Auf einem Feld bei Abbendrode im Landkreis Harz im Bundesland Sachsen-Anhalt, mäht ein Mähdrescher der Marke Claas mit Kettenantrieb die Feldfrucht Weizen.
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Lebensmittel-Forschung Für die Gesundheit: Wie Weizen besser werden könnte

15. August 2020, 12:00 Uhr

Obwohl Brot, Brötchen und Co. für viele Menschen zu den absoluten Grundnahrungsmitteln gehören, gibt es da ein Problem: Die Produkte auf Weizenbasis stehen im Verdacht, schlecht für die Gesunheit zu sein. Besonders problematisch: Weißmehl. Britische Forscher haben sich das Problem etwas genauer angeschaut und Strategien entwickelt, die Weizen dank Gentechnik gesünder für uns machen könnten.

Weizen ist ohne Frage eine der wichtigsten Feldpflanzen weltweit. Der Weizen ist von wirtschaftlicher Bedeutung, stillt den Hunger von Menschen auf der ganzen Welt und die Nachfrage wächst dementsprechend. Doch es gibt Bedenken, dass Nahrungsmittel auf Weizenbasis schlecht für die Gesundheit sind, schreibt das britische Forschungsteam um Erstautorin Brittany Hazard vom Quadram Institute in Norwich in einem Artikel im Fachmagazin Nature Food. Dabei sei Weizen mit mehr als 750 Millionen Tonnen Ernte pro Jahr eines der drei Hauptgetreideprodukte, die die weltweite landwirtschaftliche Produktion dominierten. Weizen ist in vielen Teilen der Welt Grundnahrungsmittel - auch bei uns in Europa. Macht er uns also krank, ist das ein globales Problem.

Problem: raffiniertes Weißmehl

Doch nicht der Weizen an sich sei schlecht für unsere Gesundheit, heißt es im Artikel der Forschenden. Das Problem sei vor allem, dass die meisten Lebensmittel auf Weizenbasis eher aus raffiniertem Weißmehl als aus Vollkornmehl hergestellt würden. Der übermäßige Konsum dieser Produkte könne zur zunehmenden Verbreitung chronischer Krankheiten - insbesondere von Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit - beitragen.

Generell sei Weizen als Energiequelle besonders wichtig und mache zwischen 20 (in Großbritannien) und 50 Prozent (in Zentralasien) der gesamten Kalorienaufnahme aus. Er liefere außerdem erhebliche Mengen an Protein, Ballaststoffen und B-Vitaminen und mineralischen Mikronährstoffen. Das sei zumindest bei Vollkornprodukten der Fall. Statt das zu verarbeiten, dominierten aber in den meisten Ländern Produkte aus Weißmehl, so die Forschenden. Doch durch das Mahlen, bei dem das Weißmehl von Kleie und Keimen getrennt werde, veränderten sich der Gehalt und die Zusammensetzung der Korn-Kohlenhydrate: Während Weißmehl aus 85 Prozent Stärke und 5 Prozent Ballaststoffen bestehe, seien es bei Vollkornmehl 70 Prozent Stärke und 10 bis 15 Prozent Ballaststoffe. Sowohl in Weißmehl als auch in Vollkornmehl seien die Hauptbestandteile der Ballaststoffe sogenannte Zellwandpolysaccharide, aber die Zusammensetzung unterscheide sich.

Brot aus Weißmehl enthält also nicht nur weniger Ballaststoffe - und Vitamine sowie Mineralstoffe, sondern sie sind durch den Mahlvorgang sogar noch verändert worden. Doch Ballaststoffe spielen eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit, so die Forschenden: Sie hätten positive Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel, senkten Blutdruck und Cholesterin und verringerten die Häufigkeit bestimmter Krebsarten - insbesondere Darm- und Brustkrebs.

Stärke besser langsam verdauen

Den britischen Ernährungsfachleuten zufolge führt eine langsamere Stärke-Verdauung im Magen-Darm-Trakt zu einem gesünderen Blutzuckerspiegel. Brot und andere weizenbasierte Lebensmittel, die das ermöglichten, seien also gesünder für den menschlichen Körper. Wie schnell die Stärke verdaut wird, hänge wiederum unter anderem von den Stärkeeigenschaften und dem Ballaststoffgehalt ab. Außerdem könne die Glukosekettenlänge die Verdaulichkeit beeinflussen - je länger sie sind, desto länger dauert es, sie zu verdauen - und desto besser für unseren Blutzuckerspiegel.

