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Deutscher ErdüberlastungstagÖko-Fußabdruck verkleinern: Verzicht geht auch mit Spaß

03. Mai 2019, 14:08 Uhr

Die Umweltorganisation Germanwatch hat errechnet: der 3. Mai 2019 ist der Tag, an dem wir unsere Ressourcen für das Jahr aufgebraucht haben. Ab jetzt leben wir auf Pump. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir uns einschränken. Fliegen? Ein ökologische Sauerei. Fleisch essen? Dito. Sich gar nichts mehr gönnen? Ist irgendwie auch doof. Dabei kann verzichten, umdenken und sensibiliseren sogar schweinisch Spaß machen.

Der 3. Mai ist deutscher Erdüberlastungstag. Deutschlands Ressourcenbudget ist bei weitem ausgeschöpft und Deutschland ist im europäischen Vergleich Schlusslicht. Seit Jahren wissen wir, dass unser heutiger Lebensstil auf Kosten der Folgegenerationen geht. Auch die diversen "Fußabdruckrechner" im Internet, mit denen sich leicht der eigene Wert berechnen lässt, sind nicht neu. Und Spaß macht das Ganze dann auch nicht: Selbst wenn der eigene Fußabdruck klein ist, weil man nicht mit Auto oder Flugzeug reist, wenig oder kein Fleisch auf dem eigenen Speiseplan hat, das dicke Ende kommt zum Schluss:

Bildrechte: MDR.DE | MDR.DE

Der gelbe 1,0 gha-Wert ist der persönliche Wert einer Redakteurin. 2,3 ist der gha-Wert Deutschlands. Und der wird auf den persönlichen Fußabdruck draufgeschlagen und - schwupps - ist die persönliche Ökobilanz, die dank Radfahren, Flug- und Fischverzicht gar nicht so übel ausschaut, versaut. Also was jetzt - kann man das dann nicht einfach lassen? Der Volksmund behauptet: Kleinvieh macht auch Mist, Klimazahlen und Fakten verdrängen nach dem Motto "Nach mir die Sintflut" ist keine Option.

Was genau ist der gha-Wert?Der Begriff stammt aus den 1990er-Jahren. Er entspringt einer Berechnung aus Angebot und Nachfrage: Wie viel Natur haben wir? Wie viel brauchen wir? Und wer nutzt wie viel? Die Einheit in diesem Buchhaltungssystem ist die biologisch produktive Fläche, dargestellt in der Maßeinheit "globale Hektar" (gha).

Für bewusste Lebenshaltung gibt's keinen Applaus

Hier ein paar einfache Ideen, wo sich der der eigene ökologische Fußabdruck eindampfen lässt.

Zugegeben, das ist auf den ersten Blick nicht wirklich sexy - es kommt ja keiner, klopft uns auf die Schulter und sagt, "Du Superheld, krass, wie viel C02 du eingespart hast," oder "Toll, dass du dir die Familientreckingtour in Peru geklemmt hast, spitze, dass ihr den Rhein lang geradelt seid". Marcel Hunecke, Umweltpsychologe an der Fachhochschule Dortmund fasst dieses gesellschaftliche Phänomen so zusammen:

Klimaschutz ist in der Zielhierarchie nicht hoch angesiedelt.

Marcel Hunecke

Schweinischer Spaß am ökologischen Fußabdruck

Dabei lässt sich der Spaß am Verzicht tatsächlich lernen und einüben. In der Redaktion Wissen haust beispielsweise seit Jahren ein Stimmungs-Schwein im Büro. Es besteht aus einem alten Luftballon, angeleimten Zeitungsfetzen und ist übermalt mit Farbresten aus der Garage. Wer schlechte Laune hat, sich über Kollegen oder Kinder ärgert, zückt das Portemonnaie, füttert die Sau und darf dann all das sagen, was er einfach mal loswerden muss. Das Schwein reinigt das Büroklima, sorgt einerseits für Erheiterung bei Kollegen und hebt die Grundstimmung, und hilft langfristig dabei, sich zu fragen: Ist mir der doofe Kollege, der dumme Vorfall jetzt echt Geld wert?

Das Redaktio nsschwein. Bildrechte: Liane Watzel

Dieses Prinzip lässt sich denkbar einfach auch zum Eindampfen des persönlichen ökologischen Fußabdrucks nutzen. Bei jedem bewussten Verzicht füttert man sein Schwein - oder was man auch immer als persönlichen Fußabdruck-Sammler benutzen mag. Diese vier Felder kann man beackern und so seinen ökologischen Fußabdruck hier und da verkleinern.

