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Mobilität der ZukunftVon Rettungsdrohne bis Flugtaxi: Startschuss für Forschungscampus in der Lausitz

28. August 2024, 10:35 Uhr

Drohnen für Rettungseinsätze, Flugtaxis, Logistik-Roboter, autonome Agrarmaschinen und ein riesiger spaciger Fahrsimulator. Was früher Science-Fiction war, wird immer mehr zu Realität. Die TU Dresden hat gestern in Freital den Startschuss für Sachsens Forschungszentrum "Smart Mobility Lab" gegeben.

von Katrin Tominski, MDR WISSEN

Die Technische Universität Dresden will mit dem Forschungszentrum "Smart Mobility Lab" die Mobilität der Zukunft erforschen. Auf einem Campus in Schwarzkollm – einem Stadtteil von Hoyerswerda in Ostsachsen – entsteht dazu eine einen Hektar große und über 30 Meter hohe Fahr- und Flugversuchshalle. Sie soll einzigartige Labore umfassen und zur Entwicklung, Testung, Zulassung und technischen Überwachung unbemannter Fahrzeuge und Fluggeräte dienen. 

Von der Rettungsdrohne bis zum Flugtaxi

"Wir erforschen hier kontrolliertes Fahren und Fliegen", erklärte Hannes Braßel von der Professur für Technologie und Logistik des Luftverkehrs. "Von der Rettungsdrohne bis zur Passagiere befördernden Flug-Taxi-Drohne wollen wir hier im Luftverkehr alles erforschen, was geht." Dazu entstünde neben der großen Flugversuchshalle auch eine Klimahalle und eine elektromagnetische Absorberkammer, deren Wände elektromagnetische Strahlung absorbieren können.

Autonom fliegen, ohne Kollision: Das will der junge Forscher Hannes Braßel mit seinen Kollegen in der neuen Flughalle erforschen. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Kollisionsverhalten erforschen

Ingenieur Braßel weiß, wo die Herausforderungen des autonomen Fliegens liegen. "Ein Schwerpunkt wird die Analyse des Kollisionsverhalten sein, sowohl zwischen Drohnen als auch zwischen Drohnen und bemannten Flugobjekten", erklärt Braßel. Die TU habe auch ein eigenes Flugzeug. Von diesem sollten später auch die Rettungsdrohnen für die letzte Meile abgeworfen werden. "Rettungsszenarien sind eines unserer Hauptforschungsgebiete", sagt Braßel.

Die TU hat sogar ein eigenes Flugzeug und Mitarbeiter mit Piloten-Fähigkeiten. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Verschiedene Funkbereiche in verschiedenen Ländern

Bis zur ausgefeilten Drohnenrettung und zum Flugtaxi sei es jedoch noch ein weiter Weg. Einerseits müssten mögliche Ausweichmanöver und ihre Folgen für den restlichen Flugverkehr genau erforscht sowie verschiedene Wetterszenarien durchgespielt werden, andererseits gelte es das Verhalten der Flugobjekte in den verschiedenen elektromagnetischen Frequenzbereichen, kurzum Funkbereichen zu testen. "Was passiert bei Signalverschattung, also wenn der Funkkontakt abbricht und wie agieren die Drohnen in anderen Ländern", fragt Braßel. Nicht überall seien die Funkfrequenzen gleich, in den USA beispielsweise würde in anderen Frequenzbereichen gefunkt. Wichtig seien auch allen Themen rund um Cybersicherheit, um den Flugverkehr vor Manipulationen zu schützen.

Der Feldschwarm, wie der autonome Agrarroboter von seinen Schöpfern liebevoll genannt wird, kann punktgenau analysieren, Erde lockern und Saatgut einstreuen. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Autonomer Feldschwarm hilft Bauern

Neben Flugobjekten erforschen Wissenschaftler im neuen Mobilitätsforschungszentrum auch automatisierte Landmaschinen. Der "Feldschwarm" kann Bauern zum Beispiel ressourcenschonend bei der Bodenbearbeitung und der Aussaat helfen. "Die Maschine kann leichte mittlere Bodenbearbeitung erledigen – hochautomatisiert. Sie kann sich selbstständig auf dem Feld bewegen, navigieren, Hindernisse erkennen und intelligent mit den Landwirten zusammenarbeiten und somit sehr produktiv die Feldarbeit erledigen", erklärt Martin Hengst, Diplomingenieur an der Professur für Agrarsystemtechnik der TU Dresden. Das Potenzial dieser Maschinen sei vielseitig einsetzbar, da sie relativ klein und kompakt sind. "Hindernisse auf Feldern können einfach und leicht rausgearbeitet werden können." Zudem werde der Boden durch die leichteren Maschinen weniger verdichtet, ein großer Vorteil für Umwelt und Landwirtschaft.

Logistik-Assistenten mit Echtzeit-Reaktion

Mikhail Belov, Forscher an der TU-Professur für Softwaretechnologie beschäftigt sich mit Robotern für die Innen- und Außenanwendung. Zum Start des "Smart Mobility Labs" hat er Max mitgebracht. "Wir haben auch noch einen anderen, der heißt Moritz", erklärt der Forscher. Roboter Max ist für den Gebrauch in Innenräumen und kann sowohl als Logistik-Assistent, als auch als Assistent für die Pflege oder für Aktivitäten des täglichen Gebrauchs zum Beispiel zum Einkaufen genutzt werden. Doch was hat das mit Mobilität zu tun. "Wir nennen Max auch mobile Manipulationsplattform", erklärt Foscher Belov. "Mobil, weil er fahren kann und Manipulation, weil er einen Arm besitzt und sozusagen über seinen Maschinenkörper hinaus, Dinge verändern, manipulieren kann." Max eigne sich auch gut für die Überwachung von Industrieanlagen, weil er gute Simultan-Lokalisierungstechnologien besitzt. Er kann also quasi in Echtzeit immer genau senden, was dort alles so auf dem Betriebsgelände passiert und auch gebraucht wird.

