Umweltforschung Plastikmüll verwirrt Wasserflöhe – und das endet tödlich

16. April 2019, 15:08 Uhr

Plastik hat einen schlechten Ruf. Gerade wenn es in die Natur gelangt und von Tieren gefressen wird, hat es zum Teil verheerende Auswirkungen. Wir kennen die Bilder der toten Wale mit kiloweise Plastik im Bauch. Wissenschaftler aus Bayreuth haben jetzt eine Entdeckung gemacht: Plastik muss nicht mal gefressen werden, um Schaden anzurichten. Wenn Plastik vorhanden ist können kleine Wasserbewohner, nämlich Wasserflöhe, sich nur noch schlecht gegen Fressfeinde wappnen.

Tauchen Sie mal in der warmen Jahreszeit einen Eimer in einen Dorftümpel und gucken Sie, was da alles zum Vorschein kommt. Die kleinen wuselnden Tierchen, die man mit bloßem Auge kaum sehen kann, sind Wasserflöhe. Dass die ziemlich uninteressant wirken, wird ihnen eigentlich nicht gerecht. Ihre Fähigkeiten können wir nur mit bloßem Auge nicht sehen. Zum tragen kommen die, wenn Fressfeinde sich nähern. Christian Laforsch ist Professor für Tierökologie an der Uni Bayreuth und hat Wasserflöhe erforscht:

Sehr viele Organismen, wie die kleinen Wasserflöhe, die wir untersucht haben, verteidigen sich relativ spektakulär gegen ihre Räuber, in dem sie riesige Helme ausbilden können oder ganz lange Stacheln oder Dornenkronen.

Prof. Christian Laforsch Uni Bayreuth

Die meiste Zeit schwimmt der Wasserfloh ganz normal, quasi in zivil umher. Woher weiß er, wann  er aufrüsten muss? Den Startschuss geben Botenstoffe. Die geben Fressfeinde, wie Fische oder Wasserwanzen selber ab.

Der Räuber gibt beim Fressen Stoffe ins Wasser ab, die dann der Beute signalisieren, dass er da ist. Und dann kann sich die Beute gegen den Räuber verteidigen.

Prof. Christian Laforsch

Doof nur, wenn sich Plastik im Wasser befindet. Die Botenstoffe lagern sich dann an der Kunststoffoberfläche an, statt im Wasser herumzuwirbeln und Wasserflöhe vor Fressfeinden zu warnen. Die Wissenschaftler um Christian Laforsch haben festgestellt, dass Wasserflöhe sich deutlich schwächer gegen Fressfeinde verteidigen, wenn Plastik im Wasser ist. Welcher Schaden dadurch tatsächlich in der Natur entsteht, dazu sagt Professor Laforsch, lässt sich allerdings jetzt noch nicht abschätzen, da es keine Zahlen gibt, wie viel mehr Wasserflöhe sterben.

Es gibt natürlich generell die Tendenz, dass die Diversität zurückgeht. Das hat natürlich sehr vielfältige Gründe. In welchem Umfang hier Mikroplastik oder generell Kunststoffe eine Rolle spielen, ist momentan noch in Untersuchung.

Prof. Christian Laforsch

Sicher ist schon jetzt: Auch wenn sie unscheinbar wirken, haben Wasserflöhe eine zentrale Aufgabe in Gewässern. Sie fressen Algen und werden dann selbst von Fischen gefressen. Ohne sie könnte die Nahrungskette zusammenbrechen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. April 2019 | 17:20 Uhr