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Was wir für den Klimaschutz tun könnenWie Sie mit dem ökologischen Handabdruck die Welt verändern

29. Juli 2019, 11:56 Uhr

Wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen, müssen wir unseren CO2-Fußabdruck drastisch verringern. Davon sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überzeugt. Doch für den Einzelnen gibt es Grenzen, was die eigene Vermeidung angeht. Dann kommt der ökologische Handabdruck ins Spiel.

Fast zwölf Tonnen CO2 stößt jeder und jede Deutsche im Schnitt pro Jahr aus. Zahlen, die das Umweltbundesamt berechnet hat und die jeder für sich selbst nachprüfen kann – im CO2-Rechner. Zwölf Tonnen, das sind kurz gesagt zwölf Tonnen zuviel, wenn wir uns an die Pariser Klimaschutzziele halten und die Erderwärmung auf 1,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts begrenzen wollen:

„Wir gehen davon aus, nach den heutigen Klimamodellen, dass wir bis 2040 klimaneutral werden müssten. Das heißt, dass man etwa zwei Tonnen pro Einwohner die nächsten 30 Jahre ausstoßen dürfte und dann müsste man auf null runter“, sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin und eine der Stimmen der Scientists for Future. Von zwölf auf zwei auf null, am besten so schnell wie möglich – wie soll das gehen?

Bildrechte: Nikolas Fahlbusch / MDR

Wie wird der ökologische Fußabdruck kleiner?

Jeder und jede Einzelne hat gewisse Möglichkeiten, seinen eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Einige davon werden heiß diskutiert: Weniger Fleisch- und Milchprodukte konsumieren, im Winter weniger heizen, anders mobil sein: da wo es geht Bahn, Bus und Fahrrad statt Auto nutzen und vor allem weniger Fliegen. Eine Liste mit Tipps gibt es hier:

MDR Wissen Reporterin Daniela Schmidt hat in der aktuellen Folge des Podcasts 'Meine Challenge' den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes getestet und legt auf den Durchschnitt noch was drauf: zwei interkontinentale Flugreisen verhageln ihre Klimabilanz. Damit gehört sie zu einer priviligierten Gruppe: Je höher das Einkommen, desto höher die Umweltbelastung. "Das Problem sind nicht Hartz4-Empfänger und Menschen mit niedrigen Einkommen. Die unteren zehn Prozent liegen bei etwa acht bis neun Tonnen CO2-Fußabdruck. Menschen mit über 3.000 Euro Einkommen dagegen liegen bei 13 bis 14 Tonnen durchschnittliche CO2-Emissionen", sagt Michael Bilharz, Experte für nachhaltigen Konsum am Umweltbundesamt. Wer mehr Geld zur Verfügung hat, gibt es für Reisen und Konsumgüter aus.

Reporterin Daniela Schmidt schneidet vor allem bei der Mobilität und beim Sonstigen Konsum schlechter ab als der deutsche Durchschnitt. Bildrechte: MDR

Der öffentliche Rucksack setzt Grenzen

Doch selbst wenn Reporterin Daniela nie wieder fliegen, sich vegan ernähren und im Winter daheim im Kalten sitzen würde, unter fünf Tonnen Ausstoß könnte sie nicht kommen. Denn die Rahmenbedingungen für eine CO2-neutrale Gesellschaft sind in Deutschland einfach noch nicht gegeben:

Selbst wenn man sich anstrengt, ist man etwa bei vier bis fünf Tonnen, weil man den ganzen öffentlichen Rucksack noch mitschleppt.

Volker Quaschning, Scientists for Future

Bildrechte: MDR

Kohlekraftwerke sorgen für Strom, Diesel- und Benzinfahrzeuge machen uns mobil und Öl- und Gasheizungen erzeugen Wärme in den eigenen vier Wänden. "Derzeit machen die erneuerbaren Energien am Gesamtenergieaufkommen, also nicht nur Strom sondern auch Wärme und Verkehr, nur 14 Prozent aus. 86 Prozent fehlen noch", erklärt Wissenschaftler Volker Quaschning. Um eine zügige Klimaneutralität in Deutschland zu erreichen, müsste der Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt werden, der Ausstieg aus der Kohlekraft in acht statt zwanzig Jahren vollzogen und die Verkehrswende eingeläutet werden, sind die Scientists For Future überzeugt.

Klimaschutz mit dem Handabdruck

Wo der Einzelne seine Emissionen nicht stärker vermeiden kann, kommt laut Bilharz sein Wirken in die Gesellschaft, der ökologische Handabdruck ins Spiel: "Sei es durch politisches Engagement, dass sich Rahmenbedingungen ändern, Stichwort Kerosinsteuer in der Flugfahrt, aber auch durch CO2-Einsparungen bei anderen im persönlichen Umfeld: zum Beispiel im Mietshaus dem Vermieter signalisieren, dass eine energetische Sanierung eine interessante Option sein könnte."

Bildrechte: Max Heeke / MDR

Der Einzelne hat die Möglichkeit politischen Einfluss zu nehmen – siehe die Schülerin Greta Thunberg, die eine politische Bewegung in Gang gebracht hat. Michael Bilharz sieht noch einen anderen Weg: "Der Umbau unserer Gesellschaft hin zu klimafreundlichen Strukturen erfordert in hohem Maße Geld und Investitionen und da haben wir als Sparer die Möglichkeit, mitzuentscheiden, wem man Geld gibt und wem nicht." Ökologische Geldanlagen könnten ein entscheidender Schlüssel sein, um den Klimaschutz voranzutreiben. Möglichkeiten gibt es genug, um aktiv zu werden gegen die Klimakrise. Doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt sind sich einig: Ohne Engagement und weitreichende gesellschaftliche Veränderungen geht es nicht.

Weniger Arbeiten fürs Klima?

Studien zeigen, dass wir alle unseren persönlichen CO2-Fußabdruck auf ein erträgliches Maß reduzieren könnten, wenn wir nur noch sechs bis zehn Stunden pro Woche arbeiten würden. Denn Arbeit, gerade in Industrieländern, ist CO2-intensiv, man nehme etwa die Produktion von Fahrzeugen oder anderen "Konsumgütern". Außerdem wird die arbeitsfreie Zeit in der Regel genutzt, um viele energie- und materialintensive Produkte zu konsumieren. Diesen Kreislauf von Treibhausgasemissionen könnte man durch weniger Arbeitszeit durchbrechen, sind die Autoren der Studie überzeugt. Die Fragen sind nur: Können wir eigentlich alle weniger arbeiten? Was machen wir mit der ganzen freien Zeit?

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Extra | 26. Juni 2019 | 20:15 Uhr