Ein Moor wieder zu vernässen – macht das Sinn?

26. April 2021, 07:00 Uhr

Moore können unser Klima retten. Bis zu 5 Prozent unseres CO2-Ausstoßes könnten sie speichern. Deshalb will die Bundesregierung alle trockengelegten Moore wieder aktivieren. Wieso das funktionieren kann und ob die Wiedervernässung der Moore wirklich was bringt, hat Annegret Faber nachgefragt.

Wir kennen sie alle: Moorleichen im Tatort oder anderen Kriminalgeschichten. Unser Vertrauen zu einem Moor machen die nicht gerade besser. Allerdings sollen Moore ganz harmlos sein. Man kann sogar darin spazieren gehen, sagen Moorforscher. Das macht auch Jan Peters von der Uni Greifswald gern.

Wenn man weiß wo man hintreten muss, oder wo man nicht hintreten sollte, wenn man also die Vegetation lesen kann, dann kann man auch über ein Moor laufen.

Jan Peters, Uni Greifswald

Moore entstehen da, wo permanent Wasser auf dem Boden steht. Der weicht nach und nach auf und nach ein paar Jahrhunderten ist da ein Moor, also dicker Schlamm. In Deutschland gibt es Moore, da ist er bis zu 12 Meter tief. Und dieser Schlamm, oder auch Torf, ist so komprimiert, dass darin alles luftdicht abgeschlossen wird und dadurch erhalten bleibt. Genau das ist der Vorteil von einem Moor.

Die Pflanzen nehmen ja durch Photosynthese Kohlestoff aus der Atmosphäre auf, setzen sie um in organische Kohlenstoffe, die dann in den Pflanzen angelagert werden. Wenn diese pflanzliche Biomasse nicht abgebaut wird, dann wird sie der Atmosphäre entzogen.

Jan Peters

Ein Moor ist sozusagen ein Jahrtausende alter Speicher. Tiere, Pflanzen, auch Menschen bleiben da erhalten, sagt Felix Grützmacher vom Naturschutzbund Deutschland.

Was wir durch Erkenntnisse der Wissenschaft heute genau beschreiben können, sind die dramatische Emissionen, die aus Mooren kommen, wenn man sie entwässert und intensiv nutzt.

Felix Grützmacher, NABU

Seit den 50er Jahren werden Moore trocken gelegt. Heute soll es nur noch weniger als drei Prozent von diesen wertvollen Flächen in Deutschland geben. Und da ihnen das Wasser entzogen wird, beginnt die ganze Biomasse im Moor zu vergammeln. Das heißt: Moore geben jede Menge Kohlestoff an die Atmosphäre ab. Etwas weniger als 50 Millionen Tonnen sollen das nur in einem Jahr sein. Das sind fünf Prozent der gesamten CO2 Emission in Deutschland.

Hier müssen wir umsteuern, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Allein mit technischen Maßnahmen werden wir das nicht schaffen. Wir müssen viel mehr auch in die Ökosysteme schauen.

Felix Grützmacher

Die Regierung reagiert und will nun Moorflächen wiedervernässen. Allerdings fehlt ein gutes Konzept, so Kritiker. Und Bauern finden das gar nicht lustig, denn die sollen ja ihre landwirtschaftlichen Flächen aufgeben, die in den Jahrzehnten vorher extra für sie trocken gelegt wurden. Wer die Rechnung zahlt, ist noch offen, sagt Karsten Padecken. Er ist Landwirt und bewirtschaftet ca. 100 Hektar trocken gelegte Moorfläche.

Ich glaube denen sind die Auswirkungen gar nicht bewusst, was das bedeutet - und vor allem, was für Kosten das verursacht. Darum dreht es sich nämlich auch: Wer bezahlt das? Und es kann nicht angehen, dass das auf die Eigentümer und Bewirtschafter alleine abgewälzt wird, auch von der Kostenseite. Das geht überhaupt nicht!

