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Mehr als 130.000 Deutsche erkranken pro Jahr an einer schweren Sepsis. Bildrechte: imago images/Shotshop

Forschung an Uni Jena zu "Blutvergiftung"Sepsis kann weitreichende Spätfolgen haben

10. Dezember 2021, 17:00 Uhr

Die Sepsis, umgangssprachlich Blutvergiftung, gilt als häufigste infektionsbedingte Todesursache. Doch noch immer ist zu wenig über die Krankheit bekannt. An der Uni Jena wurden nun die Langzeitfolgen genauer erforscht. Mit besorgniserregenden Ergebnissen: Bei drei Viertel der Erkrankten traten später Folgeschäden auf, 30 Prozent starben innerhalb eines Jahres nach der Entlassung aus dem Krankenhaus.

Kaum jemand kennt ihren Namen, dabei ist sie eine der gefährlichsten Erkrankungen überhaupt: die Sepsis. Die im Volksmund als Blutvergiftung bekannte Organfehlfunktion resultiert aus der Überreaktion des Immunsystems nach dem Eindringen von Krankheitserregern. In der Folge werden die eigenen Organe angegriffen und es kann zu deren Versagen kommen. Auch eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann zu einer Sepsis führen. In Deutschland werden jedes Jahr 320.000 Sepsis-Fälle im Krankenhaus behandelt, die Sterblichkeit im Krankenhaus liegt bei rund 25 Prozent.

Kosten für Behandlung sehr hoch

Am Zentrum für Sepsis und Infektionsforschung (CSCC) am Universitätsklinikum Jena (UKJ) wurden nun die Langzeitfolgen dieser unterschätzten Gefahr genauer untersucht. Die Grundlage dafür bildeten die anonymisierten Gesundheitsdaten von mehr als 23 Millionen Versicherten der AOK von 2009 bis 2017. Von diesen Menschen mussten insgesamt 159.684 über 15-Jährige 2013 oder 2014 im Krankenhaus wegen einer Sepsis behandelt werden. Bei ihnen wurden neben den Vorerkrankungen auch die Diagnosen erfasst, die in den drei Jahren nach der Sepsis neu auftraten, sowie der daraus resultierende Behandlungs- und Pflegebedarf. Laut der Projektleiterin Dr. Carolin Fleischmann-Struzek hätten die Forschenden dabei besonders nach psychischen und kognitiven Einschränkungen gesucht, wie etwa Herz-Kreislauferkrankungen, kognitive bzw. motorische Störungen, das Erschöpfungssyndrom Fatigue oder Depressionen.

Im Ergebnis kam bei 75 Prozent der Patienten nach der Krankenhaus-Entlassung eine neue Diagnose hinzu, mehr als 30 Prozent von ihnen starben noch im ersten Jahr. Sogar bei den unter 40-Jährigen traten bei mehr als der Hälfte im ersten Jahr Folgeerkrankungen auf. "Psychische, kognitive und körperliche Folgen betreffen die Mehrzahl der Überlebenden und treten sogar häufig gemeinsam auf, was für die Betroffenen eine besondere Belastung ist", erläutert die Studienautorin Prof. Christine Hartog. Dabei spiele es kaum eine Rolle, wie schwer die Sepsis verlaufen sei, was auch für die Behandlung von Covid-19 von Relevanz sei.

Auch die Kosten für die Sepsis-Behandlungen wurden in der Studie berechnet. Demnach kostet ein Fall in den ersten drei Jahren nach der Erkrankung im Schnitt 29.000 Euro. Mehr als 30 Prozent der Sepsis-Überlebenden wurden im Jahr nach der Krankenhausentlassung pflegebedürftig, 13 Prozent mussten nach einem schweren Verlauf in einem Pflegeheim betreut werden. "Die Sepsis hat massive und langjährige Folgen – sowohl für Überlebende und ihre Angehörigen, als auch für das Gesundheitssystem", resümiert Carolin Fleischmann-Struzek.

cdi

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