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Eine Vier-Tage-Woche ist für viele Arbeitnehmer der Traum: Vier von fünf Arbeitnehmern wollen sie. Aber nur, wenn das Gehalt gleichbleibt. Geht das wirtschaftlich überhaupt?

MDR AKTUELL Fr 18.10.2024 09:20Uhr 03:33 min

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Arbeitszeit Pilotversuch Vier-Tage-Woche: Mitarbeiter zufrieden ohne Produktivitätsverlust

18. Oktober 2024, 14:44 Uhr

Seit Februar läuft in Deutschland ein Pilotversuch: 45 Arbeitgeber haben die Vier-Tage-Woche unter wissenschaftlicher Begleitung erprobt. Jetzt gibt es Ergebnisse: Mitarbeiter und Arbeitgeber sind zufriedener.

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Das wichtigste Ergebnis der Pilotversuchs Vier-Tage-Woche überrascht nicht. "Die Vier-Tage-Woche führte zu einer signifikant positiven Veränderung der Lebenszufriedenheit, die sich hauptsächlich durch die zusätzliche Freizeit ergab", sagt Julia Brackmann, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Münster.

Mitarbeiter können mehr Zeit mit der Familie verbringen

Brackmann und Kollegen haben seit Jahresbeginn einen Pilotversuch wissenschaftlich begleitet, der so zuvor bereits in verschiedenen anderen Ländern durchgeführt wurde. In Deutschland nahmen seit Februar 45 Wirtschaftsunternehmen und andere Organisationen an dem Versuch teil, unter anderem aus den Bereichen Dienstleistungen, Fertigung, soziale Dienste, IT und Medien. Die meisten von ihnen beschäftigen zwischen zehn und 249 Mitarbeitenden, einige wenige größere Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern waren auch dabei.

Vor allem der Wunsch, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, konnte häufiger erfüllt werden. Vor dem Versuch äußerten 64 Prozent der Beschäftigten dieses Bedürfnis, nach dem Versuch sank der Wert auf 50 Prozent.

Mehr Produktivität durch bessere Organisation und weniger Meetings

Nicht alle teilnehmenden Firmen setzten in der Untersuchung auf das sogenannte 100-80-100-Modell, also 100 Prozent Bezahlung bei 80 Prozent Arbeitszeit und 100 Prozent Produktivität. Tatsächlich reduzierte knapp die Hälfte der Teilnehmer die Arbeitszeit nur um bis zu zehn Prozent. Bei ihnen war beispielsweise nur ein halber Arbeitstag pro Woche frei. Größere Unternehmen in dem Projekt machten nur mit Teilbereichen mit und nicht komplett.

Zugleich entstand bei Mitarbeitern und Geschäftsleitungen der Eindruck, durch den Versuch effizienter geworden zu sein. Messbar war das allerdings nicht immer. "Zwar zeigten sich leichte Steigerungen in den finanziellen Leistungskennzahlen wie Umsatz und Gewinn, diese unterschieden sich jedoch nicht signifikant vom Vorjahr. Dennoch deuten die gleichbleibenden Kennzahlen trotz reduzierter Arbeitszeit auf mögliche Produktivitätsgewinne hin", sagt Brackmann.

70 Prozent der Teilnehmer wollen 4-Tage-Woche fortsetzen

Die Unternehmen hatten vor allem Ablenkungen am Arbeitsplatz reduziert. Manager berichteten oft auch von einer verbesserten Meeting-Kultur und neuen digitalen Werkzeugen. Die Forscher werteten zudem sportliche Betätigung und Schlafmuster der teilnehmenden Mitarbeiter aus. Dafür nutzen sie Fitnesstracker und Smart-Uhren.

Durch die Vier-Tage-Woche steigerten die Mitarbeiter ihre körperlichen Aktivitäten. Außerdem schliefen sie länger als Personen aus der Vergleichsgruppe, im Schnitt 38 Minuten mehr pro Woche. Nach Angaben der Forscher wollen mehr als 70 Prozent der teilnehmenden Organisationen die Vier-Tage-Woche über die Pilotphase hinaus fortsetzen.

Größere Zufriedenheit der Mitarbeiter versus steigende Kosten

Eine ähnliche Untersuchung in Großbritannien hatte vergangenes Jahr positive Erkenntnisse gebracht, zudem wurde das Konzept bereits in den USA und Südafrika erprobt. Allerdings sind die Untersuchungen begrenzt und nicht repräsentativ für die Wirtschaft.

Befürworter der Vier-Tage-Woche argumentieren, dass die Beschäftigten weniger Stress hätten und somit zufriedener und produktiver würden. Familie und Beruf könnten besser in Einklang gebracht werden. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel könnten Firmen zudem einen Vorteil haben, wenn sie deswegen mehr Bewerbungen bekommen.

Kritiker sagen hingegen, dass eine Vier-Tage-Woche zu einer kräftigen Lohnsteigerung führen würde, die sich die allermeisten Firmen nicht leisten könnten – ganz besonders nicht in der aktuell schwierigen konjunkturellen Lage. Hinzu komme, dass es wegen des demografischen Wandels immer weniger Arbeitskräfte gebe – eine Vier-Tage-Woche würde diese sich verschärfende Knappheit an Arbeitszeit insgesamt noch verschärfen.

(mit dpa)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 18. Oktober 2024 | 12:04 Uhr

9 Kommentare

Shantuma vor 13 Wochen

@von Manger:

Mimimi ... Neid-Debatte ... lassen Sie schlicht nasowasberauch seine Meinung sagen. Punkt aus Feierabend.
Nur weil seine Meinung nicht Ihrer entspricht müssen Sie nicht gleich Neid unterstellen, was ein sehr erbärmliches Argument ist.

Shantuma vor 13 Wochen

@von Manger:
"Die Aussage lässt lediglich eine Deutung zu."
Also darf ich spekulieren, daher warum die Aufregung?

"... wir sind hier nicht in Südkorea, sondern leben in einer Kultur dauerhafter Schwätzer. Deswegen sind unsere Besprechungen häufig nicht Effizient."
Dann informieren Sie sich bitte über die Arbeitskultur in Südkorea.
Diese haben noch vor Jahren häufig Meetings gehabt, welche über Stunden gingen, dabei waren Themen wie Familie etc. wichtiger als Firmen-Themen.
Dies wollte man nun in Südkorea ändern.

"Ist deswegen ein Kranker jetzt kürzer krank? Oder gesundet schneller?"

Wenn ich die Arbeitstage um 20% senke, dann müssen auch die Krankheitstage um 20% sinken. Dies wäre ein neutraler Effekt.
Ein positiver Effekt wäre, wenn die Krankheitstage um >20% sinken.
Ein negativer Effekt tritt auf, wenn die Krankheitstage um <20% sinken.
Ist doch logisch!

Oder um es mit Ihren Worten zusagen, man war im Schnitt länger krank.

Shantuma vor 13 Wochen

@ElBuffo:
Wenn man den Artikel gelesen hätte und die Aussage verstanden hätte, dann würde man auf den gleichen Schluss kommen wie ich.

1. gibt es keine 365 Arbeitstage.
2. Sprach der Firmenchef von Krankheitstagen, welche sich reduziert haben.

Nun nehmen wir an es waren früher 10 Krankheitstage, d.h. bei einer 5-Tage Woche 2 Wochen.
Bei einer Reduktion von 10% sprechen wir dann von 9 Krankheitstagen, d.h. bei einer 4-Tage Woche sind dies 2 Wochen und 1 Tag.

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