Ein Kind öffnet einen Adventskalender
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Stressforschung Adventszeit: Gefährlich für Eltern

16. Dezember 2019, 14:15 Uhr

Kinder genießen die Vorweihnachtszeit jeden Morgen neu: Täglich eine Überraschung hinter einem Türchen. Warum die Adventszeit für Eltern zum puren Gift werden kann - und wie sich das neutralisieren lässt.

Kinder genießen die Vorweihnachtszeit Morgen für Morgen: Täglich eine Überraschung hinter einem Türchen. Wer mehr Kinder hat, hat meist mehr Kalender als Kinder, dank wohlmeinender Nachbarn und Großeltern. Und schwupps! sind es zwölf Türchen, die zwischen Frühstück und Aufbruch geöffnet werden wollen, inklusive morgendlicher Routinekonflikte: "Will kein Käse, sondern Schinken", gefolgt vom Zahnpasta-Streit: "Ich zuerst" - "Du hast mich bekleckert". Auf den Handschuhstreit: "Wieso hast du meine an?" und den verzögerten Aufbruch: "Ich habe doch gestern Abend gesagt, ich habe 'nen Platten. Kann mich wer fahren?" - folgt der wichtige Hinweis: "Du kommst aber pünktlich zu meiner Klassenweihnachtsfeier heute ?"

Wie gemischte Gefühle langfristig krank machen

Spätestens hier ahnt man, warum viele Eltern der Vorweihnachtszeit mit gemischten Gefühlen entgegen sehen. Oder wie eine vierfache Mutter aus Leipzig Ende November sagt: "Mir wird vorher immer schon ganz schlecht." Damit ist die 40-Jährige nicht allein.

Symbolfoto Homeoffice: Vater mit Baby auf dem Arm bei der Arbeit
Wer Kinder hat, wird zum Meister der Zeit-Jonglage Bildrechte: imago/Westend61

Eine aktuelle Umfrage der Kaufmännischen Krankenkasse untermauert: 40 Prozent der Eltern mit Sprösslingen unter 18 Jahren fühlen sich häufig krank und gestresst. Kein Wunder, wenn man sich das mal näher anschaut, zum Beispiel den Dezember.

Der Weihnachtskalender von Eltern, ob berufstätig oder nicht, ist der Höhepunkt familiärer Termin-Jonglage: Instrumenten-Vorspiel, Choraufführung, Adventsfeiern und Wichtelgeschenke, Besonderheiten beim Backen (keine Nüsse) für die Kindergartenkekse. Neben dem vorweihnachtlichen Geschenke-, Einkaufs- und Besuchsplan für die Feiertage.

Ein Pärchen liegt im Bett. Der Mann schläft und die Frau spielt am Handy.
Absprachen per Messenger - frühmorgens oder spätabends Bildrechte: Colourbox.de

Und den Zahnarzt-  und Vorsorgeuntersuchungen, die sich auf magische Weise alle auf Dezember geeinigt haben. Nicht zu vergessen der stetig tröpfelnde Stress aus Messengerdiensten, in denen nachts oder frühmorgens über Dankeschöns für Erzieher oder Lehrkräfte abgestimmt wird und Terminabfragen für Elternstammtische im Januar.

Wie der Stress ins Krankensystem einfließt

Alles Zutaten für das, womit früher oder später das Krankenkassensystem konfrontiert wird: Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Erschöpfungszustände - ausgelöst durch permanenten Stress: Die typischen Indikationen, derentwegen für Frauen laut Müttergenesungswerk Kuren beantragt werden. 2018 haben rund 48.000 Mütter an Kuren dieser Einrichtung besucht.

Für Anette Kersting, Professorin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig ist das einleuchtend: Bei berufstätigen Eltern baden Studien zufolge auch heute noch überwiegend Frauen die Doppelbelastung aus, sagt sie. Das belegen zum Beispiel Zahlen der Techniker Krankenkasse aus dem Oktober 2016:

Stressfaktoren nach Geschlecht
  Frauen Männer
Die Arbeit 39 % 54 %
Termine und Verpflichtungen in der Freizeit 34 % 32 %
Arbeitsbelastung im Haushalt 28 % 18 %
Kindererziehung 24 % 14 %
Angehörigenpflege 15 % 15 %

Stress lass nach - haben wir bisweilen selbst in der Hand

Generell gilt für alle: Chronischer Stress macht krank. Studien belegen Reihe von Nebenwirkungen: Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen sind nur die Spitze des Eisberges, stärkere Infektanfälligkeit, Schlafstörungen gehören auch dazu. Nur - wie nimmt man den Stress wieder raus? Indem wir uns auf den Rohstoff besinnen, den wir alle haben: die Zeit - wir müssen sie nur bewusst nutzen.

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