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Online-KlimagipfelMitteldeutschland könnte von neuer Klima-Politik profitieren

21. März 2024, 14:14 Uhr

Beim Online-Klimagipfel wurde weitreichende Beschlüsse zur Begrenzung der globalen Erwärmung getroffen. Doch welche Auswirkungen haben sie auf Mitteldeutschland? Hiesige Klimaexperten sind verhalten optimistisch.

Er könnte zu einem Durchbruch im Kampf gegen die globale Erwärmung führen: der Klimagipfel, den der neue US-Präsident Joe Biden für diese Woche anberaumte. Dabei wurde unter anderem beschlossen, dass die USA ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 halbieren wollen. China will ab dem gleichen Jahr seinen CO2-Ausstoß reduzieren. Doch welche Auswirkungen haben diese Beschlüsse auf Mitteldeutschland? MDR WISSEN hat bei hiesigen Klimaexperten nachgefragt.

"Riesige Potenziale" in Mitteldeutschland

Am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) forscht Prof. Reimund Schwarze im Themenbereich Umwelt und Gesellschaft. Der Experte sieht vor allem einen beschleunigten Kohle-Ausstieg in Deutschland als direkte Folge des Online-Klimagipfels - und nicht erst schrittweise bis 2038, wie es derzeit noch der Plan ist. Das würde etwa für die Regionen in der Lausitz und im mitteldeutschen Braunkohlerevier einen noch schnelleren Strukturwandel bedeuten als er ohnehin schon im Gange ist. "Dazu muss ein Programm her", fordert Prof. Schwarze.

Der Wissenschaftler sieht darin aber auch Chancen für Mitteldeutschland, da die Region beispielsweise in der Wasserstoff-Forschung zu den führenden gehört. Diese wird von vielen Experten als wichtige Brückentechnologie angesehen, bis der Energiebedarf vollständig aus Erneuerbaren gedeckt werden kann. Laut Prof. Schwarze kann etwa der Magdeburger Raum stark profitieren - an der dortigen Uni wird zum Beispiel am neuartigen Wasserstoff-LKW geforscht. "Da haben wir riesige Potenziale, und Mitteldeutschland steht auch viel besser da als beispielsweise Nordhessen", resümiert Prof. Schwarze.

Beschlüsse könnten auch erst wieder zurückgedreht werden

Ebenfalls am UFZ arbeitet Dr. Andreas Marx als Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros. Der Klimawissenschaftler ist bei den Ergebnissen des Gipfels nach eigenen Angaben "hin- und hergerissen". Denn auch wenn die Errungenschaften gerade gefeiert werden, könnten sie bei einem Regierungswechsel etwa in knapp vier Jahren in den USA schnell wieder zurückgedreht werden - wie die Ära Trump gezeigt hat. "Die globalen Abkommen sind nicht so hart, wie gerne dargestellt werden", so Dr. Marx.

Den erwähnten Kohleausstieg bezeichnet der Forscher dabei eher als "Kohleauslaufen", da das Ende des Kohleabbaus zeitlich gar nicht wirklich verkürzt werde. Auch er sieht ihn als Chance für die betroffenen Gebiete, denn neben den regionalen Verlierern werde es auch etliche Gewinner geben. Dazu gehören die Mitarbeiter in den geplanten Forschungszentren in den mitteldeutschen Braunkohlerevieren, was weitere positive Effekte etwa auf die Infrastruktur haben könnte.

Klimatisch sieht Marx keine großen Veränderungen durch die aktuellen Beschlüsse, da Mitteldeutschland vom Klimawandel sowieso nicht so stark betroffen sein würde wie etwa die Küstenregionen. Hierzulande werde vor allem die Zahl der Hitzetage stark zunehmen: "Aber es wird hier keine Klimakatastrophe geben."

Deutschland sollte sich an Spitze der Bewegung stellen

Zum Thema Klima forscht in Leipzig auch das Brüderpaar Martin und Johannes Quaas. Die beiden Professoren, die den Komplex im Rahmen von #gernelernen auch schon einem jüngeren Publikum näherbrachten, gehen dabei mit unterschiedlichen Ansätzen vor: Johannes als theoretischer Meterologe und Martin mehr wirtschaftswissenschaftlich im Bereich Biodiversitätsökonomik. "Die maximal zwei Grad Erwärmung aus dem Pariser Klimaabkommen könnten wir mit den Beschlüssen des Online-Klimagipfels schaffen", ist Johannes Quaas optimistisch. Wobei "global zwei Grad mehr" drei Grad mehr für Mitteldeutschland bedeuteten, da das Klima bei uns kontinentaler ist - also schon dann mit deutlich mehr Hitzetagen zu rechnen ist. Letztlich dürften andere Weltregionen aber deutlich stärker betroffen sein, sodass der Kampf gegen die Erderwärmung für uns auch eine Frage der Solidarität wird.

Da der Abschied von den fossilen Brennstoffen ohnehin bevorsteht, sollte sich Deutschland nun an die Spitze der Bewegung stellen und die Wirtschaft frühzeitig darauf einstellen, fordert Johannes Quaas. Ähnlich sieht es sein Bruder, auch mit Blick auf Mitteldeutschland: "Der Kohleausstieg sollte für klimafreundliche Investitionen genutzt werden, dann können wir davon sogar profitieren", sagt der Klimaökonom. Beispiele dafür seien neben der erwähnten Wasserstoff-Forschung auch die sogenannte negative Emissionstechnologie, bei der versucht wird, den Kohlenstoff wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. "Da ist Deutschland weit vorne in der Grundlagenforschung", erklärt Martin Quaas, "aber es bleibt auch noch viel zu tun."

cdi

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