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Nach schwierigen Jahren scheint über dem Solar Valley bei Bitterfeld-Wolfen aktuell wieder mehr Sonne. Bildrechte: IMAGO / Jürgen Held

Photovoltaik Days in Halle"Mitteldeutschland ist das Herz der deutschen Solarindustrie"

20. Oktober 2022, 09:49 Uhr

Bei den PV Days in Halle wird derzeit über die aktuelle Situation der Photovoltaik diskutiert. Nach schwierigen Jahren geht es mit ihr vor allem in Mitteldeutschland wieder bergauf – aber es gibt auch viele Probleme.

Wenn man Prof. Ralph Gottschalg zu den Herausforderungen für die Photovoltaik-Industrie in Deutschland befragt, setzt er direkt zu einer Brandrede an. Der Wissenschaftler arbeitet als Leiter des Geschäftsfelds "Zuverlässigkeit und Technologie für die Netzparität" am Fraunhofer-Zentrum für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle, das die diesjährigen PV Days in Halle organisiert – bei denen Solar-Industrie und Forschung auf dem Campus Weinberg nahe der Saale zusammengebracht werden. "Die größte Herausforderung für die PV-Industrie ist aktuell, mit dem Wachstum umzugehen, das wir wollen und auch brauchen", erklärt Prof. Gottschalg im Gespräch mit MDR WISSEN. Bei den Zulieferketten sei es schwierig, wobei alle Rohmaterialien eingekauft werden müssten. "Wir bekommen derzeit keine Batteriespeicher und keine Wechselrichter, da gibt es teilweise Monate Wartezeit." Dazu sei man beim Personal limitiert, wie in anderen Bereichen fehlten auch hier die Fachkräfte.

Und vor allem fehle die nötige Unterstützung der Politik sowohl bei Verbesserung der Produktion als auch der Installation von Solaranlagen. "Wir haben zwar ambitionierte Ausbauziele von der Regierung, aber die Rahmenbedingungen dafür sind noch nicht gegeben", betont der Forscher. In diesem Fall könne man sich durchaus mal eine Scheibe bei der chinesischen Führung abschneiden, wenn es darum geht, wie man die Solarindustrie auf- und ausgebaut hat. Als zweiter Konkurrent für Europa bekämen außerdem derzeit die USA die meisten globalen Investitionen ab, weil sie ein investorenfreundlicheres Steuersystem als die EU haben.

Ästhetik der Module soll verbessert werden

Aber es auch gibt auch erfreuliche Nachrichten. Die Produktion der Module in Deutschland habe sich laut Prof. Gottschalg im vergangenen Jahr verdoppelt. 2021 hat die Schweizer Firma Meyer Burger wieder angefangen, am Standort Bitterfeld-Wolfen Solarzellen zu produzieren - und hat für die Zukunft im "Solar Valley" ehrgeizige Ausbauziele. Dazu boomen auch das Dresdner Unternehmen Solarwatt sowie der Chemnitzer Modulhersteller Heckert Solar. In Thüringen wiederum produziert die fränkische Firma Sunset Solar am Standort Löbichau bei Gera. "Mitteldeutschland ist das Herz der deutschen Solarindustrie", resümiert Ralph Gottschalg.

Prof. Ralph Gottschalg vom Fraunhofer CSP. Bildrechte: Fraunhofer CSP

Der Fraunhofer-Forscher erwartet eine Vervierfachung der installierten Photovoltaik-Leistung in den kommenden Jahren – wie auch von der Denkfabrik Agora Energiewende gefordert. im vergangenen Jahr wurden mit Solarmodulen etwa 48,4 Terawattstunden Strom erzeugt, wovon rund 44,6 Terawattstunden ins öffentliche Netz eingespeist wurden. Die installierte Leistung erhöhte sich um 4,9 Gigawatt auf ca. 58,6 Gigawatt. "Aber diese Steigerungen brauchen wir auch, wenn wir unseren Strombedarf weiter decken wollen", so Gottschalg. Gerade wenn man sich die derzeitigen Probleme im Energiesektor etwa durch den Krieg in der Ukraine anschaut. Statt einer Vervierfachung wäre allerdings laut dem Experten eher eine Verzehnfachung nötig. Dafür müsste die Politik noch bessere Rahmenbedingungen setzen, etwa durch eine günstigere Steuergesetzgebung.

Am CSP wird dabei gerade verstärkt an farbigen Modulen geforscht, damit diese später mal etwa an denkmalgeschützten Gebäuden angebracht werden können. Dort könnten sie Ziegel ersetzen und damit die Ästhetik der Häuser nicht so stören wie herkömmliche Module. Auch an Kunstwerken auf PV-Anlagen werde gerade gearbeitet, so Ralph Gottschalg: "Das wird uns bei der Energiewende nicht entscheidend weiterbringen, sieht aber toll aus." Wichtiger sei insgesamt eine häufigere Installation von Modulen an Gebäuden, etwa auch in Kombination mit Wärmepumpen, um das Stromnetz zu entlasten. Allerdings bedeutet dies auch höhere Kosten bei der Installierung. Ein weiteres spannendes Thema seien die Nutzung von renaturierten ehemaligen Braunkohle-Abbaugebieten für die Photovoltaik – entweder an Land oder sogar schwimmend auf den neu entstandenen Seen. "Da ist das Aussehen der Module zum Glück nebensächlich."

Links/Studien

Mehr Informationen zu den PV Days finden Sie hier.

cdi

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