Mikhail Belov möchte "Roboter" Max für seine Aufgaben noch weiter optimieren. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Roboter sollen Gaslecks erschnüffeln

"Ein anderer Roboter, den wir entwickelt haben, eignet sich für Rettungseinsätze draußen", erklärt Belov. Ausgestattet mit Sensoren sei es ihm zum Beispiel gelungen, ein Gasleck zu erschnüffeln. Ausgereifte, vernetzte Geräte, die untereinander, aber auch mit Drohnen und Menschen gut interagieren können, dass sei ein großes Ziel der Mobilität der Zukunft. "Wenn wir erfolgreich weiter forschen, kann der Roboter einmal das Mädchen für alles sein", stimmt der junge Forscher der Frage nach einer breiten Anwendung zu.

Viel Entwicklungsarbeit steckt im Prototypen "Max". Große Herausforderung: Den Chip so zu programmieren, dass hohe Datenmengen in Echtzeit fließen. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Weltweit größter Fahrsimulator

Professor Günther Prokop, Leiter des Smart Mobility Labs und Inhaber der Professur für Kraftfahrzeugtechnik an der Fakultät Verkehrswissenschaften der TU Dresden hat mit seinen Kollegen einen riesigen Fahrsimulator (Dresden Driving Simulator) entwickelt: "Der mit Abstand größte hochimmersive Fahrsimulator weltweit erzeugt ein nahezu realistisches Fahrempfinden und ermöglicht eine effiziente, kooperative und unmissverständliche Kommunikation zwischen Mensch und Maschine", sagte Prokop. "Der selbstfahrende, reifenbasierende Fahrsimulator erlaubt theoretisch eine unbegrenzte Erweiterung des Arbeitsraums, was wiederum eine maßgebliche Steigerung der Simulationsqualität zur Folge hat.“

Der nach Angaben der TU Dresden weltweit größte hochimmersive Fahrsimulator steht gerade in Freital bei Dresden. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Hochmoderne Infrastruktur für ganzheitliche Mobilitätsforschung

Das sind nur einige Beispiele des interdisziplinären Zentrums in der Lausitz. "Am Smart Mobility Lab (SML) soll fachübergreifend zu emissionsfreier, intelligenter, sicherer und multimodaler Mobilität geforscht werden", erklärte TU-Rektorin Ursula Staudinger. Dazu gehörten auch verschiedene Simulatoren, wie der Dresden Driving Simulator (DDS), ein stationärer Fahrsimulator, ein Fahrradsimulator sowie ein Fußgängersimulator. Eine solche Forschungsinfrastruktur ziehe auch Unternehmen an, die gemeinsame Forschung betreiben wollen. "Die Flughalle wird weltweit einzigartig sein", sagte die Rektorin.

Investitionssumme von 100 Millionen Euro

Die Investitionssumme von mehr als 100 Millionen Euro stammt vor allem aus Mitteln für den Strukturwandel in den Braunkohlegebieten. Der riesige Fahrsimulator von Professor Prokop wird nach Fertigstellung des neuen Forschungscampus nach Hoyerswerda umziehen. Ab 2027 will man dort vor Ort forschen. Mehr als 300 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Große Freuden bei den Wissenschaftlern, dem Bürgermeister von Hoyerswerda Torsten Ruban-Zeh (re.), Rektorin Ursula Staudinger (2.v.re) sowie Ministerpräsident Michael Kretscher (3.v.re). Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Gemeinsame Forschung vieler Professuren der TU

Im neuen "Smart Mobility Lab" forschen viele Professuren der TU Dresden interdisziplinär zusammen. Dabei sind unter anderem die Professur für Kraftfahrzeugtechnik (Günther Prokop), die Professur für Technologie und Logistik des Luftverkehrs (Harmut Fricke), die Professur für Agrarsystemtechnik (Thomas Herlitzius) und die Professur für Softwaretechnologie (Uwe Aßmann).

Sachsen Ministerpräsident Kretschmer lobt Innovationskraft

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stellte das Smart Mobility Lab als Beispiel für die sächsische Innovationskraft heraus und betonte die Bedeutsamkeit des Bauvorhabens für die Region Oberlausitz: "Moderne Mobilität ist eines der bedeutendsten Zukunftsfelder in der Innovationsstrategie des Freistaates Sachsen. Das neu entstehende 'Smart Mobility Lab' in Hoyerswerda zeigt, dass wichtige Zukunftstechnologien mit globaler Reichweite in Sachsen entwickelt werden. Mit dem TU Forschungscampus bauen wir neue Wirtschaftsstrukturen auf, von denen die Menschen in der Oberlausitz profitieren werden“, sagte Kretschmer.

Ministerpräsident Kretschmer lässt sich den Fahrsimulator erklären. Bildrechte: MDR/Katrin Tominski

Links/Studien

Weitere Information: Das "Smart Mobility Lab"

tomi/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 27. August 2024 | 20:00 Uhr

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