Orobates pabsti 300 Millionen Jahre alt: Thüringer Fossil lernt laufen
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Mitten im Thüringer Wald, im Norden von Tambach-Dietharz lag "Orobates pabsti" Millionen Jahre im Boden. Sogar seine Fußspuren haben die Zeit überdauert. Das macht dieses fast perfekt erhaltene Fossil zu einem Glücksfund für die Paläontologie. Ein Forscherteam hat Orobates wieder zum Leben erweckt - als Roboter. MDR Wissen-Redakteurin Kristin Kielon erklärt, wie und warum.
Es klingt ein bisschen wie eine Ente, wenn OroBOT über den Boden des Forschungslabors tapst. Allerdings sieht er ganz anders aus: Ein Skelett mit Roboter-Beinen, fast anderthalb Meter lang.
Seine Bewegungen erinnern am ehesten an die einer Echse. Sehr wahrscheinlich hat sich der Orobates vor fast 300 Millionen Jahren so über den Urkontinent bewegt. Ganz sicher ist das natürlich nicht, erklärt Professor John Nyakatura - Evolutionsbiologe an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Der Roboter ist natürlich nur eine Annäherung an die anatomischen Gegebenheiten des Fossils. Aber wir konnten ziemlich genau beispielsweise die Länge der Extremitäten, die genaue Position der Schulter- und Beckengürtel entlang der Wirbelsäule im Roboter nachbauen, aber auch die Massenverhältnisse, die Position des Masseschwerpunktes des Tiers.
Aber was für ein Tier war das überhaupt? Der Orobates gilt als Schlüsselfossil für das Verständnis der Evolution von Landwirbeltieren. Er ist sozusagen ein naher Verwandter unseres frühesten Vorfahren - gerade in der Zeit etwa, als die Tiere aus dem Wasser aufs Land kamen.
Bisher dachte man, dass die Tiere an Land erst die Fähigkeit entwickeln mussten, ihre Eier ohne ein Larvenstadium, wie etwa bei den Kaulquappen, entwickeln zu können - also beispielsweise direkt das lebende Baby zu gebären. Erst danach hätten sie effektive Gangarten entwickeln können. Doch OroBOT zeigt: Das könnte auch alles etwas anders gewesen sein. Prof. Nyakatura sagt:
Also wie ganz genau diese Sequenz in der Evolution abgelaufen ist, ist schwer zu sagen, da wir nicht genau wissen, wie Orobates sich fortgepflanzt hat. Aber dass Orobates diese fortschrittliche Art und Weise der Bewegung hatte, ist für uns ein Hinweis darauf, dass wir früher als bisher angenommen, davon ausgehen müssen, dass sich eine effektive Fortbewegung entwickelt hat.
Denn offensichtlich läuft OroBOT ja durch das Labor. Doch bis dahin war es ein weiter Weg: Zunächst haben die Forscher ein 3D-Modell des Fossils angefertigt. Dann kamen die Fußspuren dazu, in die sie einen animierten Orobates am Computer hineintreten haben lassen. So sahen sie, welche Bewegungen die Anatomie überhaupt zulässt.
Dann haben wir in einem zweiten Ansatz eine dynamische Simulation durchgeführt. Mithilfe dieser dynamischen Simulation konnten wir die tatsächliche Physik berücksichtigen, zum Beispiel die Schwerkraft oder Reibungskräfte, die an den Füßen während der Fortbewegung entstehen. Und hier konnten wir sozusagen weitere Filter definieren, die wir genutzt haben, die Möglichkeiten noch weiter einzuschränken.
Doch auch den lebenden Tieren haben sie sich zugewandt: An der Universität Jena untersuchten die Forscher den Gang einiger Reptilien in einer Hochgeschwindigkeits-Röntgenanlage. All diese Erkenntnisse zusammen ergaben eine Computersimulation, die die Forscher auch frei zugänglich ins Internet gestellt haben. Mithilfe von Schweizer Biorobotik-Spezialisten wurde das Fossil als OroBOT wieder zum Leben erweckt. Nun hofft das Team, wie Nyakatura sagt, dass auch andere Forschungsgruppen die Technologie künftig nutzen, um weitere Rätsel der Evolutionsgeschichte aufzuklären.
Dieses Thema im Programm: MDR aktuell | Radio | 17. Januar 2019 | 17:50 Uhr