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Die Chinone (blau) entnehmen frei werdende Elektronen (rot) aus dem Photosyntheseprozess. Bildrechte: Robin Horton

ElektronenMehr Energie aus Photosynthese: Forscher entdecken unbekannten Prozess in Pflanzen

03. April 2023, 11:17 Uhr

Britische Forscher haben einen bisher unbekannten Mechanismus entdeckt, der natürlicher Photosynthese erlaubt, mehr Elektronen zu ernten. Dieser "Hack" ist wie eine Abkürzung im Prozess der Energiegewinnung und erlaubt den Pflanzen, mehr Energie zu gewinnen, als Wissenschaftler bisher dachten.

Einzig mit Licht das CO2 in der Atmosphäre abbauen und dabei noch Energie gewinnen, beispielsweise als Wasserstoff – das kann Photosynthese, wie sie Pflanzen in Millionen Jahren Evolution entwickelt haben. Und die wollen zahlreiche Forschungsgruppen weltweit nachbauen und nach Möglichkeit noch viel effizienter machen. Ziel: Den Klimawandel bekämpfen und dabei billig Energie herstellen.

Forschende aus Cambridge, Rostock und Bochum glauben jetzt, wieder einen Schritt näher gekommen zu sein. Mit einer neuen Beobachtungsmethode haben sie einen bislang unbekannten Mechanismus der pflanzlichen Photosynthese entdeckt, der die technische Nutzung viel effizienter machen könnte. Das berichten sie in ihrer Studie im renommierten Journal "nature".

Ultraschnelle Spektroskopie: Energieflüsse im billionstel Sekundenbereich werden messbar

Die Wissenschaftler um die Chemikerin Jenny Zhang von der Universität Cambridge und den Biochemiker Marc Nowaczyk von der Universität Rostock hatten sich intensiv mit Chinonen beschäftigt, ringförmigen Molekülen, die in den Pflanzenzellen bei der Photosynthese freiwerdende Elektronen einfangen.

Dazu untersuchten sie die Zellen von Cyanobakterien, die auch als Blaualgen bekannt sind und die zu den ältesten, zur Photosynthese fähigen Organismen auf der Erde gehören. Zhang und Kollegen betrachteten während der Photosynthese den Energiefluss in den Bakterienzellen mit einer ultraschnellen Spektroskopie. Ultraschnell bedeutet, dass einzelne Energieflüsse auf der Zeitskala von einer Billionstel, also dem einen Millionstel einer Millionstelsekunde messbar wurden.

Frühe Energiegewinnung in der Photosynthese

Eigentlich hatten das Team geglaubt, Photosynthese-Prozesse seien bereits vollständig erforscht. Die neue Methode sollte deshalb bekannte Informationen bestätigen. Dann aber hätten sie erstaunt einen unbekannten Transferweg von Elektronen entdeckt. "Wir hatten offenbar nicht so viel über Photosynthese gewusst, wie wir dachten. Der neue Elektronen-Pfad, den wir fanden, erstaunt uns sehr", sagt Zhang.

Das Besondere: Diese Elektronen werden schon ganz früh zu Beginn des Photosynthese-Prozess abgespalten. Dieser Fakt war auch bereits bekannt. Doch eine Nutzung dieser Elektronen als elektrische Energie erschien anderen Forschungsgruppen unmöglich, da sie annahmen, die Elektronen seien schlecht aus den Zellstrukturen lösbar.

Zhang und ihr Team konnten durch die neue Methode nun zeigen, dass die Elektronen stattdessen durch die Chinonen-Moleküle abgeschieden werden und damit theoretisch auf einfache Weise genutzt werden könnten. "Viele Wissenschaftler haben versucht, die Elektronen an einem früheren Punkt der Photosynthese zu gewinnen, aber sie sagten, es sei nicht möglich, weil die Energie so tief im Proteingerüst vergraben ist", so Zhang. "Die Tatsache, dass wir sie in einem früheren Prozess stehlen können, ist verblüffend. Zuerst dachten wir, wir hätten einen Fehler gemacht: Es dauerte eine Weile, bis wir uns davon überzeugen konnten, dass wir es geschafft hatten."

Der wichtige Effekt ist, dass dadurch hohe Energieverluste, die in den sogenannten Fotosystemen entstehen, vermieden werden können. "Unsere Ergebnisse ermöglichen völlig neue Konzepte für das Design von biologischen Solarzellen, wodurch sich – zumindest theoretisch – die Effizienz deutlich verbessern ließe", so Marc Nowaczyk. "Bis dies tatsächlich in der Praxis Anwendung finden wird, ist es aber noch ein längerer Weg und erfordert weitere Forschung", ergänzt er abschließend.

Neues Wissen über Elektronenfluss kann erneuerbare Energien effizienter machen

Auch für technische Ansätze wie Photosynthese machende Solarzellen, dürften diese neuen Ergebnisse erst einmal keine Verbesserung bringen. "Wir haben es ja bei den natürlichen, beziehungsweise biologischen Systemen mit wenig effizienten Systemen zu tun mit großen Verlusten. Insofern sind die Hinweise auf eine Übertragung auf anwendbare Systeme auch wirklich äußerst vage gehalten", sagt Thomas Hannappel, der an der TU Ilmenau an sogenannten Tandemzellen forscht. Das Photovolatikzellen, die mit Hilfe von Sonnenlicht Wasser und CO2 spalten können.

Photosynthese gilt als einer der komplexesten physikalischen Prozesse im biologischen Leben. Den Transport der Ladungen durch lebende Zellen zu beobachten ist laut den britischen Forschenden erheblich schwieriger, als Ladungen durch geordnete Materialien zu verfolgen. Insofern liefert die neue Arbeit vor allem Grundlagen für die genauere Beobachtung der Prozesse in natürlichen Zellen.

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