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EntwarnungVibrionen - tödliche Gefahr in der Ostsee?

12. August 2019, 13:48 Uhr

Was steckt hinter dieser Meldung? "Frau fällt tödlichen Bakterien zum Opfer nach Bad in der Ostsee", oder man liest von Vibrionen, "fleischfressenden Bakterien", "Killer-Viren". Ist die Sorge Panikmache oder echt nötig?

von Anne Sailer

Die Meldungen überschlugen sich förmlich: Frau fällt tödlichen Bakterien zum Opfer nachdem sie in der Ostsee baden war. Auch von fleischfressenden Bakterien, den Vibrionen, ist die Rede, man kann auch von "Killer-Viren" lesen. Das sind Meldungen, derentwegen viele jetzt vorsichtiger ins Wasser gehen. Panikmache oder angebrachte Vorsicht? MDR Wissen hat beim zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg Vorpommern nachgefragt

Wir sind nicht die einzigen, die sich an ihn gewandt haben: Bei Heiko Will, Direktor des Landesamtes in Rostock, steht das Telefon nicht mehr still. Ruhig und geduldig und arbeitet er ein Interview nach dem anderen ab. Nein, Vibrionen sind keine fleischfressenden Bakterien, Viren schon mal gar nicht und, ja, es gibt sie in der Ostsee, sagt Will:

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Vibrionen als natürlicher Bestandteil der Bakterien-Flora salzhaltiger Meereswässer einfach zur Ostsee dazugehören. Wenn die Ostsee mehr als 20 Grad hat, vermehren sich diese Bakterien sprunghaft.

Heiko Will

Dass dem so ist, weiß man in Rostock seit 2003, erklärt der Direktor des Rostocker Landesamtes. Etwa fünf Millionen Menschen steigen jedes Jahr zur Badesaison in die Ostsee, rechnet er vor. Das sind seit 2003 rund 90 Millionen Menschen. Von denen erkrankten 50 Menschen an einer durch Vibrionen ausgelösten Infektion, acht Menschen starben daran. "Jeder Tote ist einer zu viel", sagt Heiko Will und setzt nach, verhindern lasse sich das jedoch nicht.

Vibrionen brauchen es mindestens 20 Grad warm

Ab 20 Grad beinhaltet die Ostsee Vibrionen. Vibrionen sind aber für gesunde Menschen ungefährlich. Das Risiko einer Erkrankung erhöht sich bei geschwächtem Immunsystem - nicht ungewöhnlich, das gilt auch für alle anderen Krankheitsverläufe. Wenn dazu eine offene Hautwunde kommt, können diese Bakterien leichter in den Körper eindringen. Betroffen sind ältere Menschen und diejenigen mit geschwächtem Immunsystem, etwa aufgrund von Lebererkrankungen oder Diabetes. Dringen die Vibrionen dann durch eine Wunde in den Körper ein, können sie zu einer Sepsis, einer Blutvergiftung, führen. Dann muss schnell gehandelt werden: Antibiotika helfen, notfalls müssen befallene Körperteile amputiert werden. Damit es gar nicht so weit kommt, sollten alle die Symptome kennen, rät Heiko Will:

Sowas wie Schüttelfrost, Fieber, Krämpfe und so weiter. Aber Voraussetzung für eine Infektion ist immer, dass man immunschwach ist.

Heiko Will

Symptome für Vibrionen-Infektion

Die ersten Symptome zeigen sich übrigens wenige Stunden nach der Infektion. Wer Vibrionen zum Beispiel durch den Mund aufnimmt, weil er Wasser geschluckt hat oder kontaminierte Meeresfrüchte gegessen hat, reagiert mit Brechdurchfällen, Fieber und Schüttelfrost. Auch Rötungen und Schwellungen der Haut gehören dazu und Blasenbildung auf der Haut. Wer all das beobachtet: Sofort zum Arzt und unbedingt erwähnen, dass man im Wasser war. Grundsätzlich aber, sagt Heiko Will, ist das Baden in der Ostsee weiter ohne Einschränkung möglich:

Wir sind ja dankbar über gute Sommer und über 20 Grad und mehr in der Ostsee. Allein dass es Bakterien in der Ostsee gibt, ist noch kein Hinweis darauf, dass die Ostsee verseucht wäre. Es ist ein natürliches Gewässer und in natürliche Gewässer gehören auch Bakterien. Ansonsten müssten Sie in gechlortem Wasser in einer Schwimmhalle baden.

Heiko Will

Dieses Thema im Programm:MDR aktuell | Radio | 08. August 2019 | 18:50 Uhr