Einn Mädchen mit einer Sonnenblume am Ohr.
Kitzelt das? Bildrechte: imago images/Westend61

Psychologie Warum können wir uns nicht selber kitzeln?

08. Oktober 2019, 16:16 Uhr

Schon Aristoteles zerbrach sich den Kopf über die Frage: Warum kann man sich nicht selbst kitzeln? Forscher von der Humboldt-Universität Berlin haben über Versuche mit Ratten dafür eine neue Erklärung gefunden.

Demnach aktiviert die Selbstberührung eine "inhibitorische Bremse" im somatosensorischen Kortex. Oder anders gesagt: Bestimmte Gehirnzellen reagieren besonders stark auf das Kitzeln von Fremden und werden beim Selbst-Kitzeln unterdrückt.

Ratten lachen im Ultraschallbereich

Die Forscher um Michael Brecht vom Bernstein Center for Computational Neuroscience machten es sich dabei zu Nutze, dass Ratten ähnlich wie Menschen auf das Gekitzeltwerden mit Lachen reagieren - allerdings im Ultraschallbereich. Das hatten die Berliner Wissenschaftler bereits 2016 in einer Studie herausgefunden, die im Fachmagazin Science veröffentlicht wurde.

Nun wurde die Untersuchung weitergeführt und dabei unter anderem bewiesen, dass bei gleichzeitiger Fremd- und Selbstberührung der Kitzelreiz ebenfalls unterdrückt wird. Allerdings zeigten die Ratten beim gegenseitigen Kitzeln (auf das die Forscher die Tiere trainierten) in einigen Versuchen Fluchtverhalten, Schreckstarre und gaben mit negativen Emotionen assoziierte Laute von sich. "Diese rätselhafte Ambivalenz (Stichwort Nervenkitzel) des Kitzelns gleicht dem Verhalten, das auch Kinder zeigen", schreiben die Forscher.

Kitzeln ist immer noch wenig verstanden

Ältere Erklärungen waren noch davon ausgegangen, dass das Gehirn zwischen Selbstberührung und der Berührung durch Andere unterscheiden kann. Der Mechanismus scheint noch einfacher, so die Forscher jetzt. Lachen und Aktivitäten im somatosensorischen Kortex sind bei Eigenberührung - bei Tieren etwa beim Putzen - einfach abgeschaltet.

Aristoteles hatte noch vermutet, dass beim Selber-Kitzeln das Überraschungsmoment fehle - so wie man sich auch nicht selbst erschrecken kann.

Zeichnung eines Rattengehirns
Modell eines Rattengehirns: Der rote Bereich ist für das Kitzel-Empfinden zuständig. Bildrechte: Dehli News

Ein anderer großer Denker, Charles Darwin, fragte sich, warum Menschen und Tiere überhaupt kitzlig sind. Der Vater der Evolutionstheorie vermutete dahinter eine soziale Funktion.

Bewiesen werden konnte das allerdings noch nicht. "Das ist tatsächlich eine Frage, die wir immer noch nicht verstanden haben. Kitzeln ist eine der am wenigsten verstandenen Formen von Berührung", sagte Studienleiter Michael Brecht in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

cdi

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 2 | 14. März 2019 | 15:10 Uhr

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