Korruption in der Medizin - Bild von Händen in medizinischen Handschuhen, die einen Umschlag mit Dollar halten
Eine Mehrheit der Deutschen glaubt einer Umfrage nach nicht, dass die Wissenschaft unabhängig ist. Die Förderung von Wirtschaft und Politik beeinflusse die Ergebnisse der Forschung. Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Andrei Zaretski

Wissen-News Mehrheit der Deutschen bezweifelt Wissenschaftsfreiheit

07. November 2024, 05:00 Uhr

Geldgeber aus Politik und Wirtschaft sorgen aus Sicht vieler Bundesbürger dafür, dass Wissenschaftler nicht frei und unabhängig arbeiten können. Fast zwei Drittel gehen einer Umfrage nach von einer Beeinflussung aus.

Eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland glaubt einer Umfrage zufolge, dass Forscher von Geldgebern beeinflusst werden. Das geht aus dem Wissenschaftsbarometer 2024 der Initiative Wissenschaft im Dialog hervor. Dafür befragte das Institut Verian im Juli rund 1.000 deutschsprachige Menschen ab 14 Jahren. Die Ergebnisse sind den Angaben zufolge repräsentativ. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (61 Prozent) glaubt demnach, dass Geldgeber aus der Wirtschaft Forschern vorschreibt, welche Ergebnisse sie veröffentlichen dürfen. Für Geldgeber aus der Politik sind 55 Prozent der Befragten dieser Meinung. 69 Prozent der Befragten halten es zudem für eher oder sehr wahrscheinlich, dass Wissenschaftler für ihre Forschung angegriffen werden, etwa im Internet.

60 Prozent glauben an Verzerrungen durch Journalisten

"Der Einfluss von Wirtschaft und Politik auf die Wissenschaft wird von vielen in der Bevölkerung als maßgeblicher Faktor wahrgenommen, der eine freie Forschung und die öffentliche Kommunikation über Forschungsergebnisse in Deutschland beeinträchtigt", sagte Benedikt Fecher, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog. "Will die Wissenschaft diesem Eindruck entgegenwirken, braucht es eine Wissenschaftskommunikation, die transparent macht, wie Ergebnisse zustande kommen und unter welchen Rahmenbedingungen."

Youtube-Stream zur Vorstellung des Wissenschaftsbarometers

Laut der Umfrage bemängeln viele Menschen auch die Medien sowie die Hochschulen selbst: 60 Prozent halten es für eher oder sehr wahrscheinlich, dass Journalisten Forschungsergebnisse verzerrt wiedergeben. 40 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen Wissenschaftlern vorschreiben, was sie kommunizieren dürfen. Insgesamt stimmen 62 Prozent der Menschen der Aussage zu, dass Forscher aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von Geldgebern nicht vertrauenswürdig sind. Im Vorjahr lag der Wert bei 54 Prozent. Etwas weniger als die Hälfte – 45 Prozent – der Menschen in Deutschland meint, dass es hierzulande eher gut oder sehr gut um die Wissenschaftsfreiheit steht. Ein fast ebenso großer Anteil (39 Prozent) hält die Wissenschaftsfreiheit für teilweise gegeben. Das Wissenschaftsbarometer wird von der Carl-Zeiss-Stiftung, der Klaus Tschira Stiftung und der Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt und gefördert.

dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 06. November 2024 | 10:17 Uhr

3 Kommentare

Denkschnecke vor 3 Wochen

Entschuldigung, ich habe mich komplett missverständlich ausgedrückt. Ich stimme Ihnen vollständig zu. Mit "Wie kommen die Leute auf sowas" bezog ich mich nicht auf die Finanzierung, sondern auf die Vorstellung, dass unsere Geldgeber uns Forschende aus politischen Gründen zwingen würden, bestimmte Themen (nicht) zu behandeln. Das ist absurd.

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo Denkschnecke,

es gibt in der Wissenschaft klare Regeln zur Unabhängigkeit und zum Ethos. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) als Hauptförderer legt großen Wert auf wissenschaftliche Freiheit und unterstützt Projekte ohne inhaltliche Kontrolle. Auch unabhängige Institute wie "Max-Planck" oder "Fraunhofer" werden nicht inhaltlich von Politik oder Gesellschaft beeinflusst.

Die Vorstellung, Wissenschaftler*innen würden in ihrer Kommunikation reguliert, widerspricht den Prinzipien der akademischen Freiheit und den Richtlinien der Forschungseinrichtungen selbst.

- Das MDR WISSEN Team

Denkschnecke vor 3 Wochen

"40 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen Wissenschaftlern vorschreiben, was sie kommunizieren dürfen."
Es ist wirklich absurd, welche Vorstellungen die Bevölkerung vom Innenleben der Wissenschaft hat. Der allergrößte Teil der Drittmittel für öffentliche Forschung (also an Hochschulen und Forschungsinstituten der Max-Planck-, Fraunhofer, Leibniz-Gesellschaft) stammt von der DFG, der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Kollegen Wissenschaft entscheiden selbst, was gefördert wird.
Wie kommen die Leute auf so etwas? Weil die Forschung in Medizin, Naturwissenschaft und auch Geisteswissenschaft manchmal gerade nicht die Ergebnisse liefert, die sich die Gesellschaft wünscht?