
WISSEN-NEWS Ist die Verkehrswende auch für Menschen mit wenig Geld stemmbar?
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17. Oktober 2024, 10:03 Uhr
Steuerliche Vorteile im Straßenverkehr gibt es vor allem für Personen mit höherem Einkommen. Wie kann die Verkehrswende auch für einkommensschwächere Familien erschwinglich werden? Ein Forscherteam hat sich damit auseinandergesetzt, wie eine Akzeptanz für die Verkehrswende in der Bevölkerung geschaffen werden kann.
Was bedeutet die Verkehrswende für Menschen mit wenig Geld und auf dem Land? Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT hat gemeinsam mit der Freien Universität Berlin, der Universität Stuttgart und dem Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER) untersucht, wie eine sozial gerechte Verkehrswende gestaltet werden kann.
Besonders die Auswirkungen auf sozial benachteiligte Gruppen, etwa einkommensschwache Haushalte, ältere Personen und Menschen in ländlichen Regionen, wurden dabei betrachtet.
Das derzeitige Verkehrssystem sowie bestehende verkehrspolitische Instrumente wie das Dienstwagenprivileg, die Entfernungspauschale und die Energiesteuer fördern demnach vorwiegend den motorisierten Individualverkehr. Dies verstärke soziale Ungleichheiten und habe erhebliche negative Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Von steuerlichen Vorteilen und subventionierten Mobilitätskosten profitierten zudem überwiegend Haushalte mit höherem Einkommen.
Welche Maßnahmen würden mehr soziale Gerechtigkeit ermöglichen?
Die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sowie die Einführung einer streckenbezogenen Pkw-Maut würden positiv zur Klimawirkung beitragen, so die Forschungsgruppe. Jedoch nur in geringem Umfang. Dafür würde sie vor allem Haushalte mit höherem Einkommen treffen, die bereits stärker von steuerlichen Vorteilen wie der Entfernungspauschale und dem Dienstwagenprivileg profitieren.
Allerdings könnten auch sozial schwächere Bevölkerungsgruppen, insbesondere einkommensschwache Haushalte und Menschen in ländlichen Regionen, stärker von steigenden Mobilitätskosten belastet werden.
Es geht um die Akzeptanz in der Bevölkerung
Langfristige Planung und Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsinfrastrukturen seien daher unerlässlich, damit ökologische Ziele erreicht und soziale Ungleichheiten beim Zugang zur Mobilität abgebaut werden können.
Deswegen empfehlen die Studienautoren die Einführung von Klimaprämien. Zudem könnten gezielte Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel und emissionsarme Mobilitätsoptionen in ländlichen Regionen dazu beitragen, dass sozial benachteiligte Gruppen von der Klimapolitik profitieren und ihre Mobilitätskosten senken können.
Vor allem müsse ein Weg gefunden werden, die soziale Akzeptanz der Verkehrswende in allen Gesellschaftsschichten zu schaffen. Ansonsten sei der Erfolg einer umweltschonenden und sozial gerechten Verkehrswende unwahrscheinlich.
Links/Studien
Die Studie erschien im September 2024: Verteilungswirkungen einer Verkehrswende. Analyse von Verteilungswirkungen umweltpolitischer Instrumente im Verkehrssektor und ein Gesamtkonzept für eine ökologische und inklusive Verkehrswende.
Die Pressemitteilung des Umweltbundesamts wurde am 4. Oktober 2024 veröffentlicht: Wie die Verkehrswende sozial gerecht gestaltet werden kann.
Die Pressemitteilung des Umweltbundesamts vom Fraunhofer-Institut wurde am 16. Oktober 2024 veröffentlicht: Neue Studie untersucht soziale, ökologische und gesundheitliche Auswirkungen einer Verkehrswende.
Das entsprechende Policy Paper vom Umweltbundesamt erschien im November 2023: Gesamtkonzept für eine inklusive und ökologische Verkehrswende für alle.
pk
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 17. Oktober 2024 | 06:18 Uhr
MDR-Team vor 30 Wochen
Zusammengefasst ist es Ihre Interpretation und keine "grüne" Denkrichtung. Als kleiner Hinweis: Viele Agenden stammen aus einer Zeit, in der das BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN noch keine Regierungsbeteiligung hatte.
Grooveman vor 30 Wochen
Das Problem ist ohnehin, daß die sogenannte Verkehrswende bislang nur den Nahbereich in den größeren Städten und Ballungsräumen bevorteilt. Schafft man z.B. die angeblichen Subventionsvorteile beim Diesel ab, also sprich die etwas geringere Steuerbelastung, manche sagen auch Abzocke dazu, dann werden besonders die Menschen auf dem Land benachteiligt, und ganz besonders hier bei uns im Osten. Auch in den Nahverkehrsbetrieben oder bei der Bahn kennt man bislang eigentlich auch nur den Weg der Preise nach oben. Besonders auch die Rentner trifft es wie immer hart, ein großer Teil der Rentner Ost lebt von oder gar unter der Mindestrente.
Bislang hat das in der Politik aber noch niemanden interessiert, schon gar nicht unsere grünen Weltverbesserer.
NochJemand vor 30 Wochen
Zusammengefasst soll also das böse Autofahren verteuert und verhindert werden, wo es nur geht. Weil die Rettung des Klimas doch wichtiger ist als alles andere. Typisch grüne Denkrichtung.
Allerdings ist mit Akzeptanz in der Masse dann nicht zu rechnen. Gerade Menschen mit wenig Geld können es sich kaum leisten, in Fahrradweite zur Stadt zu wohnen oder in statdnahen, ÖPNV-versorgten Gebieten. Sie müssen aber trotzdem arbeiten, einkaufen, zum Arzt, zur Schule. Geht halt nur mit dem Auto. Klima hin oder her.
Soziale Gerechtigkeit bedeutet nicht, etwas Gutes künstlich zu verschlechtern, damit die schlechtere Alternative attraktiver wird.
Eine bessere Lösung wäre z.B. eine deutliche Verbesserung des ÖPNV in ländlichen Gebieten. Und ein Sozialticket zum kleinen Preis.