Science vs. Fiction Wie Pokémon in Pokébälle kommen – und was Einstein damit zu tun hat

20. September 2021, 14:26 Uhr

Pokémon feiert dieses Jahr 25. Geburtstag. Gestartet hat alles mit einem Gameboy-Spiel, in dem man die fiktiven Lebewesen fangen, trainieren und gegeneinander antreten lassen kann. Pokémon fängt man in handgroßen Pokébällen. Und das obwohl sie die Dimension von Kleintieren bis Walen haben. In 25 Jahren Pokémon gibt es diverse Fan-Spekulationen darüber, wie die Pokémon in Pokébälle kommen. Wir haben sie unter die Lupe genommen und eine Lösung gefunden – mit der Hilfe von Albert Einstein.

Pikachu udn weitere Pokemons
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Theorie 1: Schrumpfen

In der Pokémon-Welt variieren die Pokémon wie Tiere in Größe und Gewicht. Es gibt kleine wie Pikachu, die sechs Kilogramm wiegen, aber auch riesige Pokémon, die mehrere hundert Kilogramm auf die Waage bringen. Sie müssen aber alle in einen Pokéball passen und dann noch leicht genug sein, dass man sie bequem mit sich herumtragen kann. Der erste Gedanke liegt nahe: Der Pokéball schrumpft die Pokémon. Ganz theoretisch ist das denkbar, wenn man sich vorstellt, dass das Schrumpfen funktioniert, indem jedes Atom schrumpft.

Ein Atom ist tatsächlich fast komplett leer. Der Abstand zwischen Atomkern und Elektronen ist verhältnismäßig riesig. Der Atomkern macht zum Beispiel bei Wasserstoff nur ein Hunderttausendstel des Durchmessers aus, dafür aber über 99,9 Prozent der Masse.

Ein Atommodell vor Pokemon-Hintergrund
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Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass der Pokéball irgendwie dazu in der Lage ist, den Abstand zwischen Atomkern und Elektronen zu verkleinern. Dann würde das Pokémon zwar bequem in den Pokéball passen. Die Masse wäre aber immer noch die Gleiche. Das heißt ein 460-Kilogramm-Pokémon wiegt auch geschrumpft 460 Kilogramm und wenn wir das im Rucksack verstauen, können wir uns nicht mehr bewegen. Schrumpfen ist also raus. Wissen wir eigentlich auch seit Antman schon.

Theorie 2: Teleportieren

Teleportieren bedeutet, etwas von einem Ort zum anderen transportieren, ohne den Raum dazwischen zu durchqueren. Es gibt Pokémon, die die Attacke Teleport beherrschen. Und im Anime ist es auch so, dass eine Person immer nur sechs Pokémon mit sich herumtragen kann.

Protagonist Ash fängt mehrmals Pokémon, obwohl sein Team schon voll ist. Wir sehen dann, dass seine Pokémon direkt nach dem Fangen im Pokéball zu Professor Eich teleportiert werden. Also ist der Gedanke gar nicht abwegig, dass der Pokéball generell ein Teleportations-Portal ist und die Pokémon irgendwohin teleportiert. Und wieder zurück, wenn sie gebraucht werden. Das Problem dabei: Zum Teleportieren sagt leider die Physik "nein".

Filmszene aus Pokemon Misty, Ash, Pikachu, Brock
Ash Ketchum (Mitte), Protagonist des Pokémon-Anime, reist mit Misty, Rocko und seinem Pokémon Pikachu durch die Welt der Pokémon. Bildrechte: imago/Cinema Publishers Collection

Teleportieren verstößt direkt gegen mehrere Naturgesetze. Zum Beispiel gegen den Energieerhaltungssatz. Vereinfacht können wir uns das so vorstellen: In Pokémon ist Abra bekannt für die Attacke Teleport. Sagen wir: Abra sitzt auf einem Baum. Seine Gesamtenergie besteht nur aus potenzieller Energie. Also quasi die gespeicherte Energie von dem Moment, als es auf den Baum geklettert ist oder gehoben wurde – dafür musste ja Energie aufgewandt werden. Und diese potenzielle Energie ergibt sich aus Masse mal Erdbeschleunigung mal Höhe. Wenn es sich jetzt herunter auf die Wiese teleportiert. Dann hat hat es durch das Teleportieren plötzlich potenzielle Energie verloren. Weil die von der Höhe abhängt. Die Energie ist also nicht erhalten geblieben.

Das ist anders, als wenn es normal heruntergeklettert wäre. Dann hätte es die potenzielle Energie in kinetische Energie, also Bewegungsenergie, umgewandelt. Und so wäre die Gesamtenergie erhalten geblieben. Teleportation ist also auch raus.

Theorie 3: Beamen

Beamen wird im allgemeinen Sprachgebraucht häufig als Synonym zum Teleportieren verwendet. Das ist aber nicht das Gleiche. Beim Beamen wird der Raum zwischen den Orten durchquert und zwar in Form von Strahlung. Bedeutet, das Pokémon wird in Strahlung – zum Beispiel Licht – umgewandelt und dann mit Lichtgeschwindigkeit zum Ziel geschickt. Und da wieder materialisiert.

