Eine Hand mit blauem Gummihandschuh hält einen braunen Klumpen
So sieht der 10.000 Jahre alte Kaugummi aus, in dem die Forscher in Schweden jetzt die DNA gefunden haben. Bildrechte: Natalija Kashuba/Stockholm University

Archäologie und Genforschung DNA in 10.000 Jahre altem Kaugummi gefunden

15. Mai 2019, 14:30 Uhr

Was kauten unsere Vorfahren vor 10.000 Jahren? Kaugummi. Dann spuckten sie sie aus oder verarbeiteten sie weiter. Gut für die Wissenschaft. Denn dadurch haben wir die DNA der ersten Jäger und Sammler in Skandinavien.

Teer aus Birkenrinde – für die Vorfahren der heutigen Skandinavier war das nicht nur Kleber für Werkzeuge, sondern auch Kaugummi. Und deshalb konnten Forscher vom Museum für Kulturgeschichte in Oslo und der Universität Stockholm daraus jetzt DNA extrahieren. Und die zeigt: die ersten Nordmänner und -frauen sind mit den Menschen verwandt, die damals in Mittel- und Westeuropa lebten. Gleichzeitig nutzten sie jedoch steinzeitliche Werkzeuge, die aus der osteuropäischen Tiefebene, dem heutigen Russland, nach Skandinavien gebracht wurde, berichten die Wissenschaftler.

Die Analyse legt nahe, dass die "genetische Zusammensetzung von Huseby-Klev-Individuen den westlichen Jäger-Sammler-Populationen ähnlicher ist als den östlichen Jäger-Sammler-Populationen", so bestätigt es Emrah Kirdök, der an der Universität Stockholm die DNA untersuchte.

Glücksfall für die Archäologie  

Für die Forscher war es ein Glücksfall, dass bei den Ausgrabungen in Huseby-Klev, einer frühmittelsteinzeitlichen Jagd- und Fischerstätte an der schwedischen Westküste, die Kaugummireste gefunden wurden. Denn in Skandinavien gibt es nur wenige menschliche Knochen aus der Zeit vor 10.000 Jahren, und nicht alle haben genug DNA für archäogene Studien erhalten.

Zwei Männer vor einer Baggerschafel im Loch einer Ausgrabung in Schweden
Bereits seit den 1990er-Jahren wird an der Ausgrabungsstätte in Huseby-Klev geforscht. Bildrechte: Per Persson/Stockholm University

Als Wissenschaftler vorschlugen, diese Reste auf Jäger-Sammler-DNA zu untersuchen, zögerten Experten des Museum für Kulturgeschichte in Oslo noch, die die Untersuchungen leiteten. Aber dann waren sie "sehr beeindruckt, dass Archäologen bei den Ausgrabungen aufpassen und so zerbrechliches Material konservieren", erzählt Natalija Kashuba, vom Museum für Kulturgeschichte in Oslo.

Ausgrabungen aus den 1990er-Jahren

Die Ausgrabungen, deren Funde jetzt analysiert wurden, fanden bereits in den 1990er-Jahren statt. Aber erst heutige Techniken ermöglichten die genaue Untersuchung der Kitte, die aus Birkenrindenteer hergestellt wurden. Die DNA von drei Individuen, zwei Frauen und einem Mann, die darin gefunden wurde, schafft nach Auffassung der Forscher eine spannende Verbindung zwischen materieller Kultur und Humangenetik.

Die Archäologen in Schweden sehen Kaugummi damit ab sofort als eine wichtige DNA-Quelle in ihrer Forschung. Denn es hat ein enormes Potential, sagt Per Persson vom Museum für Kulturgeschichte in Oslo. "Nicht nur, um Herkunft und Bewegung von Menschen vor langer Zeit nachzuvollziehen, sondern auch, um Einblicke in ihre sozialen Beziehungen, Krankheiten und Lebensmittel zu gewinnen."

Die Ergebnisse der Forschung wurden in Communications Biology veröffenlicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. Februar 2018 | 06:20 Uhr