10:56 Uhr

Regen bringt Segen – was für die Landwirtschaft stimmen mag, muss für die Gesamtwirtschaft nicht richtig sein. Wie Forschende aus Potsdam jetzt herausfanden, schadet starker Regen der Wirtschaft. Weil extreme Regenfälle durch den Klimawandel verstärkt würden, entwickle sich dieser zunehmend zum wirtschaftlichen Risiko, warnen die Wissenschaftler.

Menschen kämpfen gegen den Sturm und Starkregen an.
Verstärkte extreme Regenfälle erweisen sich als schlecht, sagen die Forscher. Besonders für reiche Industrieländer wie die USA, Japan oder Deutschland. Bildrechte: imago images/localpic

  • Es schadet dem Wirtschaftswachstum, wenn es mehr Regentage und extreme tägliche Niederschläge gibt.
  • Analyse von Daten aus 40 Jahren und mehr als 1.500 Regionen weltweit.
  • Der menschgemachte Klimawandel wird den Effekt noch verstärken.
  • Mehr Regen ist im Allgemeinen gut für die Wirtschaft, entscheidend ist aber die Verteilung des Regens auf die Tage im Jahr.

Das Wirtschaftswachstum geht zurück, wenn die Zahl der Regentage und der Tage mit extremen Regenfällen zunimmt. Der Klimawandel verstärkt den Effekt. Das hat jetzt ein Team von Potsdamer Wissenschaftlern herausgefunden. Am stärksten betroffen sind demnach die Industrie- und Dienstleistungsbranchen in den reichen Ländern. Die Forschenden analysierten Daten aus den vergangenen 40 Jahren in 1.500 Regionen. Die Studie des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht worden.

Regen beeinflusst Wohlstand und Arbeitsplätze

"Hier geht es um unseren Wohlstand, und letztlich um Arbeitsplätze. Die Wirtschaft wird weltweit durch mehr Regentage und extreme tägliche Niederschläge gebremst – eine wichtige Erkenntnis, die zu unserem wachsenden Verständnis der wahren Kosten des Klimawandels beiträgt", sagt Leonie Wenz vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und dem Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), die die Studie geleitet hat.

"Makroökonomische Abschätzungen der Klimafolgen haben sich bisher hauptsächlich auf die Temperatur konzentriert und – wenn überhaupt – Veränderungen der Niederschlagsmenge nur über längere Zeiträume wie Jahre oder Monate betrachtet", sagte Lenz. Das ergebe jedoch ein unvollständiges Bild. Im Allgemeinen sei mehr Jahresniederschlag gut für eine Volkswirtschaft, so Lenz, "insbesondere wenn diese stark von der Landwirtschaft abhängt". Entscheidend sei daher Frage, wie sich der Regen über die Tage des Jahres verteilt. Dabei zeigte sich laut der Studie, dass die Wirtschaftswachstumsraten durch die Zunahme der Zahl der Regentage und der täglichen extremen Regenfälle reduziert werden.

Verstärkte extreme Regenfälle erweisen sich als schlecht, besonders für reiche Industrieländer wie die USA, Japan oder Deutschland.

Leonie Wenz Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Eine Person steht neben einem Feld und hält einen Ballon an einer Schnur. 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Globale Analyse

"Bei den Niederschlagsextremen können wir den Einfluss des Klimawandels schon jetzt am deutlichsten sehen. Sie nehmen fast überall auf der Welt zu", sagt Maximilian Kotz vom PIK, Erstautor der Studie. Insgesamt seien Daten zur subnationalen Wirtschaftsleistung für 1.554 Regionen weltweit im Zeitraum 1979-2019 untersucht und mit Niederschlagsdaten verknüpft worden.

"Unsere Studie zeigt, dass der Fingerabdruck der globalen Erwärmung in den täglichen Niederschlägen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hat. Diese sind bisher nicht berücksichtigt worden, aber extrem wichtig", sagt Ko-Autor Anders Levermann, Leiter Komplexitätsforschung am PIK. Ein genauerer Blick auf kurze Zeitskalen zeige:

Es sind die Klimaschocks durch Wetterextreme, die unsere Lebensweise bedrohen, nicht die allmählichen Veränderungen.

Anders Levermann Leiter Komplexitätsforschung am PIK

"Indem wir unser Klima destabilisieren", so Levermann weiter, "schaden wir unserer Wirtschaft. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass das Verfeuern fossiler Brennstoffe nicht auch unsere Gesellschaft destabilisiert."

Hochwasser der Zwickauer Mulde, 2013
Starkregen bringt viele Flüsse an ihre Grenzen - hier die Zwickauer Mulde. Bildrechte: IMAGO / mhphoto

Wärmere Luft nimmt mehr Wasserdampf auf

Doch wieso führt der Klimawandel zu mehr Regen? Die Menschen heizen das Erdsystem auf, indem sie immer mehr Treibhausgase etwa aus fossilen Kraftwerken und Autos in der Atmosphäre ablagern. Wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen, der später zu Regen wird. "Interessanterweise ist die Veränderung des mittleren Niederschlags von Region zu Region unterschiedlich, die täglichen Regenextreme hingegen nehmen aufgrund des Wasserdampfeffekts auf der ganzen Welt zu", erklärten die Forscher.

Link zur Studie

Maximilian Kotz, Anders Levermann, Leonie Wenz (2022): The effect of rainfall changes on economic production.

(kt)

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