Energie in Materie umwandeln ist möglich. Genauer gesagt ist es sogar das Gleiche. Das ist nämlich das, was hinter E=mc^2 steckt, der Formel, die Einstein berühmt gemacht hat. Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat. Albert Einstein hat 1905 theoretisch beschrieben, dass Masse Energie ist und Energie Masse.

Wenn wir uns jetzt nur die Formel angucken, dann wirkt das so, als ob wir beliebig Materie in Energie umwandeln können und umgekehrt. Das geht aber nur unter ganz speziellen Rahmenbedingungen.

Wo zum Beispiel jetzt gerade in diesem Moment Masse in Energie umgewandelt wird, ist in der Sonne. Dort klappt das, wegen der hohen Temperaturen und dem großen Druck, der in der Sonne herrscht. Die Sonne verliert durch Kernfusion jede Sekunde vier Milliarden Kilogramm Masse, die dann zu Licht wird.

Das klingt erstmal viel. Für die Sonne ist es das aber nicht. Ihre Gesamtmasse ist so groß, dass die vier Milliarden Kilogramm pro Sekunde vernachlässigbar sind. Die Sonne wird also noch ein paar Milliarden Jahre weiter scheinen.

Die Sonne
Die Sonne hat eine Masse von 2x10^30kg. Das ist eine Zwei mit 30 Nullen. Bildrechte: Colourbox.de

Theoretisch könnte der Pokéball also auch die Pokémon in Energie umwandeln. Allerdings würde dabei wahnsinnig viel Energie entstehen. Wenn man Togepi, ein kleines, anderthalb-Kilogramm-schweres Pokémon komplett in Energie umwandeln würde, kämen nach Einsteins Formel 135 Billiarden Joule raus. Das ist in der Größenordnung einer Atombombe. Diese Energiemengen muss man erstmal kontrollieren können. Aus heutiger Sicht scheint das unmöglich.

Und noch schwieriger als Materie in Energie umzuwandeln ist der Umkehrprozess. Also aus Energie Materie machen. Eine Idee zu so einem Experiment gibt es schon seit 1934. Aber es ist erst dieses Jahr gelungen, das Experiment durchzuführen. Und zwar am Relativistic Heavy Ion Collider, ein Teilchenbeschleuniger am Brookhaven National Laboratory in New York.

Die Technik hat es früher einfach nicht gegeben. Der Teilchenbeschleuniger hat einen Umfang von vier Kilometern. Und außerdem zieht der verdammt viel Strom bei einer Leistung von rund 340 Megawatt. Das ist vergleichbar mit dem Energiebedarf einer Großstadt. Aber damit ist bewiesen, dass es möglich ist, Masse in Energie umzuwandeln und umgekehrt.

Es gibt aber noch eine Sache, die beachtet werden muss: Der Pokéball muss eine Art Bauanleitung des Pokémon speichern. Denn wenn es wieder materialisiert wird, muss jedes Atom an derselben Stelle sein wie vorher. Damit es genau dasselbe Pokémon ist.

Eine Pikachu-Lampe
Pikachu - gibt's auch als Lampe. Bildrechte: Anne C. Brantin

Damit haben sich 2012 Studierende von der Uni Leicester beschäftigt. Nicht mit Pokémon, sondern mit Menschen beamen. Die Studierenden haben ausgerechnet, wie viel Speicherplatz die Information über einen bestimmten Menschen braucht. Dabei sind sie auf 2,6 x 10^42 Bit gekommen. Für nur einen Menschen. Das ist eine Trilliarde mal der Speicherplatz, den das ganze Internet im Moment braucht.

Das beinhaltet Informationen über die DNA. Aber den meisten Platz braucht das Gehirn mit allen Erfahrungen und Erinnerungen. Der Pokéball muss viele Informationen und Energie speichern können, also das Pokémon in Form von Licht und die Bauanleitung dazu in sich drin haben. Und natürlich überhaupt erstmal technologisch dazu in der Lage sein, kontrolliert Masse in Energie umzuwandeln. Und anders herum. Diese Technik gibt es heutzutage bei weitem noch nicht. Aber wenn diese letzten Hürden überwunden sind, dann ist das der Weg, wie man erklären kann, dass Pokémon in Pokébälle passen.

Science-vs-Fiction-Presenter Jack Pop mit einem Pikachu
Pickachu - wie süß. Science-vs-Fiction-Presenter Jack Pop ist auch auf dem Bild. Bildrechte: Anne C. Brantin

Info: Wenn Sie mehr zur Wissenschaft hinter Pokébällen wissen möchten oder wie schnell man Geld drucken und Gold schmelzen kann – schauen Sie doch mal auf unserem YouTube-Kanal "Science vs. Fiction" vorbei. Dort finden Sie auch die aktuelle Folge "Pokémon: Was Einstein mit Pokébällen zu tun hat", in der Moderator Jack Pop und Physikerin Anne-Dorette Ziems erklären, wie Pokémon in Pokébälle kommen.

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