Mobilität:

Man belohnt sich einfach selbst für jeden Weg, den man mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigt, oder beim Nachbarn mitfährt oder jemanden mitnimmt zum Einkaufsmarkt – indem man zum Beispiel ausrechnet, wie viel Benzin die Kurzstrecke gekostet hätte und den Betrag in sein Fußabdruck-Schwein steckt. Dass Nerven, Autoabnutzung, C02, Lärm und Mikroplastik durch Reifenabrieb gespart werden - prima. Da niemand kommt und sich bedankt, weil Sie zur Arbeit und zurück jeweils sechs Kilometern geradelt sind und so aufs Jahr gerechnet 0,16 Tonnen CO2 gespart haben, sollten Sie sich bei sich selbst bedanken und ihr Öko-Schwein füttern.

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Ernährung:

Sich selbst belohnen für planvolles Einkaufen. Zum Beispiel, wenn man bewusst Taschen griffbereit hat, bevor man in den Supermarkt geht, auf PlastikEinwegbeutel für die losen Äpfel oder Tomaten verzichtet - auch wenn das die Kassiererin viellicht verwirrt.

Goldene Regeln für mehr Nachhaltigkeit im Alltag

Gemüse selbst anbauen oder aus regionalem Anbau kaufen. Saisonal einkaufen. Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern verschenken. Aus nichtb gegessenem Obst Saft und Marmelade herstellen. Bildrechte: imago/Westend61
Stichwort Mobilität Bei kurzen Strecken Auto stehen lassen, zu Fuß gehen oder Radfahren. ÖPNV nutzen, Bus- oder Bahnfahren. Fahrgemeinschaften entlasten die Umwelt ebenso wie energiesparende Fahrweise. Carsharing als Alternative zum Eigenauto. Flugreisen meiden. Bildrechte: imago/momentphoto/Killig
Information & Kommunikation Handy auch mal ausschalten. Geräte lange nutzen. Bildrechte: Colourbox.de

Oder dafür, dass man altbackene oder vertrocknete Brötchen zu Semmelknödeln oder Paniermehl verarbeitet. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt - und jeder kennt sich selbst am besten, wenn es um Nahrungsmittel geht, die sich in den Einkaufskorb schmuggeln, obwohl ihr ökologischer Fußabdruck allein schon beim Nachdenken schmerzt und bereits drei unverbrauchte Packungen im Vorratsschrank auf den Einsatz im Kochtopf warten.

Konsum:

Hier helfen ehrliche Fragen: Brauche ich das neue Smartphone ernsthaft oder diktiert das der Zeitgeist? Brauche ich selbst einen Schlagbohrhammer, oder hat nicht letztens erst der Nachbar am Sonntag... und leiht ihn sicher gern einmal aus? Muss man sich Waren im Internet bestellen oder gibt es das nicht auch im Laden um die Ecke? Sowohl solche Fragen als auch die Antworten sind unbequem und schmerzen. Warum sollte man sich das freiwillig antun? Belohnt man sich dafür, fragt es sich jedenfalls deutlich leichter.

Unsere Kollegen von Funk haben sich auf Youtube ganz speziell das Badezimmer angeschaut. Es ist erstaunlich, auf was man da alles verzichten bzw. was man selbst herstellen kann.

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Wohnen:

Auch hier kann jeder für sich ein weites Feld beackern, egal ob in Bad, Küche, Wohn- oder Schlafzimmer oder Wohnungsgröße: Muss es die 4-Raumwohnung sein, wenn man zu zweit ist? Statt T-Shirt im Winter, dicke Socken und warmen Pullover an und Heizung runter. Mit nur einem Grad weniger bei der Raumtemperatur spart man bis zu 225 kg CO2 pro Jahr. Der Wechsel zu einem Öko-Stromanbieter kann auch C02 einsparen. Und selbst wer ein eigenes Haus bauen will, findet eine ressourcenschonde Möglichkeit - zum Beispiel dieses Haus aus dem Baukasten.

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Fazit:

Es gibt viele ökologische Stellschrauben, an denen wir drehen können. Wer sein Öko-Belohnungsschwein tatsächlich konsequent füttert, kann den Wert seiner Bemühungen nach einem Jahr tatsächlich am Gewicht fühlen und sogar ausrechnen.

MDR aktuell Radio