Eine Person knetet Teig.
Weißmehl-Produkte verdaut unser Körper zu schnell. Das ist schlecht für den Blutzuckerspiegel. Bildrechte: Colourbox.de

Auch bei der Stärkeverdauung spielten die Ballaststoffe eine nicht unerhebliche Rolle. Ihr Gehalt könne sich günstig auf den Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln auswirken. Sie seien hier ein Hemmer: Je mehr Ballaststoffe im Brot vorhanden sind, desto langsamer die Geschwindigkeit, mit der die Lebensmittelstruktur bei der Verdauung zusammenbreche.

Weizen genetisch verbessern

Die Forschenden schlagen vor, Weizen gentechnisch so zu verändern, dass er besser zu den Bedürfnissen unseres Körpers passt. Einige Entwicklungen der vergangenen Jahre machten es möglich, das hoch komplexe Genom des Weizens auf bestimmte Merkmale zu analysieren und zu modifizieren. So seien unter anderem Subgenome oder Sequenzierungsergebnisse veröffentlicht worden - um nur wenige Beispiele zu nennen.

Parallel dazu hätten Forschende in den vergangenen Jahren sogenannte Keimplasma-Panels zusammengestellt, in denen die natürliche genetische Vielfalt dargestellt werde - also etwa Sammlungen von Wildarten oder Weizenarten, die vor 100 Jahren angebaut worden sind. Kombiniert mit Genotypisierungs- und Phänotypdaten ermöglicht das den Forschenden zufolge eine gezielte Nutzung der natürlichen Vielfalt. Während die traditionelle Weizenzüchtung fünf bis zehn Jahre dauern könne, würde die Geneditierung schon in zwei bis drei Jahren verbesserte Weizensorten möglich machen.

Aber an welchen Punkten wären genetische Veränderungen sinnvoll und welche Auswirkungen hätten sie auf die Gesundheit? Die Forschenden skizzieren in ihrem Papier Vorschläge. Einer davon: Duch das Ausnutzen von natürlichen oder künstlich hergestellten Variationen der Gene von sogenannten Stärkebiosynthesewegen könnten die Eigenschaften der Stärke so verändert werden, dass der Anteil resistenter Stärke erhöht wird. Die gehört nämlich zu den Ballaststoffen, da sie vom menschlichen Verdauungssystem nicht durch Enzyme im oberen Dünndarm abbaubar ist.

Die Forschenden weisen jedoch darauf hin, dass das Wissen über die Beziehungen, das Verhalten im Magen-Darm-Trakt und die physiologischen Wirkungen von Weizen-Kohelnhydraten noch unvollständig ist. Deshalb sei es schwierig, genaue Zuchtziele oder Gehalte an resitenter Stärke zu definieren. Außerdem müsse noch besser erforscht werden, wie die Verarbeitung des Weizens zu Produkten die Verdaulichkeit und gesundheitliche Wirkung beeinflusse - habe man in manchem Mehl bestimmte Werte, würden die im gebackenen Brot ganz anders aussehen. Und dann ist da ja noch der Verbraucher, der mit gedacht werden müsse. Denn einige gesundheitlich bessere Mehle würden zum Beispiel zu kleineren Broten oder stärker zusammenkochenden Nudeln führen. Außerdem möchten die nur eine minimale Anzahl von Zutaten und keine chemischen Zusätze. Auch das müsse bei der Entwicklung "besserer" Weizensorten beachtet werden.

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Mo 29.06.2020 14:18Uhr 05:46 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/weizenforschung-mit-drohne-102.html

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(kie)

1 Kommentar

Eulenspiegel am 15.08.2020

Um Gottes Willen nicht schon wider eine gentechnische „Verbesserung“ des Weizens. Denn genau dies Gentechnische „Verbesserungen“ der Vergangenheit haben den Weizen doch erst zu einem Problemfall gemacht. Es genügt doch voll und ganz wenn man auf Stammformen des Weizens zurückgreift. Wie zum Beispiel den Dinkel.