Gepresste Folienverpackungen auf einem Recyclinghof
Gepresste Folienverpackungen auf einem Recyclinghof: 90 Prozent aller Plastikverpackungen bestehen aus Neukunststoff. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

WWF-Studie zu Plastikmüll Wie Deutschland Millionen Tonnen Kunststoff und Treibhausgase einsparen könnte

17. August 2021, 11:31 Uhr

Deutschland könnte bis 2040 rund 20 Millionen Tonnen Kunststoff und 68 Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen, wenn es endlich ein Kreislaufsystem für Plastikmüll etablieren würde. Das zeigt eine aktuelle Studie des WWF. Bisher ist das deutsche Kunststoffsystem eine lineare Einbahnstraße, an deren Ende jährlich die Hälfte des Verpackungsmülls in Flammen aufgeht.

Sage und schreibe 39 Kilogramm Abfall aus Plastikverpackungen fallen pro Jahr und Kopf in Deutschland an. Das ist deutlich mehr als im europäischen Durchschnitt. Fast 60 Prozent des gesamten deutschen Kunststoffabfalls besteht aus Verpackungen und Einwegartikeln.

Deutsches Kunststoffsystem funktioniert linear

Plastikmüll 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Zwar verfügt Deutschland im internationalen Maßstab über eine hohe Sammel- und Recyclingquote. Allerdings funktioniert das deutsche Kunststoffsystem fast durchweg linear. Es ist eine Einbahnstraße, die von der Produktion direkt zur Entsorgung führt. Das Ergebnis: Wertvolle Ressourcen im Umgang mit Kunststoffverpackungen werden verschwendet. Die Hälfte von ihnen wird nach dem Gebrauch einfach verbrannt. Jährlich gehen so 1,6 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen im Wert von 3,8 Milliarden Euro in Flammen auf. Im Gegenzug werden rund 90 Prozent der Kunststoffverpackungen aus Neukunststoff gefertigt, von denen wiederum die Hälfte nach ihrem Gebrauch verbrannt wird.

Fünf Prozent des deutschen Treibhausbudgets

Liefe alles so weiter, würde künftig allein die Herstellung und Entsorgung von Kunststoffverpackungen zirka fünf Prozent des deutschen Treibhausgasbudgets bezogen auf das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens beanspruchen. Doch es gibt durchaus vielversprechende Alternativen. Denn im deutschen Verpackungssystem sind nach Ansicht des WWF Deutschland bereits jetzt "Hebel" und "Stellschrauben" angelegt, mit deren Hilfe eine effektive Kreislaufwirtschaft für Kunststoff-Verpackungen etabliert werden kann. Man muss sie nur nutzen.

Wir müssen bewusst einen anderen Kurs einschlagen, von der Wegwerfgesellschaft hin zur Kreislaufwirtschaft. Wir brauchen weniger und bessere Verpackungen.

Laura Griestop WWF Deutschland

20 Millionen Tonnen Kunststoff einsparen

Eine vom WWF Deutschland und dem Beratungsunternehmen SYSTEMIQ gemeinsam vorgelegte Studie zeigt nun auf, dass durch innovative Wiederverwendungsmodelle, die Vermeidung und Minimierung von Verpackungen sowie recyclinggerechtere Designs bis zum Jahr 2040 mehr als 20 Millionen Tonnen Kunststoff bundesweit eingespart werden könnten. Das entspricht mehr als dem sechsfachen Jahresverbrauch an Kunststoffverpackungen in der gesamten Bundesrepublik.

Gesamtabfallvolumen um 40 Prozent senken

Der Analyse zufolge könnte Deutschland mit deutlich mehr Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffverpackungen das Gesamtabfallvolumen bis 2040 um 40 Prozent senken. Der Verbrauch von Neuplastik könnte auf diese Art sogar um über 60 Prozent und die Verbrennung von Abfällen zur Energiegewinnung um über 70 Prozent reduziert werden. Nach Ansicht des WWF Deutschland wäre das ein "wirksamer Baustein für den Klimaschutz". 68 Millionen Tonnen Treibhausgase könnten so bis 2040 eingespart werden, so das Ergebnis der WWF-Studie.