Karsten Padecken, Landwirt

Nasse Moore brauchen viel Wasser. Wo kommt das her? Und was wird mit dem Landwirt, der bisher von der Fläche gelebt hat? Moorforscher Jan Peters sagt: Manchmal würde es reichen, das Abpumpen der Moorflächen zu stoppen. Da brauche es gar nicht viel Infrastruktur. All das muss aber für jede einzelne Fläche entschieden werden. Agrarökonom Sebastian Lackner von der Universität Rostock bringt die Sorgen der Landwirte so auf den Punkt: Moorschutz ist extrem teuer.

Für Felder, die unter Wasser stehen, bekommt ein Landwirt derzeit nichts. Nur wenn er etwas ernten kann, fließt Geld. Um Moore wieder zu vernässen gibt es derzeit zwei Alternativen. Die erste: Schilf anbauen und auf den nassen Flächen ernten. Das bedeutet Umstrukturierung und neue Technik anschaffen. Oder: den Boden bewässern und liegen lassen, bis da wieder ein richtiges Moor ist. Beides wäre für den Landwirt ein Verlustgeschäft. Akzeptable Anreize gibt es aber noch nicht. Diskutiert wird über hohe Einmalzahlungen pro Hektar oder eine Zahlung von 50 Euro pro eingesparter Tonne CO2. Eine Umfrage unter Landwirten ergab eine Kompensationsforderung von bis zu 2.000 Euro pro Hektar und Jahr.

Die Bundesregierung macht ganz brav zu allen ihren Vorhaben Diskussionsforen. Aber wenn man mal in die sozialen Medien guckt, dann stellt man schon fest, dass viele Landwirte sich nicht mitgenommen fühlen. Am Ende muss ich zu jedem einzelnen Landwirt, der auf einer Moorfläche wirtschaftet, hinfahren, ihm das erklären und dann über mehrere Jahre eine Kooperation etablieren. Das muss auf einer ganz anderen Ebene stattfinden. Da reicht es nicht, wenn ich irgendwo mal eine Videokonferenz habe!

Sebastian Lackner, Universität Rostock

Moore wieder zu vernässen wäre nicht nur gut für die Klimaziele. Auch die Artenvielfalt würde auf diesen Flächen wieder ansteigen. Pflanzen, Insekten, Vögel, die dort vertrieben wurden, könnten wieder ein zu Hause finden.

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10 Kommentare

MDR-Team am 06.10.2021

@menke,
wir möchten Ihre Expertise in keiner Weise anzweifeln. Jedoch sind drei Kommentare Ihrerseits nicht ansatzweise ausreichend, um die Klimaforschung der letzten Jahrzehnte zu widerlegen.

menke am 05.10.2021

Hier zeigt sich in der ganzen Diskussion das Dilemma: die Klimatologie stellt Kohlendioxid und Methan als die wichtigsten vom Menschen verursachten Klimagase dar. Ich als Kapitän und Waldbesitzer stelle dar, dass und warum das nicht so ist. Der Volumenanteil beider Gase in der Atmosphäre ist zu gering, um eine solche Wirkung zu erzielen und kann einen solchen wirksamen Anteil auch nicht erreichen. Eine derart mit Methan belastete Atmosphäre wäre selbstentzündlich. Kohlendioxid ist gar kein Klimagas. Eine Auseinandersetzung vor Gericht scheint unausweichlich zu sein. Das werden auch für eine künftige Regierung interessante Monate werden.

MDR-Team am 05.10.2021

@menke,
nein, Methan ist nach Kohlendioxid das zweitwichtigste anthropogene Treibhausgas, das zur Klimaveränderung beiträgt (Houghton, J. T. et al. Climate Change 2001: The Scientific Basis.
Cambridge University Press, Cambridge, UK, 2001). Und während intakte Moore eine positive Bilanz aufweisen, ist das bei der Landwirtschaft nicht der Fall. Das können Sie beim Umweltbundesamt nachlesen. Dort finden Sie auch die Information "Im Jahr 2020 war die deutsche Landwirtschaft entsprechend einer ersten Schätzung somit insgesamt für 60,4 Millionen Tonnen (Mio. t) Kohlendioxid (CO2)-Äquivalente verantwortlich (siehe Abb. „Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft nach Kategorien“). Das sind 8,2 % der gesamten ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen des Jahres". (https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft)