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Endlich Urlaub! Jetzt bloß nichts falsch machen. Ach nein, das ist ja schon wieder Stress. Füße hoch, Buch raus. Bildrechte: Colourbox.de

UrlaubGibt es das Rezept für die perfekte Erholung?

04. Juli 2022, 12:34 Uhr

Endlich Urlaub! Doch reichen 30 Tage im Jahr, um sich ausreichend zu erholen? Und wie können wir die aufgetankte Energie möglichst lange bewahren? Dazu ist in den vergangenen Jahren viel geforscht worden. Lässt sich aus den Studienergebnissen ein Rezept für den perfekten Urlaub herleiten?

"Perfekt" und "Urlaub", das passt nicht zusammen, zumindest nicht, wenn die freie Zeit vor allem erholsam sein soll. Denn wer mit so hohen, auch medial geweckten Erwartungen plant, setzt sich selbst unter Druck und läuft Gefahr, von der Realität enttäuscht zu werden. Einerseits hat für uns in Deutschland der Urlaub einen hohen Stellenwert und für viele ist es die Zeit des Jahres ist, auf die sie sich am meisten freuen. Andererseits erzeugen zu hohe Erwartungen Stress. Deshalb sei es wichtig, der freien Zeit realistisch entgegenzusehen, um Frustration zu vermeiden, so Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig. Er rät, sich vor dem Urlaub gedanklich in erster Linie mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Sich zu fragen: Was brauche ich gerade? Was tut mir gut? Was wünsche ich mir von denen, die mitreisen, und danach zu planen. Damit hätte man gute Chancen auf einen ausreichenden Erholungseffekt.

Regeneration immer wieder auffrischen

Was die Planung der Urlaubszeiträume betrifft, empfiehlt Hannes Zacher, es wie mit den Pausenzeiten im Arbeitsalltag zu halten: Eine längere Pause einzulegen, also einen längeren Urlaub zu nehmen und darüber hinaus mehrere Kurzurlaube oder lange Wochenenden über das Jahr verteilt. Denn die ernüchternde Erkenntnis verschiedener Studien ist, dass der Erholungseffekt eines Urlaubs nicht sehr lange anhält. Je nach Länge der Auszeit sind es nur vier Tage bis maximal zwei Wochen.

Ausgleich für Körper und Geist schaffen

Das Geheimnis eines erholsamen Urlaubs liegt unter anderem auch darin, etwas ganz anderes zu tun, als man es im Alltag muss. "Die Forschung zeigt, dass es gut ist, ein Kontrastprogramm zur Arbeit zu haben und Belastungen, die man bei der Arbeit hat, auszugleichen. Wer also beruflich körperlich gefordert ist, sollte es in dieser Hinsicht im Urlaub ruhiger angehen lassen. Wer hingegen geistig viel leisten muss, dem tut Bewegung in der Freizeit sicher gut", rät Hannes Zacher. Grundsätzlich zeigen Studien, dass der Urlaub vor allem dann erholsam ist, wenn man aktiv ist. Wenn man wandern geht, eine neue Sportart ausprobiert, Museen besucht und die Stadt anschaut. Mit all dem schafft man sich auch kleine Erfolgserlebnisse, die ebenfalls Energie zurückbringen.

Nicht an die Arbeit zu denken und dafür Dinge tun, die man genießt, seinen Interessen nachgehen und selbst entscheiden, was man machen möchte.

Porf. Hannes Zacher | Arbeits- und Organisationspsychologe

Das wird schon schwieriger, wenn man in größerer Runde verreist, mit der Großfamilie oder mit Freunden. Denn dann ist es nicht mehr so einfach, individuell zu planen. Dann heißt es wieder: sich abstimmen und verschiedene Erwartungen unter einen Hut bringen. Wohl deshalb schätzten 20 Prozent der Teilnehmer einer Studie ein, sich nach einer Reise mit mehreren anderen nicht erholt zu haben. Weitere 20 Prozent gaben sogar an, dass es Ihnen danach schlechter ging als zuvor. Um das zu vermeiden, sei eine gute Planung essentiell, so Hannes Zacher: Vorher miteinander sprechen, Wünsche und Erwartungen abgleichen, Aufgaben verteilen und auch mal etwas allein oder in kleinerer Runde unternehmen.

Wie erholsam ist Urlaub zu Hause?

Es gibt derzeit viele Gründe, die die Lust am Reisen dämpfen: Das Chaos auf den Flughäfen, die aktuelle Coronawelle und der Ukraine-Krieg. Können wir uns auch zu Hause gut erholen? Grundsätzlich sei ein Tapetenwechsel, eine Abwechslung immer gut, so Hannes Zacher. Wenn man zu Hause bleibt, seien Arbeit und Alltag auch in der freien Zeit nahe. Wenn man jedoch ein paar Dinge berücksichtigt, kann Urlaub zu Hause genauso erholsam sein wie an anderem Ort, vielleicht sogar erholsamer, weil der Reisestress wegfällt.

Man muss dann wirklich aktiv abschalten können und auch etwas unternehmen.

Prof. Hannes Zacher

Den Erholungseffekt konservieren

Dass das Gefühl des Ausgeruhtseins im Durchchnitt nur wenige Tag anhält, hat zum einen damit zu tun, dass manche Menschen auch im Urlaub Stress erleben, zum Beispiel durch die bereits erwähnten zu hohen Erwartungen, oder durch Konflikte mit anderen. Darüber hinaus verfliegt die innere Ruhe schnell, wenn man sofort am ersten Tag zur alten Routine zurückkehrt: Wenn man gleich die E-Mails liest und abarbeitet, die Wäsche wäscht, in Gedanken bereits wieder bei der Arbeit ist. Viel lieber sollte man versuchen, den Urlaub zumindest in der Freizeit zu verlängern. Am Abend ein kühles Getränk zu genießen, Fotos anzuschauen, eine Sportart weiter zu betreiben, die man im Urlaub für sich entdeckt hat. Was den Einstieg in den Arbeitsalltag betrifft, empfiehlt Zacher, es so ruhig wie möglich angehen zu lassen. Zwar könne man sich die Anforderungen nicht unbedingt aussuchen, aber man könne zumindest versuchen, den ersten Arbeitstag auf einen Mittwoch oder Donnerstag zu legen, um das Wochenende nahe vor sich zu haben und den Urlaub damit in gewisser Weise zu verlängern und im Laufe eines Tages auf ausreichend Pausen zu achten.

Links/Studien

Zutaten für einen erholsamen Urlaub: In diesem pdf können Sie sich Tipps holen.
War Ihr Urlaub erholsam? Ergebnisse und Anwendungen aus der Erholungsforschung stehen in diesem pdf.
Wie lange der Erholungseffekt anhält. Viel zu kurz. Besser nur anklicken, und wenn Sie wirklich neugierig sind.
Erholung, Wohlbefinden und leistungsbezogene Ergebnisse: Welche Rolle spielen Arbeitslast und Urlaub? In diesem pdf finden Sie Antworten.
Wie viele Urlaubstage nehmen die Deutschen eigentlich? 30 bis 31, und das schon seit gut 30 Jahren, sagt das Statistische Bundesamt. Wie wichtig Urlaub für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist, hat diese Metastudie untersucht

krm