Forderungen an Bundesregierung

Laura Griestop, Expertin für Kunststoffe und Verpackungen des WWF Deutschland, fordert deshalb von der Bundesregierung, "verbindliche Leitplanken" zu setzen. Sie sollten ressourcenarme Verpackungen belohnen, das Gesamtabfallaufkommen reduzieren, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen verbessern, die Sammlung und Sortierung vorantreiben und Anreize für die Verwendung von Rezyklaten in Verpackungen schaffen.

Statt den Ex- und-Hopp-Konsum mit Infrastruktur für Verpackungsabfälle aufzufangen, müssen Abfallvermeidung und innovative Mehrwegmodelle ins Zentrum rücken.

Laura Griestop WWF Deutschland

Entscheidend für eine Neuausrichtung sei ein grundlegendes Umdenken, das konsequent auf Abfallvermeidung fokussiert ist, statt – wie bisher – nur die Erhöhung der Recyclingmengen im Blick zu haben, so die WWF-Expertin.

(dn)

5 Kommentare

THOMAS H am 18.08.2021

Maria A.: "- nach dem Grau der DDR hob das die Laune!". Wieder eine Behauptung, welche leicht widerlegbar wäre, wenn ich die bunten DDR-Dederonbeutel meiner Mutti, welche ich heute noch benutze, als Bild einfügen könnte. Es gab auch noch die Dederonmininetze oder die größeren mit Ledergriff, welche sich ebenso wie die Beutel sehr klein zusammenlegen und in den Handtaschen der Frauen verstauen ließen.
In Bezug der Beutel und Netze, geben Sie einfach DDR-Dederonbeutel und Netze ein und Sie werden sogar erleben, das Sie diese heute noch kaufen können.

part am 17.08.2021

Dieses System gab es einmal in Deutschland unter dem Namen SERO, wie Sekundärrohstoffe, sogar mit Pfandsystem in einem Land, das vom großen Bruder irgendwann sehr stiefväterlich behandelt wurde, in Fragen der Belieferung mit Erdöl oder aber boykottiert war durch andere Länder. Heute wird zwar der Plastikmüll gesammelt, etwas getrennt aber immer mehr bis nach Asien verschifft, dabei lässt aus Plastikmüll sogar wieder Erdöl herstellen, wobei neues Erdöl aber billiger ist. Nur China hat dem Plastikmüllimport bisher einen Riegel vorgeschoben. Das sortenreine recyclebare Plastik gibt es dagegen kaum, doch es lassen sich trotzdem ausreichend Produkte aus den Sekundärrohstoffen herstellen, China hatte es bis 5 Jahren bewiesen und die westliche Welt hat es gekauft, wenn auch mit geringer Lebensdauer.

Maria A. am 17.08.2021

"Von Freunden lernen, heißt Siegen lernen", lautete ein viel zitierter Slogan in der DDR. Seltsamerweise musste ich bei diesen anprangernden Erkenntnissen an den Spruch denken. Wohl weil wir im Osten Verpackungseinsparungen zur Genüge kennen und zur Verpackungsmüllvermeidung aus diesem Erleben heraus etliche Ratschläge geben könnten. Aber der ironische Unterton für den Spruch von damals bleibt dazu erhalten. Denn ehrlich - wer trägt denn gerne ständig eine Schüssel für Wurstwaren oder Eier mit sich herum, lässt sich irgend welche Sachen in Zeitungen einpacken und Obst und lose Kartoffeln (letztere damals voll dreckig) in einen Stoffbeutel schütten? Was waren wir werktätigen Frauen nach der Wende froh, als wir früh in die Arbeit nicht mehr mit der Einkaufstausche losziehen mussten, sondern mit schmucker Handtasche. Es gab ja überall kostenlose Tragetaschen zum Einpacken, meist noch wundervoll bedruckt. Wenn es auch ökomäßig falsch war - nach dem Grau der DDR hob das die Laune!

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