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HirnforschungWas macht einen Hit zum Hit?

27. Januar 2020, 12:40 Uhr

Manche Lieder dominieren viele Wochen die Musikcharts, andere aber nicht. Warum werden einige Songs zu Hits und andere werden vergessen? Wissenschaftler in Leipzig sind der Antwort einen Schritt näher gekommen.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diese Zeile lesen: "Knowing me, Knowing you – aha…" Richtig, ABBA! Dabei ist der Song über 40 Jahre alt. Es ist der vierte Februar 1977. Die Band ABBA ist gerade auf ihrer Europa-Australien-Tournee, als Ihre Single "Knowing me, Knowing you" veröffentlicht wird und als Riesenerfolg durchstartet.

In Deutschland, Großbritannien, Irland, Mexiko und Südafrika landet er auf Platz eins. Und hält sich wochenlang in den Charts. Aber warum? Was macht uns an bestimmten Songs so viel Spaß? Dieser Frage haben sich Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kognitionswissenschaften in Leipzig gestellt.

KI analysierte Akkorde

Um sie zu klären, brauchten die Forscher neben dem ABBA-Hit 745 weitere Songs der US-Billboard-Charts und etwas Künstliche Intelligenz, die die ganze Musik analysiert. Stefan Koelsch, Professor für biologische und medizinische Psychologie und Mit-Autor der Untersuchung erklärt, wie das abgelaufen ist hat.

Also das Computerprogramm guckt sich alle möglichen Akkordfolgen an. Und findet dann heraus: Dieser Akkord kommt oft nach dem Akkord. Und dieser Akkord kommt fast nie nach dem Akkord. Und dann geben wir eine neues Stück hinein und er erkennt: Aha, jetzt ist dieser Akkord, jetzt ist dieser Akkord.

Stefan Koelsch, Max-Planck-Institut für Kognitionswissenschaften

Was wird bevorzugt: Bekannte oder unbekannte Akkordreihenfolgen?

Die Forscher wussten also welche Akkorde häufig aufeinanderfolgen und welche eher selten. Aber was gefällt uns Menschen besser? Überrascht werden mit ungewöhnlichen Akkorden? Oder wenn die Akkorde gespielt werden, die wir erwarten? Die Antworten darauf kann nur ein Hörer geben und so durften sich zahlreiche Probanden sehr viel Musik anhören.

Damit die aber nicht durch Lieblingskünstler, Text oder Emotionen in ihrem Urteil beeinflusst werden, mussten die Forscher die Hits noch ein wenig "vereinfachen", erklärt Koelsch: "Wir haben von den Musikstücken nur die Harmonien genommen. Wir haben die Melodien weggelassen und wir haben die Rhythmen weggelassen."

Probanden mussten unkenntlich gemachte Songs bewerten

Diese unkenntlich gemachten Versionen sollten die Probanden bewerten: Ist es angenehm, was sie hören? Und die Antworten überraschten Koelsch und seine Kollegen.

Wenn wir nicht wissen, was wir gerade erwarten sollen, wenn wir uns unsicher sind darüber, was wohl als nächstes kommt, dann möchten wir keine überraschenden Akkorde, sondern solche, die ins Schema passen und sozusagen langweilig sind. Wenn wir aber meinen zu wissen, was als nächstes kommt, wenn wir uns sicher sind, als nächstes kommt der und der Akkord, dann finden wir das angenehm, wenn wir überrascht werden. Wenn genau dieser Akkord dann eben nicht kommt.

Stefan Koelsch, Max-Planck-Institut für Kognitionswissenschaften

Wir mögen Cliffhanger in der Musik

So richtig springt unser Spaßsystem im Gehirn aber vor allem in einer Situation an: Wenn wir gar nicht wissen, was als nächstes passiert. "Und das zeigt uns auch, dass wir das spaßig finden in Musik, von dem Komponisten etwas in der Schwebe gehalten zu werden, sozusagen wenn es Cliffhanger in der Musik gibt", sagt Koelsch.

"Es bleibt spannend" – diesen Satz sollte bald der Leitspruch jedes Musikers werden. Denn dann klappt’s auch mit dem Welthit!

jb

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 20. März 2019 | 07:30 Uhr

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